Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Mein Vater legt' auch nicht an, einen
Alexander den Großen aus mir zu ziehen,
ich solte nur Alexander werden.

Unter dem Orden Groß, sagt' er liegt
was seelenverderbendes, es trage diesen Or-
den ein Monarch unterm oder überm Kleide,
oder ein Privatmann am Knopfloche. Hüte
dich vor dem, den Gott gezeichnet hat.

Regenten die sich so peinlich wie Alexan-
der der Große bemühen Groß zu heißen,
leben nicht der lieben Unsterblichkeit wegen.
Sie tragen Fesseln, die ihnen die Dichter
und Redner anlegen. Wenn es gleich das
Ansehen hat als ob die Dichtkunst und Ge-
schichtskunde auch den Huldigungseid abge-
leistet hätte; wissen sie doch daß einer von
diesen Zünften sie bey einer Lampe in einer
Stunde um eines ganzen Lebens Ruhm brin-
gen könne. Sie zittren vor einem Jeden,
der Reime commandiren oder es war ein mal
ein Mann etc.
schreiben kann.

Wie Alexander des Homers Schriften
verehret, weiß jeder welcher weiß daß Ho-
mer
und Alexander in der Welt gewesen.
Homers Schriften waren sein Gesangbuch,
das er auf Reisen mitnahm, und da er ein
güldenes Kästchen erbeutet, antwortet' er

denen

Mein Vater legt’ auch nicht an, einen
Alexander den Großen aus mir zu ziehen,
ich ſolte nur Alexander werden.

Unter dem Orden Groß, ſagt’ er liegt
was ſeelenverderbendes, es trage dieſen Or-
den ein Monarch unterm oder uͤberm Kleide,
oder ein Privatmann am Knopfloche. Huͤte
dich vor dem, den Gott gezeichnet hat.

Regenten die ſich ſo peinlich wie Alexan-
der der Große bemuͤhen Groß zu heißen,
leben nicht der lieben Unſterblichkeit wegen.
Sie tragen Feſſeln, die ihnen die Dichter
und Redner anlegen. Wenn es gleich das
Anſehen hat als ob die Dichtkunſt und Ge-
ſchichtskunde auch den Huldigungseid abge-
leiſtet haͤtte; wiſſen ſie doch daß einer von
dieſen Zuͤnften ſie bey einer Lampe in einer
Stunde um eines ganzen Lebens Ruhm brin-
gen koͤnne. Sie zittren vor einem Jeden,
der Reime commandiren oder es war ein mal
ein Mann ꝛc.
ſchreiben kann.

Wie Alexander des Homers Schriften
verehret, weiß jeder welcher weiß daß Ho-
mer
und Alexander in der Welt geweſen.
Homers Schriften waren ſein Geſangbuch,
das er auf Reiſen mitnahm, und da er ein
guͤldenes Kaͤſtchen erbeutet, antwortet’ er

denen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0108" n="100"/>
        <p>Mein Vater legt&#x2019; auch nicht an, einen<lb/>
Alexander <hi rendition="#fr">den Großen</hi> aus mir zu ziehen,<lb/>
ich &#x017F;olte nur Alexander werden.</p><lb/>
        <p>Unter dem Orden <hi rendition="#fr">Groß,</hi> &#x017F;agt&#x2019; er liegt<lb/>
was &#x017F;eelenverderbendes, es trage die&#x017F;en Or-<lb/>
den ein Monarch unterm oder u&#x0364;berm Kleide,<lb/>
oder ein Privatmann am Knopfloche. Hu&#x0364;te<lb/>
dich vor dem, den Gott gezeichnet hat.</p><lb/>
        <p>Regenten die &#x017F;ich &#x017F;o peinlich wie Alexan-<lb/>
der der Große bemu&#x0364;hen <hi rendition="#fr">Groß</hi> zu heißen,<lb/>
leben nicht der lieben Un&#x017F;terblichkeit wegen.<lb/>
Sie tragen Fe&#x017F;&#x017F;eln, die ihnen die Dichter<lb/>
und Redner anlegen. Wenn es gleich das<lb/>
An&#x017F;ehen hat als ob die Dichtkun&#x017F;t und Ge-<lb/>
&#x017F;chichtskunde auch den Huldigungseid abge-<lb/>
lei&#x017F;tet ha&#x0364;tte; wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie doch daß einer von<lb/>
die&#x017F;en Zu&#x0364;nften &#x017F;ie bey einer Lampe in einer<lb/>
Stunde um eines ganzen Lebens Ruhm brin-<lb/>
gen ko&#x0364;nne. Sie zittren vor einem Jeden,<lb/>
der Reime commandiren oder <hi rendition="#fr">es war ein mal<lb/>
ein Mann &#xA75B;c.</hi> &#x017F;chreiben kann.</p><lb/>
        <p>Wie Alexander des <hi rendition="#fr">Homers</hi> Schriften<lb/>
verehret, weiß jeder welcher weiß daß <hi rendition="#fr">Ho-<lb/>
mer</hi> und <hi rendition="#fr">Alexander</hi> in der Welt gewe&#x017F;en.<lb/><hi rendition="#fr">Homers</hi> Schriften waren &#x017F;ein Ge&#x017F;angbuch,<lb/>
das er auf Rei&#x017F;en mitnahm, und da er ein<lb/>
gu&#x0364;ldenes Ka&#x0364;&#x017F;tchen erbeutet, antwortet&#x2019; er<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">denen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0108] Mein Vater legt’ auch nicht an, einen Alexander den Großen aus mir zu ziehen, ich ſolte nur Alexander werden. Unter dem Orden Groß, ſagt’ er liegt was ſeelenverderbendes, es trage dieſen Or- den ein Monarch unterm oder uͤberm Kleide, oder ein Privatmann am Knopfloche. Huͤte dich vor dem, den Gott gezeichnet hat. Regenten die ſich ſo peinlich wie Alexan- der der Große bemuͤhen Groß zu heißen, leben nicht der lieben Unſterblichkeit wegen. Sie tragen Feſſeln, die ihnen die Dichter und Redner anlegen. Wenn es gleich das Anſehen hat als ob die Dichtkunſt und Ge- ſchichtskunde auch den Huldigungseid abge- leiſtet haͤtte; wiſſen ſie doch daß einer von dieſen Zuͤnften ſie bey einer Lampe in einer Stunde um eines ganzen Lebens Ruhm brin- gen koͤnne. Sie zittren vor einem Jeden, der Reime commandiren oder es war ein mal ein Mann ꝛc. ſchreiben kann. Wie Alexander des Homers Schriften verehret, weiß jeder welcher weiß daß Ho- mer und Alexander in der Welt geweſen. Homers Schriften waren ſein Geſangbuch, das er auf Reiſen mitnahm, und da er ein guͤldenes Kaͤſtchen erbeutet, antwortet’ er denen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/108
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/108>, abgerufen am 11.05.2024.