Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878.Erscheinung seinen eigenen Augen nicht, und es besteht auch die Möglich- Immer ist festzuhalten, daß jede Gesichtsempfindung, sie §. 44. Von der Umstimmung der durch farbiges Licht ge- reizten Theile des Sehorgans. Wenn das Sehorgan längere Zeit vor äußeren Reizen ge- Die hie bei stattfindende Dissimilirung ist, ganz theoretisch genommen, Die Größe dieser spontanen Dissimilirung und Assimilirung wäre Erscheinung seinen eigenen Augen nicht, und es besteht auch die Möglich- Immer ist festzuhalten, daß jede Gesichtsempfindung, sie §. 44. Von der Umstimmung der durch farbiges Licht ge- reizten Theile des Sehorgans. Wenn das Sehorgan längere Zeit vor äußeren Reizen ge- Die hie bei stattfindende Dissimilirung ist, ganz theoretisch genommen, Die Größe dieser spontanen Dissimilirung und Assimilirung wäre <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0134" n="126"/> Erscheinung seinen eigenen Augen nicht, und es besteht auch die Möglich-<lb/> keit, daß hiebei beide Farben in einem und demselben Bezirke des Sehfel-<lb/> des zwar sichtbar sind, aber doch nicht eigentlich in einander, sondern<lb/> neben einander, so daß beide in kleinen Raumintervallen miteinander ab-<lb/> wechseln.</p><lb/> <p>Immer ist festzuhalten, daß jede Gesichtsempfindung, sie<lb/> sehe aus wie sie wolle, ein Gemisch der sechs Grundempfin-<lb/> dungen ist. Diejenige Grundempfindung, welche das relativ stärkste<lb/> Gewicht hat, gibt der Gesammtempfindung hauptsächlich Cha-<lb/> rakter und Namen. Ist eine Grundempfindung so stark im Über-<lb/> gewichte über alle anderen, daß letztere gar nicht bemerkbar<lb/> hervortreten, so nähert sie sich dem Ideal der Reinheit, welches<lb/> aber in Wirklichkeit nie gegeben sein kann.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head>§. 44.<lb/><hi rendition="#g">Von der Umstimmung der durch farbiges Licht ge-<lb/> reizten Theile des Sehorgans</hi>.</head><lb/> <p>Wenn das Sehorgan längere Zeit vor äußeren Reizen ge-<lb/> schützt bleibt, so nimmt es mehr oder minder vollständig jene<lb/> neutrale Stimmung an, bei welcher in allen drei Substanzen die<lb/> Assimilirung und Dissimilirung gleich groß, und wie wir ergän-<lb/> zend annehmen wollen, auch jede <hi rendition="#i">D</hi>-Erregbarkeit ebenso groß<lb/> ist wie die entsprechende <hi rendition="#i">A</hi>-Erregbarkeit.</p><lb/> <p>Die hie bei stattfindende Dissimilirung ist, ganz theoretisch genommen,<lb/> das Product zweier Factoren, nämlich der eben vorhandenen <hi rendition="#i">D</hi>-Erregbar-<lb/> keit und der innern <hi rendition="#i">D</hi>-Reize. Ebenso ist die Assimilirung das Product aus<lb/> der <hi rendition="#i">A</hi>-Erregbarkeit und den <hi rendition="#i">A</hi>-Reizen. Aus der Gleichheit von Dissimi-<lb/> lirung und Assimilirung folgt also nicht nothwendig die Gleichheit der <hi rendition="#i">D</hi>-<lb/> und <hi rendition="#i">A</hi>-Erregbarkeit. Indessen will ich, da es gegenüber den äußeren Reizen<lb/> vielmehr auf die Erregbarkeiten als auf die schon vorhandenen inneren<lb/> Reize ankommt, für die neutrale Stimmung auch gleichgroße <hi rendition="#i">D</hi>- und <hi rendition="#i">A</hi>-<lb/> Erregbarkeit jeder Substanz annehmen. Ich darf dies um so eher, als wir<lb/> über die sogenannten inneren Reize eigentlich gar nichts wissen und es<lb/> vielleicht unrichtig ist, sie mit den äußeren zu parallelisiren. Man kann<lb/> wenigstens vorläufig die Sache auch so auffassen, als sei es in der Natur<lb/> der erregbaren Substanz begründet, auch dann, wenn sie keinem äußeren<lb/> oder inneren Reize unterworfen ist, immer in schwachem Grade zu dissi-<lb/> miliren und zu assimiliren.</p><lb/> <p>Die Größe dieser <hi rendition="#g">spontanen</hi> Dissimilirung und Assimilirung wäre<lb/> dann zugleich ein Maaß für die Disposition der erregbaren Substanz zu der<lb/> unter dem Einflusse äußerer Reize stattfindenden Dissimilirung oder Assimi-<lb/> lirung, d. h. ein Maaß der <hi rendition="#i">D</hi>- und <hi rendition="#i">A</hi>-Erregbarkeit.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [126/0134]
Erscheinung seinen eigenen Augen nicht, und es besteht auch die Möglich-
keit, daß hiebei beide Farben in einem und demselben Bezirke des Sehfel-
des zwar sichtbar sind, aber doch nicht eigentlich in einander, sondern
neben einander, so daß beide in kleinen Raumintervallen miteinander ab-
wechseln.
Immer ist festzuhalten, daß jede Gesichtsempfindung, sie
sehe aus wie sie wolle, ein Gemisch der sechs Grundempfin-
dungen ist. Diejenige Grundempfindung, welche das relativ stärkste
Gewicht hat, gibt der Gesammtempfindung hauptsächlich Cha-
rakter und Namen. Ist eine Grundempfindung so stark im Über-
gewichte über alle anderen, daß letztere gar nicht bemerkbar
hervortreten, so nähert sie sich dem Ideal der Reinheit, welches
aber in Wirklichkeit nie gegeben sein kann.
§. 44.
Von der Umstimmung der durch farbiges Licht ge-
reizten Theile des Sehorgans.
Wenn das Sehorgan längere Zeit vor äußeren Reizen ge-
schützt bleibt, so nimmt es mehr oder minder vollständig jene
neutrale Stimmung an, bei welcher in allen drei Substanzen die
Assimilirung und Dissimilirung gleich groß, und wie wir ergän-
zend annehmen wollen, auch jede D-Erregbarkeit ebenso groß
ist wie die entsprechende A-Erregbarkeit.
Die hie bei stattfindende Dissimilirung ist, ganz theoretisch genommen,
das Product zweier Factoren, nämlich der eben vorhandenen D-Erregbar-
keit und der innern D-Reize. Ebenso ist die Assimilirung das Product aus
der A-Erregbarkeit und den A-Reizen. Aus der Gleichheit von Dissimi-
lirung und Assimilirung folgt also nicht nothwendig die Gleichheit der D-
und A-Erregbarkeit. Indessen will ich, da es gegenüber den äußeren Reizen
vielmehr auf die Erregbarkeiten als auf die schon vorhandenen inneren
Reize ankommt, für die neutrale Stimmung auch gleichgroße D- und A-
Erregbarkeit jeder Substanz annehmen. Ich darf dies um so eher, als wir
über die sogenannten inneren Reize eigentlich gar nichts wissen und es
vielleicht unrichtig ist, sie mit den äußeren zu parallelisiren. Man kann
wenigstens vorläufig die Sache auch so auffassen, als sei es in der Natur
der erregbaren Substanz begründet, auch dann, wenn sie keinem äußeren
oder inneren Reize unterworfen ist, immer in schwachem Grade zu dissi-
miliren und zu assimiliren.
Die Größe dieser spontanen Dissimilirung und Assimilirung wäre
dann zugleich ein Maaß für die Disposition der erregbaren Substanz zu der
unter dem Einflusse äußerer Reize stattfindenden Dissimilirung oder Assimi-
lirung, d. h. ein Maaß der D- und A-Erregbarkeit.
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Zitationshilfe: | Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/134>, abgerufen am 08.02.2025. |