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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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Habe so viel von einem großen Gelehr-
ten erzählen gehört, der im großen Weinfaß
seine Wohnung genommen, und sich über al-
les aufgehalten, was ihm zu nahe gekommen.
Ein Mann desselben Schlages ist alhier befind-
lich. Seiner Profeßion ein Jude. Sagt
allen Leuten eine trockne Wahrheit, hat nur
den Fehler, daß er betrügt, wie andere. Mag
wohl der Faßgelehrte auch nicht ohne Ta-
del gewesen seyn.

Das Pflaster Einer der besten Straßen
wird gebessert. Was wolt ihr, frägt der
Jude? da sie mit Spaten und Steinen kom-
men. Die -- -- Gasse ausbessern! Das
geht nicht mit Steinen, sondern mit Fried-
richsdoren. Eine Münze, die hier funfzehn
Gulden gilt, und der der König seinen Na-
men gegeben hat. Ist doch nur ein Stück-
chen Gold, und Ew. Wohlehrwürden solten
Lieschens schönen Jungen sehen! -- ich
denk, ich zerreiß das Protokoll und verwerfe
die Stücke --

Der Jude ist Ein sonderbarer Kautz!
Hängt ein Jude, sagt er, wem kommts
wohl ein zu schreyen; da hängt ein Dieb!
da hängt ein Jude, sagt jeder --

Was

Habe ſo viel von einem großen Gelehr-
ten erzaͤhlen gehoͤrt, der im großen Weinfaß
ſeine Wohnung genommen, und ſich uͤber al-
les aufgehalten, was ihm zu nahe gekommen.
Ein Mann deſſelben Schlages iſt alhier befind-
lich. Seiner Profeßion ein Jude. Sagt
allen Leuten eine trockne Wahrheit, hat nur
den Fehler, daß er betruͤgt, wie andere. Mag
wohl der Faßgelehrte auch nicht ohne Ta-
del geweſen ſeyn.

Das Pflaſter Einer der beſten Straßen
wird gebeſſert. Was wolt ihr, fraͤgt der
Jude? da ſie mit Spaten und Steinen kom-
men. Die — — Gaſſe ausbeſſern! Das
geht nicht mit Steinen, ſondern mit Fried-
richsdoren. Eine Muͤnze, die hier funfzehn
Gulden gilt, und der der Koͤnig ſeinen Na-
men gegeben hat. Iſt doch nur ein Stuͤck-
chen Gold, und Ew. Wohlehrwuͤrden ſolten
Lieschens ſchoͤnen Jungen ſehen! — ich
denk, ich zerreiß das Protokoll und verwerfe
die Stuͤcke —

Der Jude iſt Ein ſonderbarer Kautz!
Haͤngt ein Jude, ſagt er, wem kommts
wohl ein zu ſchreyen; da haͤngt ein Dieb!
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[304/0310] Habe ſo viel von einem großen Gelehr- ten erzaͤhlen gehoͤrt, der im großen Weinfaß ſeine Wohnung genommen, und ſich uͤber al- les aufgehalten, was ihm zu nahe gekommen. Ein Mann deſſelben Schlages iſt alhier befind- lich. Seiner Profeßion ein Jude. Sagt allen Leuten eine trockne Wahrheit, hat nur den Fehler, daß er betruͤgt, wie andere. Mag wohl der Faßgelehrte auch nicht ohne Ta- del geweſen ſeyn. Das Pflaſter Einer der beſten Straßen wird gebeſſert. Was wolt ihr, fraͤgt der Jude? da ſie mit Spaten und Steinen kom- men. Die — — Gaſſe ausbeſſern! Das geht nicht mit Steinen, ſondern mit Fried- richsdoren. Eine Muͤnze, die hier funfzehn Gulden gilt, und der der Koͤnig ſeinen Na- men gegeben hat. Iſt doch nur ein Stuͤck- chen Gold, und Ew. Wohlehrwuͤrden ſolten Lieschens ſchoͤnen Jungen ſehen! — ich denk, ich zerreiß das Protokoll und verwerfe die Stuͤcke — Der Jude iſt Ein ſonderbarer Kautz! Haͤngt ein Jude, ſagt er, wem kommts wohl ein zu ſchreyen; da haͤngt ein Dieb! da haͤngt ein Jude, ſagt jeder — Was

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/310>, abgerufen am 14.05.2024.