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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

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Von Rasen.
Heiterkeit geben. Ihre Größe muß mit den übrigen Theilen des Gartens, beson-
ders mit den angränzenden, in einem schicklichen Verhältniß stehen. Weil sie
schon an sich einen ansehnlichen Raum erfordern, wenn sie ihre Wirkung errei-
chen sollen: so sind sie auch nur Gärten oder Parks von einem beträchtlichen Um-
fang angemessen. Allein auch hier dürfen sie nicht zu sehr vervielfältigt wer-
den. In einigen Parks der Engländer, die zuweilen blos aus einer Samm-
lung von Wildbahnen, Baumgruppen und Wasser bestehen, verdrängt oft sehr
unrecht die Menge der Rasenplätze andere Naturscenen von einer stärkern Ein-
wirkung, und giebt dem Gemälde ein zwar ländliches, aber zugleich einförmi-
ges Ansehen.

Ein gar zu weiter Umfang der Rasen schwächt ihre Wirkung, aber durch
Unterbrechungen wird sie gestärkt. Auch gewinnen sie durch diese ein mehr na-
türliches Ansehen, als wenn der ausgedehnte leere Raum in seiner ganzen Aus-
wickelung da liegt. Zu den Unterbrechungen können theils künstliche Gegenstän-
de, als Gebäude und Statuen u. a. theils Gruppen von Bäumen dienen. Da-
durch wird das Einförmige, das sonst ein solcher Platz hat, mehr vermindert und
mehr Belebung hervorgebracht. Wir finden, daß Wiesen und grüne Plätze fast
nirgends angenehmer sind, als wenn sie in Wäldern unerwartet hervorbrechen,
und sich zwischen Gruppen von Bäumen mit mannichfaltigen Wendungen fortschlän-
geln; wenn die Bäume mit ihren zusammenstoßenden Häuptern einen dichten Kranz
bilden und indessen zwischen ihren Stämmen freye Durchsichten verstatten; wenn
hier das Grün des Grases im Glanz der Sonne sich schöner färbt, und dort nach
Stellen, worauf eine erquickende Dunkelheit schwebt, im mildern Schimmer fort-
spielt. Die Anmuth der grünen Rasen kann mit dem Laube der Bäume in einen
Contrast gesetzt werden. Eine überaus angenehme Malerey entspringt, wenn Frucht-
bäume mit ihrer vollen weißen und röthlichen Blühte hin und wieder das frische Grün
des Bodens beleben.

Auch können Rasen hin und wieder durch kleine Blumengruppen von leuch-
tenden Farben aufgeheitert werden. Nahe um Ruheplätze und Lustkabinette kön-
nen auch sehr schicklich wohlriechende Pflanzen, die sonst für das Auge keine Wir-
kung haben, auf den kleinen Rasenstücken zerstreut werden. Und hier sowohl,
als um Bäder und Grotten, würde vom Rosmarin, Lavendel, Majoran,
Salvey, Krausemünze, Thymian, gemeiner und türkischer Melisse, Quendel,

Citronen-
L 2

Von Raſen.
Heiterkeit geben. Ihre Groͤße muß mit den uͤbrigen Theilen des Gartens, beſon-
ders mit den angraͤnzenden, in einem ſchicklichen Verhaͤltniß ſtehen. Weil ſie
ſchon an ſich einen anſehnlichen Raum erfordern, wenn ſie ihre Wirkung errei-
chen ſollen: ſo ſind ſie auch nur Gaͤrten oder Parks von einem betraͤchtlichen Um-
fang angemeſſen. Allein auch hier duͤrfen ſie nicht zu ſehr vervielfaͤltigt wer-
den. In einigen Parks der Englaͤnder, die zuweilen blos aus einer Samm-
lung von Wildbahnen, Baumgruppen und Waſſer beſtehen, verdraͤngt oft ſehr
unrecht die Menge der Raſenplaͤtze andere Naturſcenen von einer ſtaͤrkern Ein-
wirkung, und giebt dem Gemaͤlde ein zwar laͤndliches, aber zugleich einfoͤrmi-
ges Anſehen.

Ein gar zu weiter Umfang der Raſen ſchwaͤcht ihre Wirkung, aber durch
Unterbrechungen wird ſie geſtaͤrkt. Auch gewinnen ſie durch dieſe ein mehr na-
tuͤrliches Anſehen, als wenn der ausgedehnte leere Raum in ſeiner ganzen Aus-
wickelung da liegt. Zu den Unterbrechungen koͤnnen theils kuͤnſtliche Gegenſtaͤn-
de, als Gebaͤude und Statuen u. a. theils Gruppen von Baͤumen dienen. Da-
durch wird das Einfoͤrmige, das ſonſt ein ſolcher Platz hat, mehr vermindert und
mehr Belebung hervorgebracht. Wir finden, daß Wieſen und gruͤne Plaͤtze faſt
nirgends angenehmer ſind, als wenn ſie in Waͤldern unerwartet hervorbrechen,
und ſich zwiſchen Gruppen von Baͤumen mit mannichfaltigen Wendungen fortſchlaͤn-
geln; wenn die Baͤume mit ihren zuſammenſtoßenden Haͤuptern einen dichten Kranz
bilden und indeſſen zwiſchen ihren Staͤmmen freye Durchſichten verſtatten; wenn
hier das Gruͤn des Graſes im Glanz der Sonne ſich ſchoͤner faͤrbt, und dort nach
Stellen, worauf eine erquickende Dunkelheit ſchwebt, im mildern Schimmer fort-
ſpielt. Die Anmuth der gruͤnen Raſen kann mit dem Laube der Baͤume in einen
Contraſt geſetzt werden. Eine uͤberaus angenehme Malerey entſpringt, wenn Frucht-
baͤume mit ihrer vollen weißen und roͤthlichen Bluͤhte hin und wieder das friſche Gruͤn
des Bodens beleben.

Auch koͤnnen Raſen hin und wieder durch kleine Blumengruppen von leuch-
tenden Farben aufgeheitert werden. Nahe um Ruheplaͤtze und Luſtkabinette koͤn-
nen auch ſehr ſchicklich wohlriechende Pflanzen, die ſonſt fuͤr das Auge keine Wir-
kung haben, auf den kleinen Raſenſtuͤcken zerſtreut werden. Und hier ſowohl,
als um Baͤder und Grotten, wuͤrde vom Rosmarin, Lavendel, Majoran,
Salvey, Krauſemuͤnze, Thymian, gemeiner und tuͤrkiſcher Meliſſe, Quendel,

Citronen-
L 2
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[83/0087] Von Raſen. Heiterkeit geben. Ihre Groͤße muß mit den uͤbrigen Theilen des Gartens, beſon- ders mit den angraͤnzenden, in einem ſchicklichen Verhaͤltniß ſtehen. Weil ſie ſchon an ſich einen anſehnlichen Raum erfordern, wenn ſie ihre Wirkung errei- chen ſollen: ſo ſind ſie auch nur Gaͤrten oder Parks von einem betraͤchtlichen Um- fang angemeſſen. Allein auch hier duͤrfen ſie nicht zu ſehr vervielfaͤltigt wer- den. In einigen Parks der Englaͤnder, die zuweilen blos aus einer Samm- lung von Wildbahnen, Baumgruppen und Waſſer beſtehen, verdraͤngt oft ſehr unrecht die Menge der Raſenplaͤtze andere Naturſcenen von einer ſtaͤrkern Ein- wirkung, und giebt dem Gemaͤlde ein zwar laͤndliches, aber zugleich einfoͤrmi- ges Anſehen. Ein gar zu weiter Umfang der Raſen ſchwaͤcht ihre Wirkung, aber durch Unterbrechungen wird ſie geſtaͤrkt. Auch gewinnen ſie durch dieſe ein mehr na- tuͤrliches Anſehen, als wenn der ausgedehnte leere Raum in ſeiner ganzen Aus- wickelung da liegt. Zu den Unterbrechungen koͤnnen theils kuͤnſtliche Gegenſtaͤn- de, als Gebaͤude und Statuen u. a. theils Gruppen von Baͤumen dienen. Da- durch wird das Einfoͤrmige, das ſonſt ein ſolcher Platz hat, mehr vermindert und mehr Belebung hervorgebracht. Wir finden, daß Wieſen und gruͤne Plaͤtze faſt nirgends angenehmer ſind, als wenn ſie in Waͤldern unerwartet hervorbrechen, und ſich zwiſchen Gruppen von Baͤumen mit mannichfaltigen Wendungen fortſchlaͤn- geln; wenn die Baͤume mit ihren zuſammenſtoßenden Haͤuptern einen dichten Kranz bilden und indeſſen zwiſchen ihren Staͤmmen freye Durchſichten verſtatten; wenn hier das Gruͤn des Graſes im Glanz der Sonne ſich ſchoͤner faͤrbt, und dort nach Stellen, worauf eine erquickende Dunkelheit ſchwebt, im mildern Schimmer fort- ſpielt. Die Anmuth der gruͤnen Raſen kann mit dem Laube der Baͤume in einen Contraſt geſetzt werden. Eine uͤberaus angenehme Malerey entſpringt, wenn Frucht- baͤume mit ihrer vollen weißen und roͤthlichen Bluͤhte hin und wieder das friſche Gruͤn des Bodens beleben. Auch koͤnnen Raſen hin und wieder durch kleine Blumengruppen von leuch- tenden Farben aufgeheitert werden. Nahe um Ruheplaͤtze und Luſtkabinette koͤn- nen auch ſehr ſchicklich wohlriechende Pflanzen, die ſonſt fuͤr das Auge keine Wir- kung haben, auf den kleinen Raſenſtuͤcken zerſtreut werden. Und hier ſowohl, als um Baͤder und Grotten, wuͤrde vom Rosmarin, Lavendel, Majoran, Salvey, Krauſemuͤnze, Thymian, gemeiner und tuͤrkiſcher Meliſſe, Quendel, Citronen- L 2

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/87>, abgerufen am 28.04.2024.