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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767.

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nöthig hatten, oder uns wenigstens die Aus-
besserung als eine Note und Marginalglosse
geben: denn alle fremde Correktur ist mißlich
und bei einer Ode fast unmöglich. -- Wie fehr
muß ich aber befürchten, daß mein Vorschlag
nicht flugs von einem Sammler aufgefangen
werde, der uns vielleicht schon folgende Messe:
auserlesene Stücke aus den besten deut-
schen Odendichtern
* ungekaut und unver-
dauet auftrage.

Jch kann Horaz und Rammler nicht
verlassen, ohne den Wunsch zu wiederholen,
daß der letztere uns den erstern endlich in ei-
nem deutschen Kleide liefern möge: alsdenn
werden wir den Franzosen ihre Sanadons,
Dacier
und Batteux nicht beneiden dörfen.



Klopstock hat in feinen Oden weniger ho-
tazische Züge: seine Ode an Friedrich vor dem
Meßias, scheint im Anfange das: quem tu,
Melpomene, semel
nachzubilden; allein,
bald erhebt sie sich zur Welt der Gedanken

und
* Braunschweig bei - - -
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noͤthig hatten, oder uns wenigſtens die Aus-
beſſerung als eine Note und Marginalgloſſe
geben: denn alle fremde Correktur iſt mißlich
und bei einer Ode faſt unmoͤglich. — Wie fehr
muß ich aber befuͤrchten, daß mein Vorſchlag
nicht flugs von einem Sammler aufgefangen
werde, der uns vielleicht ſchon folgende Meſſe:
auserleſene Stuͤcke aus den beſten deut-
ſchen Odendichtern
* ungekaut und unver-
dauet auftrage.

Jch kann Horaz und Rammler nicht
verlaſſen, ohne den Wunſch zu wiederholen,
daß der letztere uns den erſtern endlich in ei-
nem deutſchen Kleide liefern moͤge: alsdenn
werden wir den Franzoſen ihre Sanadons,
Dacier
und Batteux nicht beneiden doͤrfen.



Klopſtock hat in feinen Oden weniger ho-
taziſche Zuͤge: ſeine Ode an Friedrich vor dem
Meßias, ſcheint im Anfange das: quem tu,
Melpomene, ſemel
nachzubilden; allein,
bald erhebt ſie ſich zur Welt der Gedanken

und
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[201/0209] noͤthig hatten, oder uns wenigſtens die Aus- beſſerung als eine Note und Marginalgloſſe geben: denn alle fremde Correktur iſt mißlich und bei einer Ode faſt unmoͤglich. — Wie fehr muß ich aber befuͤrchten, daß mein Vorſchlag nicht flugs von einem Sammler aufgefangen werde, der uns vielleicht ſchon folgende Meſſe: auserleſene Stuͤcke aus den beſten deut- ſchen Odendichtern * ungekaut und unver- dauet auftrage. Jch kann Horaz und Rammler nicht verlaſſen, ohne den Wunſch zu wiederholen, daß der letztere uns den erſtern endlich in ei- nem deutſchen Kleide liefern moͤge: alsdenn werden wir den Franzoſen ihre Sanadons, Dacier und Batteux nicht beneiden doͤrfen. Klopſtock hat in feinen Oden weniger ho- taziſche Zuͤge: ſeine Ode an Friedrich vor dem Meßias, ſcheint im Anfange das: quem tu, Melpomene, ſemel nachzubilden; allein, bald erhebt ſie ſich zur Welt der Gedanken und * Braunſchweig bei ‒ ‒ ‒ N 5

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/209>, abgerufen am 16.05.2024.