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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Nachrede hindert mögen sich meine Leser
wohlbedächtig merken
O` dunamenos thelein, dunatai kai me thelein.
welche Stelle sie nach Herzenslust dolmet-
schen können.

Es ist die höchste Zeit, daß ich wieder
auf mich selbst und auf den Daumen Zeiger
und Mittelfinger dieses Werks zurück kehre.
Giebt es nicht wie es am Tage ist so gar
der heiligen Schrift Spötter? wie solt ich
also wol nach Art jenes Pharisäers mit den
Worten an den Altar treten
Oud' an o Momos (ephe) toge toiouton mempsaito.
Uebrigens gestehe ich herzlich gerne denen Er-
zählern ein vorzüglicheres Verdienst sowohl
in Absicht des Ellenmaaßes als der Würde
zu, welche bei jedem merkwürdigen Vorfall
außerhalb ihren Grenzen einen Wegweiser
aufrichten und ihre Leser zur Nuzanwendung
auf Lehre und Trost bringen. Ich werde
mich so nehmen, wie ich mich finde. Wer
auf eine Schüssel mehr oder Sallat, Sardel-
len, Caviar, Austern und andere Zusätze
Leckerbissen und Noten lüstern ist; laße sich
anrichten, was ihm gefällig ist und thue was
er nicht lassen kann. So lange meine Leser

gehen
A 3

Nachrede hindert moͤgen ſich meine Leſer
wohlbedaͤchtig merken
Ο῾ δυνάμενος ϑέλειν, δύναται ϰαι μὴ ϑέλειν.
welche Stelle ſie nach Herzensluſt dolmet-
ſchen koͤnnen.

Es iſt die hoͤchſte Zeit, daß ich wieder
auf mich ſelbſt und auf den Daumen Zeiger
und Mittelfinger dieſes Werks zuruͤck kehre.
Giebt es nicht wie es am Tage iſt ſo gar
der heiligen Schrift Spoͤtter? wie ſolt ich
alſo wol nach Art jenes Phariſaͤers mit den
Worten an den Altar treten
Οὐδ᾽ ἄν ὁ Μῶμος (ἐφη) τόγε τοιοῦτον μέμψαιτο.
Uebrigens geſtehe ich herzlich gerne denen Er-
zaͤhlern ein vorzuͤglicheres Verdienſt ſowohl
in Abſicht des Ellenmaaßes als der Wuͤrde
zu, welche bei jedem merkwuͤrdigen Vorfall
außerhalb ihren Grenzen einen Wegweiſer
aufrichten und ihre Leſer zur Nuzanwendung
auf Lehre und Troſt bringen. Ich werde
mich ſo nehmen, wie ich mich finde. Wer
auf eine Schuͤſſel mehr oder Sallat, Sardel-
len, Caviar, Auſtern und andere Zuſaͤtze
Leckerbiſſen und Noten luͤſtern iſt; laße ſich
anrichten, was ihm gefaͤllig iſt und thue was
er nicht laſſen kann. So lange meine Leſer

gehen
A 3
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[5/0013] Nachrede hindert moͤgen ſich meine Leſer wohlbedaͤchtig merken Ο῾ δυνάμενος ϑέλειν, δύναται ϰαι μὴ ϑέλειν. welche Stelle ſie nach Herzensluſt dolmet- ſchen koͤnnen. Es iſt die hoͤchſte Zeit, daß ich wieder auf mich ſelbſt und auf den Daumen Zeiger und Mittelfinger dieſes Werks zuruͤck kehre. Giebt es nicht wie es am Tage iſt ſo gar der heiligen Schrift Spoͤtter? wie ſolt ich alſo wol nach Art jenes Phariſaͤers mit den Worten an den Altar treten Οὐδ᾽ ἄν ὁ Μῶμος (ἐφη) τόγε τοιοῦτον μέμψαιτο. Uebrigens geſtehe ich herzlich gerne denen Er- zaͤhlern ein vorzuͤglicheres Verdienſt ſowohl in Abſicht des Ellenmaaßes als der Wuͤrde zu, welche bei jedem merkwuͤrdigen Vorfall außerhalb ihren Grenzen einen Wegweiſer aufrichten und ihre Leſer zur Nuzanwendung auf Lehre und Troſt bringen. Ich werde mich ſo nehmen, wie ich mich finde. Wer auf eine Schuͤſſel mehr oder Sallat, Sardel- len, Caviar, Auſtern und andere Zuſaͤtze Leckerbiſſen und Noten luͤſtern iſt; laße ſich anrichten, was ihm gefaͤllig iſt und thue was er nicht laſſen kann. So lange meine Leſer gehen A 3

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/13>, abgerufen am 28.04.2024.