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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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ham, Isaac und Jakob zu Tische sitzen wer-
de. Gewis werd' ich auch meinen Sieben-
jährigen finden, der den Milchtopf zerbrach.
Der liebe wird himmlisch gros geworden und
schön ausgewachsen seyn! Meynen sie nicht,
liebe Frau Pastorin? Meine Mutter hatte
die Einladung auf Manna so getroffen, daß
sie nicht antworten konnte. Nach ihrer Er-
hohlung entdeckte sie der Kranken ihre Einla-
dung auf Gesang -- ich habe aber nicht zuge-
sagt, sagte meine Mutter, und warum, die
Kranke? weil das Gesicht die Antwort nicht
abwartete. Gut, fuhr die Kranke fort; so
werd ich die Antwort mitnehmen. Amen!
sagte meine Mutter, um ein himmlisches Wort
zu gebrauchen. Halleluja! die Kranke, und
nun ward eine Todesstille, als ob beyde sich
zu dieser Einladung vorbereiteten. Nach ei-
ner Weile kamen sie wieder, wo sie stehen ge-
blieben, und die Kranke konnte sich nicht drein
finden, daß meine Mutter auf Gesang, sie
aber auf Manna geladen sey, wobey meine
Mutter ihr ins Geleise half. Seht nur, gute
Nachbarin! da kann ja während dem Singen,
sagte sie, auf Blättern vom Baum des Er-
kenntnißes Gutes und Böses, und vom Baum
des Lebens, Manna herumgetragen werden.

Wenn

ham, Iſaac und Jakob zu Tiſche ſitzen wer-
de. Gewis werd’ ich auch meinen Sieben-
jaͤhrigen finden, der den Milchtopf zerbrach.
Der liebe wird himmliſch gros geworden und
ſchoͤn ausgewachſen ſeyn! Meynen ſie nicht,
liebe Frau Paſtorin? Meine Mutter hatte
die Einladung auf Manna ſo getroffen, daß
ſie nicht antworten konnte. Nach ihrer Er-
hohlung entdeckte ſie der Kranken ihre Einla-
dung auf Geſang — ich habe aber nicht zuge-
ſagt, ſagte meine Mutter, und warum, die
Kranke? weil das Geſicht die Antwort nicht
abwartete. Gut, fuhr die Kranke fort; ſo
werd ich die Antwort mitnehmen. Amen!
ſagte meine Mutter, um ein himmliſches Wort
zu gebrauchen. Halleluja! die Kranke, und
nun ward eine Todesſtille, als ob beyde ſich
zu dieſer Einladung vorbereiteten. Nach ei-
ner Weile kamen ſie wieder, wo ſie ſtehen ge-
blieben, und die Kranke konnte ſich nicht drein
finden, daß meine Mutter auf Geſang, ſie
aber auf Manna geladen ſey, wobey meine
Mutter ihr ins Geleiſe half. Seht nur, gute
Nachbarin! da kann ja waͤhrend dem Singen,
ſagte ſie, auf Blaͤttern vom Baum des Er-
kenntnißes Gutes und Boͤſes, und vom Baum
des Lebens, Manna herumgetragen werden.

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[66/0072] ham, Iſaac und Jakob zu Tiſche ſitzen wer- de. Gewis werd’ ich auch meinen Sieben- jaͤhrigen finden, der den Milchtopf zerbrach. Der liebe wird himmliſch gros geworden und ſchoͤn ausgewachſen ſeyn! Meynen ſie nicht, liebe Frau Paſtorin? Meine Mutter hatte die Einladung auf Manna ſo getroffen, daß ſie nicht antworten konnte. Nach ihrer Er- hohlung entdeckte ſie der Kranken ihre Einla- dung auf Geſang — ich habe aber nicht zuge- ſagt, ſagte meine Mutter, und warum, die Kranke? weil das Geſicht die Antwort nicht abwartete. Gut, fuhr die Kranke fort; ſo werd ich die Antwort mitnehmen. Amen! ſagte meine Mutter, um ein himmliſches Wort zu gebrauchen. Halleluja! die Kranke, und nun ward eine Todesſtille, als ob beyde ſich zu dieſer Einladung vorbereiteten. Nach ei- ner Weile kamen ſie wieder, wo ſie ſtehen ge- blieben, und die Kranke konnte ſich nicht drein finden, daß meine Mutter auf Geſang, ſie aber auf Manna geladen ſey, wobey meine Mutter ihr ins Geleiſe half. Seht nur, gute Nachbarin! da kann ja waͤhrend dem Singen, ſagte ſie, auf Blaͤttern vom Baum des Er- kenntnißes Gutes und Boͤſes, und vom Baum des Lebens, Manna herumgetragen werden. Wenn

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/72>, abgerufen am 05.05.2024.