Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

schwindlicht, da er ihr ins Auge fiel. --
Das Messer warf sie unter Dank und Gebet
fort. Gott, sagte sie, lass' es nie einen
finden, der es brauchen will, als ich wolte.
Sie glaubte hiedurch diesen schrecklichen Vor-
satz aus ihren Gedanken geworfen zu haben;
allein hierin fand sie sich getäuscht. -- Durch
stille seyn und hoffen, heißt es, werdet
ihr stark seyn! Wer kann aber, o Gott,
wer kann immer stille seyn und hoffen? --

Während der Zeit war Herrmann reise-
fertig. --

Herrmann. Leb wohl, Mine.
Mine. Leben Sie wohl, mein Vater -- Le-
ben Sie wohl, mein Vater, leben Sie
wohl. --
Herrmann. Was fehlt dir? du weinst ja!
Mine. Ach Gott!
Herrmann. Mine überdenk alles! überleg!
du bist klug! Du jammerst mich! Mine
überleg -- Leb wohl!
Mine. Leben Sie wohl.

Mörder, wo willst du hin? fürchtest du
dich denn nicht, daß die Erde ihren Mund
öfne, und dich verschlinge, und die Wolken
sich trennen, und Feuer und Schwefel auf
dich regnen lassen! -- Du kennst Minen,

wie

ſchwindlicht, da er ihr ins Auge fiel. —
Das Meſſer warf ſie unter Dank und Gebet
fort. Gott, ſagte ſie, laſſ’ es nie einen
finden, der es brauchen will, als ich wolte.
Sie glaubte hiedurch dieſen ſchrecklichen Vor-
ſatz aus ihren Gedanken geworfen zu haben;
allein hierin fand ſie ſich getaͤuſcht. — Durch
ſtille ſeyn und hoffen, heißt es, werdet
ihr ſtark ſeyn! Wer kann aber, o Gott,
wer kann immer ſtille ſeyn und hoffen? —

Waͤhrend der Zeit war Herrmann reiſe-
fertig. —

Herrmann. Leb wohl, Mine.
Mine. Leben Sie wohl, mein Vater — Le-
ben Sie wohl, mein Vater, leben Sie
wohl. —
Herrmann. Was fehlt dir? du weinſt ja!
Mine. Ach Gott!
Herrmann. Mine uͤberdenk alles! uͤberleg!
du biſt klug! Du jammerſt mich! Mine
uͤberleg — Leb wohl!
Mine. Leben Sie wohl.

Moͤrder, wo willſt du hin? fuͤrchteſt du
dich denn nicht, daß die Erde ihren Mund
oͤfne, und dich verſchlinge, und die Wolken
ſich trennen, und Feuer und Schwefel auf
dich regnen laſſen! — Du kennſt Minen,

wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0388" n="380"/>
&#x017F;chwindlicht, da er ihr ins Auge fiel. &#x2014;<lb/>
Das Me&#x017F;&#x017F;er warf &#x017F;ie unter Dank und Gebet<lb/>
fort. Gott, &#x017F;agte &#x017F;ie, la&#x017F;&#x017F;&#x2019; es nie einen<lb/>
finden, der es brauchen will, als ich wolte.<lb/>
Sie glaubte hiedurch die&#x017F;en &#x017F;chrecklichen Vor-<lb/>
&#x017F;atz aus ihren Gedanken geworfen zu haben;<lb/>
allein hierin fand &#x017F;ie &#x017F;ich geta&#x0364;u&#x017F;cht. &#x2014; <hi rendition="#fr">Durch<lb/>
&#x017F;tille &#x017F;eyn und hoffen,</hi> heißt es, <hi rendition="#fr">werdet<lb/>
ihr &#x017F;tark &#x017F;eyn!</hi> Wer kann aber, o Gott,<lb/>
wer kann immer &#x017F;tille &#x017F;eyn und hoffen? &#x2014;</p><lb/>
          <p>Wa&#x0364;hrend der Zeit war Herrmann rei&#x017F;e-<lb/>
fertig. &#x2014;</p><lb/>
          <list>
            <item><hi rendition="#fr">Herrmann.</hi> Leb wohl, Mine.</item><lb/>
            <item><hi rendition="#fr">Mine.</hi> Leben Sie wohl, mein Vater &#x2014; Le-<lb/>
ben Sie wohl, mein Vater, leben Sie<lb/>
wohl. &#x2014;</item><lb/>
            <item><hi rendition="#fr">Herrmann.</hi> Was fehlt dir? du wein&#x017F;t ja!</item><lb/>
            <item><hi rendition="#fr">Mine.</hi> Ach Gott!</item><lb/>
            <item><hi rendition="#fr">Herrmann.</hi> Mine u&#x0364;berdenk alles! u&#x0364;berleg!<lb/>
du bi&#x017F;t klug! Du jammer&#x017F;t mich! Mine<lb/>
u&#x0364;berleg &#x2014; Leb wohl!</item><lb/>
            <item><hi rendition="#fr">Mine.</hi> Leben Sie wohl.</item>
          </list><lb/>
          <p>Mo&#x0364;rder, wo will&#x017F;t du hin? fu&#x0364;rchte&#x017F;t du<lb/>
dich denn nicht, daß die Erde ihren Mund<lb/>
o&#x0364;fne, und dich ver&#x017F;chlinge, und die Wolken<lb/>
&#x017F;ich trennen, und Feuer und Schwefel auf<lb/>
dich regnen la&#x017F;&#x017F;en! &#x2014; Du kenn&#x017F;t Minen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[380/0388] ſchwindlicht, da er ihr ins Auge fiel. — Das Meſſer warf ſie unter Dank und Gebet fort. Gott, ſagte ſie, laſſ’ es nie einen finden, der es brauchen will, als ich wolte. Sie glaubte hiedurch dieſen ſchrecklichen Vor- ſatz aus ihren Gedanken geworfen zu haben; allein hierin fand ſie ſich getaͤuſcht. — Durch ſtille ſeyn und hoffen, heißt es, werdet ihr ſtark ſeyn! Wer kann aber, o Gott, wer kann immer ſtille ſeyn und hoffen? — Waͤhrend der Zeit war Herrmann reiſe- fertig. — Herrmann. Leb wohl, Mine. Mine. Leben Sie wohl, mein Vater — Le- ben Sie wohl, mein Vater, leben Sie wohl. — Herrmann. Was fehlt dir? du weinſt ja! Mine. Ach Gott! Herrmann. Mine uͤberdenk alles! uͤberleg! du biſt klug! Du jammerſt mich! Mine uͤberleg — Leb wohl! Mine. Leben Sie wohl. Moͤrder, wo willſt du hin? fuͤrchteſt du dich denn nicht, daß die Erde ihren Mund oͤfne, und dich verſchlinge, und die Wolken ſich trennen, und Feuer und Schwefel auf dich regnen laſſen! — Du kennſt Minen, wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/388
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/388>, abgerufen am 28.04.2024.