nöthig hatten, oder uns wenigstens die Aus- besserung als eine Note und Marginalglosse geben: denn alle fremde Correktur ist mißlich und bei einer Ode fast unmöglich. -- Wie fehr muß ich aber befürchten, daß mein Vorschlag nicht flugs von einem Sammler aufgefangen werde, der uns vielleicht schon folgende Messe: auserlesene Stücke aus den besten deut- schen Odendichtern* ungekaut und unver- dauet auftrage.
Jch kann Horaz und Rammler nicht verlassen, ohne den Wunsch zu wiederholen, daß der letztere uns den erstern endlich in ei- nem deutschen Kleide liefern möge: alsdenn werden wir den Franzosen ihre Sanadons, Dacier und Batteux nicht beneiden dörfen.
Klopstock hat in feinen Oden weniger ho- tazische Züge: seine Ode an Friedrich vor dem Meßias, scheint im Anfange das: quem tu, Melpomene, semel nachzubilden; allein, bald erhebt sie sich zur Welt der Gedanken
und
*Braunschweig bei - - -
N 5
noͤthig hatten, oder uns wenigſtens die Aus- beſſerung als eine Note und Marginalgloſſe geben: denn alle fremde Correktur iſt mißlich und bei einer Ode faſt unmoͤglich. — Wie fehr muß ich aber befuͤrchten, daß mein Vorſchlag nicht flugs von einem Sammler aufgefangen werde, der uns vielleicht ſchon folgende Meſſe: auserleſene Stuͤcke aus den beſten deut- ſchen Odendichtern* ungekaut und unver- dauet auftrage.
Jch kann Horaz und Rammler nicht verlaſſen, ohne den Wunſch zu wiederholen, daß der letztere uns den erſtern endlich in ei- nem deutſchen Kleide liefern moͤge: alsdenn werden wir den Franzoſen ihre Sanadons, Dacier und Batteux nicht beneiden doͤrfen.
Klopſtock hat in feinen Oden weniger ho- taziſche Zuͤge: ſeine Ode an Friedrich vor dem Meßias, ſcheint im Anfange das: quem tu, Melpomene, ſemel nachzubilden; allein, bald erhebt ſie ſich zur Welt der Gedanken
und
*Braunſchweig bei ‒ ‒ ‒
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[201/0209]
noͤthig hatten, oder uns wenigſtens die Aus-
beſſerung als eine Note und Marginalgloſſe
geben: denn alle fremde Correktur iſt mißlich
und bei einer Ode faſt unmoͤglich. — Wie fehr
muß ich aber befuͤrchten, daß mein Vorſchlag
nicht flugs von einem Sammler aufgefangen
werde, der uns vielleicht ſchon folgende Meſſe:
auserleſene Stuͤcke aus den beſten deut-
ſchen Odendichtern * ungekaut und unver-
dauet auftrage.
Jch kann Horaz und Rammler nicht
verlaſſen, ohne den Wunſch zu wiederholen,
daß der letztere uns den erſtern endlich in ei-
nem deutſchen Kleide liefern moͤge: alsdenn
werden wir den Franzoſen ihre Sanadons,
Dacier und Batteux nicht beneiden doͤrfen.
Klopſtock hat in feinen Oden weniger ho-
taziſche Zuͤge: ſeine Ode an Friedrich vor dem
Meßias, ſcheint im Anfange das: quem tu,
Melpomene, ſemel nachzubilden; allein,
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und
* Braunſchweig bei ‒ ‒ ‒
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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/209>, abgerufen am 16.05.2024.
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