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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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als in diesem Briefe. Prediger und Advoca-
ten. Man kann vor Lerm kaum sein eigen
Wort hören. Die Pastortracht, die in Cur-
land keiner anzulegen sich erkühnen darf, er
sey noch so Hochwohlgebohren und hochge-
schoren, ist hier etwas so gemeines, daß alle
Küster sich in Kragen und Mantel stecken und
kein Ansehen der Person zwischen Pastor und
Glöckner ist. Greul ists anzusehen. Es giebt
so gar Leute, die beym Wagen gehen, wenn
vornehme begraben werden, ganz gemeine
Kerls, Träger von den eigentlichen Leichen-
trägern, und auch diese Unterträger gehen
mit Kragen und Mantel. Anfänglich war
mein Hut mehr in der Hand, als auf dem
Kopf, weil ich jeden Kragen und Mantel
grüßte, jezt laß ichs bleiben, und so bleibt
auch wider meine Schuld mancher Pastor un-
gegrüßt, welches Ew. WohlEhrwürden nicht
übel auszulegen belieben wollen. Gott grüß
den Herrn, wenn er es verdient, und Ew.
WohlEhrwürden gleich ist in Lehr und Le-
ben! --

Um zur Hauptsache zu kommen, die Ew.
WohlEhrwürden mir auf meine arme Seele
gebunden; so hab ich mancherley von Ketzern
auch in Curland gehört; allein wer den Teufel

nicht

als in dieſem Briefe. Prediger und Advoca-
ten. Man kann vor Lerm kaum ſein eigen
Wort hoͤren. Die Paſtortracht, die in Cur-
land keiner anzulegen ſich erkuͤhnen darf, er
ſey noch ſo Hochwohlgebohren und hochge-
ſchoren, iſt hier etwas ſo gemeines, daß alle
Kuͤſter ſich in Kragen und Mantel ſtecken und
kein Anſehen der Perſon zwiſchen Paſtor und
Gloͤckner iſt. Greul iſts anzuſehen. Es giebt
ſo gar Leute, die beym Wagen gehen, wenn
vornehme begraben werden, ganz gemeine
Kerls, Traͤger von den eigentlichen Leichen-
traͤgern, und auch dieſe Untertraͤger gehen
mit Kragen und Mantel. Anfaͤnglich war
mein Hut mehr in der Hand, als auf dem
Kopf, weil ich jeden Kragen und Mantel
gruͤßte, jezt laß ichs bleiben, und ſo bleibt
auch wider meine Schuld mancher Paſtor un-
gegruͤßt, welches Ew. WohlEhrwuͤrden nicht
uͤbel auszulegen belieben wollen. Gott gruͤß
den Herrn, wenn er es verdient, und Ew.
WohlEhrwuͤrden gleich iſt in Lehr und Le-
ben! —

Um zur Hauptſache zu kommen, die Ew.
WohlEhrwuͤrden mir auf meine arme Seele
gebunden; ſo hab ich mancherley von Ketzern
auch in Curland gehoͤrt; allein wer den Teufel

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[282/0288] als in dieſem Briefe. Prediger und Advoca- ten. Man kann vor Lerm kaum ſein eigen Wort hoͤren. Die Paſtortracht, die in Cur- land keiner anzulegen ſich erkuͤhnen darf, er ſey noch ſo Hochwohlgebohren und hochge- ſchoren, iſt hier etwas ſo gemeines, daß alle Kuͤſter ſich in Kragen und Mantel ſtecken und kein Anſehen der Perſon zwiſchen Paſtor und Gloͤckner iſt. Greul iſts anzuſehen. Es giebt ſo gar Leute, die beym Wagen gehen, wenn vornehme begraben werden, ganz gemeine Kerls, Traͤger von den eigentlichen Leichen- traͤgern, und auch dieſe Untertraͤger gehen mit Kragen und Mantel. Anfaͤnglich war mein Hut mehr in der Hand, als auf dem Kopf, weil ich jeden Kragen und Mantel gruͤßte, jezt laß ichs bleiben, und ſo bleibt auch wider meine Schuld mancher Paſtor un- gegruͤßt, welches Ew. WohlEhrwuͤrden nicht uͤbel auszulegen belieben wollen. Gott gruͤß den Herrn, wenn er es verdient, und Ew. WohlEhrwuͤrden gleich iſt in Lehr und Le- ben! — Um zur Hauptſache zu kommen, die Ew. WohlEhrwuͤrden mir auf meine arme Seele gebunden; ſo hab ich mancherley von Ketzern auch in Curland gehoͤrt; allein wer den Teufel nicht

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/288>, abgerufen am 14.05.2024.