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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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nicht aufgeboten seyn. Meinetwegen danke
dem lieben Gott für gute Gesundheit. Mir
hat auf der Reise kein Finger vom Daumen
bis zum kleinen weh gethan und meinen Her-
ren auch nicht. Kein mahl umgeworfen, aber
all Augenblick gedacht, es fiele schon. Einem
der andern Herren Passagiers kam eine meer-
schaumne Pfeife, die in Curland ihre zehn
Bauren werth gewesen, unters Rad, und
noch Einer verlohr seinen Hirschfänger, den
er auch zu Hause lassen können. Er war noch
dazu nicht von Adel und trug unterm Hut
eine baumwollne Schlafmütze. Meine Her-
ren pflegten zu sagen, daß er in einem Zuge
wache und schlafe. Hätt er den Hirschfänger
nicht mit gehabt, wär er nicht verlohren ge-
gangen. Er hatte einen silbernen Grif. Das
Gehenk schenkte er mir, weil ich ihm unterwe-
gens beysprang. Sonst war er bis auf den
Hirschfänger und den Hut und Mütze in einem
Stück, bald hätt ich in einer Person geschrie-
ben, nicht zu verwerfen. Schon hätte ich
eher Ew. WohlEhrwürden von allen diesen
Dingen dies Glas Waßer voll Nachricht er-
theilet, wenn ich nicht erst das Glas reinigen
und läutern wollen. Wird sich von selbst ver-
stehen, daß ich mich im Schreiben sichtlich

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nicht aufgeboten ſeyn. Meinetwegen danke
dem lieben Gott fuͤr gute Geſundheit. Mir
hat auf der Reiſe kein Finger vom Daumen
bis zum kleinen weh gethan und meinen Her-
ren auch nicht. Kein mahl umgeworfen, aber
all Augenblick gedacht, es fiele ſchon. Einem
der andern Herren Paſſagiers kam eine meer-
ſchaumne Pfeife, die in Curland ihre zehn
Bauren werth geweſen, unters Rad, und
noch Einer verlohr ſeinen Hirſchfaͤnger, den
er auch zu Hauſe laſſen koͤnnen. Er war noch
dazu nicht von Adel und trug unterm Hut
eine baumwollne Schlafmuͤtze. Meine Her-
ren pflegten zu ſagen, daß er in einem Zuge
wache und ſchlafe. Haͤtt er den Hirſchfaͤnger
nicht mit gehabt, waͤr er nicht verlohren ge-
gangen. Er hatte einen ſilbernen Grif. Das
Gehenk ſchenkte er mir, weil ich ihm unterwe-
gens beyſprang. Sonſt war er bis auf den
Hirſchfaͤnger und den Hut und Muͤtze in einem
Stuͤck, bald haͤtt ich in einer Perſon geſchrie-
ben, nicht zu verwerfen. Schon haͤtte ich
eher Ew. WohlEhrwuͤrden von allen dieſen
Dingen dies Glas Waßer voll Nachricht er-
theilet, wenn ich nicht erſt das Glas reinigen
und laͤutern wollen. Wird ſich von ſelbſt ver-
ſtehen, daß ich mich im Schreiben ſichtlich

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[279/0285] nicht aufgeboten ſeyn. Meinetwegen danke dem lieben Gott fuͤr gute Geſundheit. Mir hat auf der Reiſe kein Finger vom Daumen bis zum kleinen weh gethan und meinen Her- ren auch nicht. Kein mahl umgeworfen, aber all Augenblick gedacht, es fiele ſchon. Einem der andern Herren Paſſagiers kam eine meer- ſchaumne Pfeife, die in Curland ihre zehn Bauren werth geweſen, unters Rad, und noch Einer verlohr ſeinen Hirſchfaͤnger, den er auch zu Hauſe laſſen koͤnnen. Er war noch dazu nicht von Adel und trug unterm Hut eine baumwollne Schlafmuͤtze. Meine Her- ren pflegten zu ſagen, daß er in einem Zuge wache und ſchlafe. Haͤtt er den Hirſchfaͤnger nicht mit gehabt, waͤr er nicht verlohren ge- gangen. Er hatte einen ſilbernen Grif. Das Gehenk ſchenkte er mir, weil ich ihm unterwe- gens beyſprang. Sonſt war er bis auf den Hirſchfaͤnger und den Hut und Muͤtze in einem Stuͤck, bald haͤtt ich in einer Perſon geſchrie- ben, nicht zu verwerfen. Schon haͤtte ich eher Ew. WohlEhrwuͤrden von allen dieſen Dingen dies Glas Waßer voll Nachricht er- theilet, wenn ich nicht erſt das Glas reinigen und laͤutern wollen. Wird ſich von ſelbſt ver- ſtehen, daß ich mich im Schreiben ſichtlich gebeſ- S 4

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/285>, abgerufen am 14.05.2024.