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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Theilnehmung) ihm das Amen zu rechter
Zeit ein. Das Dorf welches das ab initio
vor bravo! gehalten, hatte dem Herrn Can-
didaten der aus Angst gewaltig geschwitzt,
das Zeugnis beygelegt: lange keine so gute
Predigt gehört zu haben.

Ein andrer Candidat hätte aus Angst
die Canzel verfehlt und anstatt beym lezten
Wir gläuben all' auf die Canzel zu steigen,
wär' er gerade zu aus der Kirche gegangen.
Mein lieber Herr Grosvater hätte also ex
tempore
seine Gemeine bewirthen müßen.
Ein dritter hätte die vierte Bitte zweymal
gebetet, woraus man geschlossen daß er zwey
Magens hätte. Noch ein dritter hätte, und
dies schien ihr die traurigste Begebenheit zu
seyn das Vater unser nach der Predigt zu
beten vergessen. Der arme Mann! Er hat
keine Canzel weiter bestiegen. Dein lieber
seeliger Grosvater rieth ihm zu einer andern
ehrlichen Handthierung, indem derjenige,
der vergäße das Vater unser auf der Can-
zel zu beten, mit Zuverläßigkeit es als ein
Omen ansehen müßte, daß er nie mit Ruhm
in den Priesterorden aufgenommen werden
könnte.


Endlich

Theilnehmung) ihm das Amen zu rechter
Zeit ein. Das Dorf welches das ab initio
vor bravo! gehalten, hatte dem Herrn Can-
didaten der aus Angſt gewaltig geſchwitzt,
das Zeugnis beygelegt: lange keine ſo gute
Predigt gehoͤrt zu haben.

Ein andrer Candidat haͤtte aus Angſt
die Canzel verfehlt und anſtatt beym lezten
Wir glaͤuben all’ auf die Canzel zu ſteigen,
waͤr’ er gerade zu aus der Kirche gegangen.
Mein lieber Herr Grosvater haͤtte alſo ex
tempore
ſeine Gemeine bewirthen muͤßen.
Ein dritter haͤtte die vierte Bitte zweymal
gebetet, woraus man geſchloſſen daß er zwey
Magens haͤtte. Noch ein dritter haͤtte, und
dies ſchien ihr die traurigſte Begebenheit zu
ſeyn das Vater unſer nach der Predigt zu
beten vergeſſen. Der arme Mann! Er hat
keine Canzel weiter beſtiegen. Dein lieber
ſeeliger Grosvater rieth ihm zu einer andern
ehrlichen Handthierung, indem derjenige,
der vergaͤße das Vater unſer auf der Can-
zel zu beten, mit Zuverlaͤßigkeit es als ein
Omen anſehen muͤßte, daß er nie mit Ruhm
in den Prieſterorden aufgenommen werden
koͤnnte.


Endlich
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[174/0182] Theilnehmung) ihm das Amen zu rechter Zeit ein. Das Dorf welches das ab initio vor bravo! gehalten, hatte dem Herrn Can- didaten der aus Angſt gewaltig geſchwitzt, das Zeugnis beygelegt: lange keine ſo gute Predigt gehoͤrt zu haben. Ein andrer Candidat haͤtte aus Angſt die Canzel verfehlt und anſtatt beym lezten Wir glaͤuben all’ auf die Canzel zu ſteigen, waͤr’ er gerade zu aus der Kirche gegangen. Mein lieber Herr Grosvater haͤtte alſo ex tempore ſeine Gemeine bewirthen muͤßen. Ein dritter haͤtte die vierte Bitte zweymal gebetet, woraus man geſchloſſen daß er zwey Magens haͤtte. Noch ein dritter haͤtte, und dies ſchien ihr die traurigſte Begebenheit zu ſeyn das Vater unſer nach der Predigt zu beten vergeſſen. Der arme Mann! Er hat keine Canzel weiter beſtiegen. Dein lieber ſeeliger Grosvater rieth ihm zu einer andern ehrlichen Handthierung, indem derjenige, der vergaͤße das Vater unſer auf der Can- zel zu beten, mit Zuverlaͤßigkeit es als ein Omen anſehen muͤßte, daß er nie mit Ruhm in den Prieſterorden aufgenommen werden koͤnnte. Endlich

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/182>, abgerufen am 13.05.2024.