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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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Auge hatte jene Wildheit nicht mehr! -- Es
strahlte nicht, es schien nur! -- In ihren
Segnungen paarte sie mich noch mit Gret-
chen. Das heißt: sie segnete mich so in-
brünstig, als sie, obgleich Nathanael und
seine Kinder hiebey nicht zu kurz kamen! Auf
den Enkel Alexander legte sie beyde Hände,
auf jedes andere ihrer Kinder nur eine! --
Was sie froh war, sagte Gretchen, Minen
zu sehen! -- Gehe ein zu deines Herrn
Freude!

Kaum hatte Gretchen diese für mich so
rührende Geschichte vollendet; so marschirte
Nathanael schon wieder zum Türkenkriege,
und wolte ich wohl oder übel, ich mußte er-
zählen -- Gretchen bestellte während des
Türkenkrieges ein natürlich schönes Mahl!
Bey Tische war der Justizrath nicht von Bu-
karest
zu bringen, bis ihn endlich Gretchen
wie einen Türken schlug. Die kleine liebe
Rußin! Sie vergoß über meine zwey liebe
Kriegscammeraden bittere Thränen! und
mehr, als die Geschichte dieser jungen Hel-
den, wolte sie nicht. Der Prinz Wilhelm
von Braunschweig
war ihr zu vornehm,
um an ihm Theil zu nehmen.

Rech-

Auge hatte jene Wildheit nicht mehr! — Es
ſtrahlte nicht, es ſchien nur! — In ihren
Segnungen paarte ſie mich noch mit Gret-
chen. Das heißt: ſie ſegnete mich ſo in-
bruͤnſtig, als ſie, obgleich Nathanael und
ſeine Kinder hiebey nicht zu kurz kamen! Auf
den Enkel Alexander legte ſie beyde Haͤnde,
auf jedes andere ihrer Kinder nur eine! —
Was ſie froh war, ſagte Gretchen, Minen
zu ſehen! — Gehe ein zu deines Herrn
Freude!

Kaum hatte Gretchen dieſe fuͤr mich ſo
ruͤhrende Geſchichte vollendet; ſo marſchirte
Nathanael ſchon wieder zum Tuͤrkenkriege,
und wolte ich wohl oder uͤbel, ich mußte er-
zaͤhlen — Gretchen beſtellte waͤhrend des
Tuͤrkenkrieges ein natuͤrlich ſchoͤnes Mahl!
Bey Tiſche war der Juſtizrath nicht von Bu-
kareſt
zu bringen, bis ihn endlich Gretchen
wie einen Tuͤrken ſchlug. Die kleine liebe
Rußin! Sie vergoß uͤber meine zwey liebe
Kriegscammeraden bittere Thraͤnen! und
mehr, als die Geſchichte dieſer jungen Hel-
den, wolte ſie nicht. Der Prinz Wilhelm
von Braunſchweig
war ihr zu vornehm,
um an ihm Theil zu nehmen.

Rech-
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[404/0412] Auge hatte jene Wildheit nicht mehr! — Es ſtrahlte nicht, es ſchien nur! — In ihren Segnungen paarte ſie mich noch mit Gret- chen. Das heißt: ſie ſegnete mich ſo in- bruͤnſtig, als ſie, obgleich Nathanael und ſeine Kinder hiebey nicht zu kurz kamen! Auf den Enkel Alexander legte ſie beyde Haͤnde, auf jedes andere ihrer Kinder nur eine! — Was ſie froh war, ſagte Gretchen, Minen zu ſehen! — Gehe ein zu deines Herrn Freude! Kaum hatte Gretchen dieſe fuͤr mich ſo ruͤhrende Geſchichte vollendet; ſo marſchirte Nathanael ſchon wieder zum Tuͤrkenkriege, und wolte ich wohl oder uͤbel, ich mußte er- zaͤhlen — Gretchen beſtellte waͤhrend des Tuͤrkenkrieges ein natuͤrlich ſchoͤnes Mahl! Bey Tiſche war der Juſtizrath nicht von Bu- kareſt zu bringen, bis ihn endlich Gretchen wie einen Tuͤrken ſchlug. Die kleine liebe Rußin! Sie vergoß uͤber meine zwey liebe Kriegscammeraden bittere Thraͤnen! und mehr, als die Geſchichte dieſer jungen Hel- den, wolte ſie nicht. Der Prinz Wilhelm von Braunſchweig war ihr zu vornehm, um an ihm Theil zu nehmen. Rech-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/412>, abgerufen am 16.05.2024.