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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.

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Didaktischen Trinkliede, das freilich nicht so
sehr vom Trinkliede abweichen möchte, als
die Dithyramben von ihren Originalen.
Es hat zwar * "immer eine Schwachheit an
"sich, der die mehresten unsrer Poeten unter-
"worfen sind (daher sind sie auch windichte,
"eitle, junge Menschen. Es vertauscht offen-
"bar den männlichen ernsthaf[t]en Lehrton ge-
"gen einen tändelnden;)" aber wer kann sich
helfen, es sagt doch die Dithyrambische Mei-
nung eines Freundes uber Griechische Dithy-
ramben.

Dithyramben soll ich singen,
hier bei Deutschem Wein?
Nein! hier soll kein Griechisch Lied erklingen,
Deutscher Vater Bacchus! Nein!
Haben diese Trinkpokäle
Dith[y]rambenmaas?
Und daß ich Gesang des Bacchus wähle,
reichst du wohl, mein kleines Glas?
Um mich tanzt wohl eine Schöne
Dithyrambentanz?
Und ersängen mir Epodentöne
diesen Kuß und diesen Kranz?
O so
* s. Litt. Br. Th. 21. p. 79.

Didaktiſchen Trinkliede, das freilich nicht ſo
ſehr vom Trinkliede abweichen moͤchte, als
die Dithyramben von ihren Originalen.
Es hat zwar * „immer eine Schwachheit an
„ſich, der die mehreſten unſrer Poeten unter-
„worfen ſind (daher ſind ſie auch windichte,
„eitle, junge Menſchen. Es vertauſcht offen-
„bar den maͤnnlichen ernſthaf[t]en Lehrton ge-
„gen einen taͤndelnden;)„ aber wer kann ſich
helfen, es ſagt doch die Dithyrambiſche Mei-
nung eines Freundes ůber Griechiſche Dithy-
ramben.

Dithyramben ſoll ich ſingen,
hier bei Deutſchem Wein?
Nein! hier ſoll kein Griechiſch Lied erklingen,
Deutſcher Vater Bacchus! Nein!
Haben dieſe Trinkpokaͤle
Dith[y]rambenmaas?
Und daß ich Geſang des Bacchus waͤhle,
reichſt du wohl, mein kleines Glas?
Um mich tanzt wohl eine Schoͤne
Dithyrambentanz?
Und erſaͤngen mir Epodentoͤne
dieſen Kuß und dieſen Kranz?
O ſo
* ſ. Litt. Br. Th. 21. p. 79.
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[336/0168] Didaktiſchen Trinkliede, das freilich nicht ſo ſehr vom Trinkliede abweichen moͤchte, als die Dithyramben von ihren Originalen. Es hat zwar * „immer eine Schwachheit an „ſich, der die mehreſten unſrer Poeten unter- „worfen ſind (daher ſind ſie auch windichte, „eitle, junge Menſchen. Es vertauſcht offen- „bar den maͤnnlichen ernſthaften Lehrton ge- „gen einen taͤndelnden;)„ aber wer kann ſich helfen, es ſagt doch die Dithyrambiſche Mei- nung eines Freundes ůber Griechiſche Dithy- ramben. Dithyramben ſoll ich ſingen, hier bei Deutſchem Wein? Nein! hier ſoll kein Griechiſch Lied erklingen, Deutſcher Vater Bacchus! Nein! Haben dieſe Trinkpokaͤle Dithyrambenmaas? Und daß ich Geſang des Bacchus waͤhle, reichſt du wohl, mein kleines Glas? Um mich tanzt wohl eine Schoͤne Dithyrambentanz? Und erſaͤngen mir Epodentoͤne dieſen Kuß und dieſen Kranz? O ſo * ſ. Litt. Br. Th. 21. p. 79.

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/168>, abgerufen am 03.05.2024.