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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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am Rathstisch anzuzeichnen. Freund! was
meinen Sie wenn wir je solche Blutzahlen
sehen solten? Lassen Sie alles ruhig im Va-
terlande seyn; ein Prophet gilt doch nicht,
wo er geboren ist. Wie giengs dem Aristi-
des
dem Epaminondas? In der Fremde
seyn heißt in die Hand Gottes fallen: in
seinem Vaterlande ist man wenns hoch
kommt in der Hand der Menschen, gemein-
hin in der Hand seiner Feinde. Und wie soll
man sich gegen sein undankbares Vaterland
führen? Wie gegen einen Vater, der meine
Mutter ohne Ursach verstößt, wie gegen eine
Mutter, die zum zweitenmale heirathet.
Diese bleibt Mutter jener Vater "Bei
diesen Sprüchen wars dem Freunde so als
wär' er selbst nicht mehr in Curland, als
hätte er der Sonne geschworen. Es schien
ihm mein Vater hätte das Feld behalten;
der kleine König Curo aber und die Curaten
oder Curiaten wären in die Flucht geschla-
gen. Mein Vater befestigte was er erobert
hatte mit ein Paar griechischen Sprüchen
die seinen Feind um so mehr abhielten weil
er kein Wort griechisch verstand.
Andri sopho, fieng mein Vater an pasa ge bate,
psukhes gar agathes patris o xumpas kosmos.

Und

am Rathstiſch anzuzeichnen. Freund! was
meinen Sie wenn wir je ſolche Blutzahlen
ſehen ſolten? Laſſen Sie alles ruhig im Va-
terlande ſeyn; ein Prophet gilt doch nicht,
wo er geboren iſt. Wie giengs dem Ariſti-
des
dem Epaminondas? In der Fremde
ſeyn heißt in die Hand Gottes fallen: in
ſeinem Vaterlande iſt man wenns hoch
kommt in der Hand der Menſchen, gemein-
hin in der Hand ſeiner Feinde. Und wie ſoll
man ſich gegen ſein undankbares Vaterland
fuͤhren? Wie gegen einen Vater, der meine
Mutter ohne Urſach verſtoͤßt, wie gegen eine
Mutter, die zum zweitenmale heirathet.
Dieſe bleibt Mutter jener Vater „Bei
dieſen Spruͤchen wars dem Freunde ſo als
waͤr’ er ſelbſt nicht mehr in Curland, als
haͤtte er der Sonne geſchworen. Es ſchien
ihm mein Vater haͤtte das Feld behalten;
der kleine Koͤnig Curo aber und die Curaten
oder Curiaten waͤren in die Flucht geſchla-
gen. Mein Vater befeſtigte was er erobert
hatte mit ein Paar griechiſchen Spruͤchen
die ſeinen Feind um ſo mehr abhielten weil
er kein Wort griechiſch verſtand.
Ανδρὶ σοφῷ, fieng mein Vater an πάσα γῆ βατὴ,
ψυχῆς γαρ ἀγαϑῆς πατρις ὁ ξύμπας κόσμος.

Und
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[16/0024] am Rathstiſch anzuzeichnen. Freund! was meinen Sie wenn wir je ſolche Blutzahlen ſehen ſolten? Laſſen Sie alles ruhig im Va- terlande ſeyn; ein Prophet gilt doch nicht, wo er geboren iſt. Wie giengs dem Ariſti- des dem Epaminondas? In der Fremde ſeyn heißt in die Hand Gottes fallen: in ſeinem Vaterlande iſt man wenns hoch kommt in der Hand der Menſchen, gemein- hin in der Hand ſeiner Feinde. Und wie ſoll man ſich gegen ſein undankbares Vaterland fuͤhren? Wie gegen einen Vater, der meine Mutter ohne Urſach verſtoͤßt, wie gegen eine Mutter, die zum zweitenmale heirathet. Dieſe bleibt Mutter jener Vater „Bei dieſen Spruͤchen wars dem Freunde ſo als waͤr’ er ſelbſt nicht mehr in Curland, als haͤtte er der Sonne geſchworen. Es ſchien ihm mein Vater haͤtte das Feld behalten; der kleine Koͤnig Curo aber und die Curaten oder Curiaten waͤren in die Flucht geſchla- gen. Mein Vater befeſtigte was er erobert hatte mit ein Paar griechiſchen Spruͤchen die ſeinen Feind um ſo mehr abhielten weil er kein Wort griechiſch verſtand. Ανδρὶ σοφῷ, fieng mein Vater an πάσα γῆ βατὴ, ψυχῆς γαρ ἀγαϑῆς πατρις ὁ ξύμπας κόσμος. Und

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/24>, abgerufen am 28.04.2024.