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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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Noth wegen ihres Kindes und wolt ich wohl
oder übel, mußte schon in einen sauren Apfel
beissen und das Kind ernähren. Der Apfel
ist eben so sauer nicht. Geht schon in den
vierten Monat, daß ich das Kind erhalte.
Ward mir indessen vom Johann, der sich
auf so etwas versteht, angerathen, zum Rich-
ter zu gehen, und über das alles ein Proto-
koll zu lösen, damit ich nicht zu Kind und
Kegel käme, wozu hier zu Lande die Unschul-
digsten am ersten kommen. Ist ein braver
Mann der Richter, nahm kein Geld vor die
Schrift; wohl aber mußt ich den Stempel-
bogen bezahlen! weiß nicht warum? Besser
wäre es gewesen, das Kind hätte das Geld
dafür aufgepappt.

Was das wunderlichste dabey ist; so thut
die in Gott andächtige Jungfer als wäre die
ganze Sach' eine Kleinigkeit! -- Wie man
es nimmt, freylich eine Kleinigkeit. Der
Stempelbogen ärgert mich am meisten! --
Wozu ist denn ein Stempelbogen nöthig,
wenn man ein Kind einer in Gott andächti-
gen Jungfer, Stade druckts und verlegts
Caspar Hollwein, erziehen will! Johann
sagt, ob Rose, oder Knöspchen. Weis
nicht. Liese soll sich haben verlauten laßen:

Wer

Noth wegen ihres Kindes und wolt ich wohl
oder uͤbel, mußte ſchon in einen ſauren Apfel
beiſſen und das Kind ernaͤhren. Der Apfel
iſt eben ſo ſauer nicht. Geht ſchon in den
vierten Monat, daß ich das Kind erhalte.
Ward mir indeſſen vom Johann, der ſich
auf ſo etwas verſteht, angerathen, zum Rich-
ter zu gehen, und uͤber das alles ein Proto-
koll zu loͤſen, damit ich nicht zu Kind und
Kegel kaͤme, wozu hier zu Lande die Unſchul-
digſten am erſten kommen. Iſt ein braver
Mann der Richter, nahm kein Geld vor die
Schrift; wohl aber mußt ich den Stempel-
bogen bezahlen! weiß nicht warum? Beſſer
waͤre es geweſen, das Kind haͤtte das Geld
dafuͤr aufgepappt.

Was das wunderlichſte dabey iſt; ſo thut
die in Gott andaͤchtige Jungfer als waͤre die
ganze Sach’ eine Kleinigkeit! — Wie man
es nimmt, freylich eine Kleinigkeit. Der
Stempelbogen aͤrgert mich am meiſten! —
Wozu iſt denn ein Stempelbogen noͤthig,
wenn man ein Kind einer in Gott andaͤchti-
gen Jungfer, Stade druckts und verlegts
Caſpar Hollwein, erziehen will! Johann
ſagt, ob Roſe, oder Knoͤſpchen. Weis
nicht. Lieſe ſoll ſich haben verlauten laßen:

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[290/0296] Noth wegen ihres Kindes und wolt ich wohl oder uͤbel, mußte ſchon in einen ſauren Apfel beiſſen und das Kind ernaͤhren. Der Apfel iſt eben ſo ſauer nicht. Geht ſchon in den vierten Monat, daß ich das Kind erhalte. Ward mir indeſſen vom Johann, der ſich auf ſo etwas verſteht, angerathen, zum Rich- ter zu gehen, und uͤber das alles ein Proto- koll zu loͤſen, damit ich nicht zu Kind und Kegel kaͤme, wozu hier zu Lande die Unſchul- digſten am erſten kommen. Iſt ein braver Mann der Richter, nahm kein Geld vor die Schrift; wohl aber mußt ich den Stempel- bogen bezahlen! weiß nicht warum? Beſſer waͤre es geweſen, das Kind haͤtte das Geld dafuͤr aufgepappt. Was das wunderlichſte dabey iſt; ſo thut die in Gott andaͤchtige Jungfer als waͤre die ganze Sach’ eine Kleinigkeit! — Wie man es nimmt, freylich eine Kleinigkeit. Der Stempelbogen aͤrgert mich am meiſten! — Wozu iſt denn ein Stempelbogen noͤthig, wenn man ein Kind einer in Gott andaͤchti- gen Jungfer, Stade druckts und verlegts Caſpar Hollwein, erziehen will! Johann ſagt, ob Roſe, oder Knoͤſpchen. Weis nicht. Lieſe ſoll ſich haben verlauten laßen: Wer

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/296>, abgerufen am 13.05.2024.