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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Monumenten und Inschriften.

Traurend legt sich hier Herkules auf seine Urne, um welche diese Worte stehen:

Ihr Winde, wehet sanft! die heilge Asche ruht. [Spaltenumbruch] *)

Ein kleiner Liebesgott bekränzt seine Leyer. Das Denkmal steht unter düster herab-
hangenden Bäumen, an einem etwas erhabenen Orte, wovon man die weite Land-
schaft übersieht.

Nicht weniger erhebe sich in unsern Gärten ein Monument für Hagedorn, den
Bruder des Dichters, den scharfsinnigen Kunstgelehrten und den glücklichen Künstler,
der die Schönheit der Natur und der Landschaftgemälde so gründlich zu entwickeln wuß-
te. Er verstand das große Geheimniß, die Kunst in der Natur zu finden. Bald
fühlte er, **) von Horaz und Chaulieu begleitet, das unschuldige Vergnügen des
Landlebens, bald betrachtete er mit mehrerer Rücksicht auf den liebenswürdigen Schö-
pfer, mit den angenehmen Beschreibungen eines Thomsons und Sulzers, die
Schönheit der Natur, und fand sie darauf zu Hause in den Gemälden des Swane-
velts
und Thomans wieder. In seinen Betrachtungen durchwandert der Kenner
mit Vergnügen die Mannigfaltigkeit der Scenen, die uns in der Natur entzücken,
und der reizenden Nachbildungen, die uns die Landschaftmaler davon darstellten.
Sein Denkmal steht hier vor einem düstern Walde auf einem freyen Platze, wovon
man eine große Landschaft und in der Ferne Dresden erblickt. [Spaltenumbruch] ***)

Doch dürfen wir mit Monumenten für unsere verdienten Männer nicht immer
erst warten, bis wir sie beweinen; wir können sie ihnen, wenn ihr Ruhm entschieden
ist, schon bey ihrem Leben widmen. Denkmäler für das noch lebende Verdienst haben
außerdem noch eine Heiterkeit, die den Trauermonumenten abgeht, und sind dadurch
den Bewegungen eines anmuthigen Gartens vorzüglich angemessen. Keine Idee
kann wohl natürlicher seyn, als dem größten Idyllendichter der neuern Zeit, der uns
mit so vieler Einfalt und Naivität die Unschuld und süßen Freuden des arkadischen
Weltalters empfinden lehrte, der die kunstlosen Reize der Natur nicht blos in seinen
Gedichten, sondern auch durch seine Radiernadel vor uns hinzuzaubern wußte, unserm
Geßner, ein Monument zu weihen. Hier ist ein Entwurf dazu, der eine Ausfüh-
rung erwartet. ****)

Das
*) Worte des Dichters.
**) S. seine Betrachtungen über die Ma-
lerey. 8. 2 Th. Leipzig 1762. S. 5.
***) Siehe Tab. V.
****) Siehe Tab. VI.
T 3
Monumenten und Inſchriften.

Traurend legt ſich hier Herkules auf ſeine Urne, um welche dieſe Worte ſtehen:

Ihr Winde, wehet ſanft! die heilge Aſche ruht. [Spaltenumbruch] *)

Ein kleiner Liebesgott bekraͤnzt ſeine Leyer. Das Denkmal ſteht unter duͤſter herab-
hangenden Baͤumen, an einem etwas erhabenen Orte, wovon man die weite Land-
ſchaft uͤberſieht.

Nicht weniger erhebe ſich in unſern Gaͤrten ein Monument fuͤr Hagedorn, den
Bruder des Dichters, den ſcharfſinnigen Kunſtgelehrten und den gluͤcklichen Kuͤnſtler,
der die Schoͤnheit der Natur und der Landſchaftgemaͤlde ſo gruͤndlich zu entwickeln wuß-
te. Er verſtand das große Geheimniß, die Kunſt in der Natur zu finden. Bald
fuͤhlte er, **) von Horaz und Chaulieu begleitet, das unſchuldige Vergnuͤgen des
Landlebens, bald betrachtete er mit mehrerer Ruͤckſicht auf den liebenswuͤrdigen Schoͤ-
pfer, mit den angenehmen Beſchreibungen eines Thomſons und Sulzers, die
Schoͤnheit der Natur, und fand ſie darauf zu Hauſe in den Gemaͤlden des Swane-
velts
und Thomans wieder. In ſeinen Betrachtungen durchwandert der Kenner
mit Vergnuͤgen die Mannigfaltigkeit der Scenen, die uns in der Natur entzuͤcken,
und der reizenden Nachbildungen, die uns die Landſchaftmaler davon darſtellten.
Sein Denkmal ſteht hier vor einem duͤſtern Walde auf einem freyen Platze, wovon
man eine große Landſchaft und in der Ferne Dresden erblickt. [Spaltenumbruch] ***)

Doch duͤrfen wir mit Monumenten fuͤr unſere verdienten Maͤnner nicht immer
erſt warten, bis wir ſie beweinen; wir koͤnnen ſie ihnen, wenn ihr Ruhm entſchieden
iſt, ſchon bey ihrem Leben widmen. Denkmaͤler fuͤr das noch lebende Verdienſt haben
außerdem noch eine Heiterkeit, die den Trauermonumenten abgeht, und ſind dadurch
den Bewegungen eines anmuthigen Gartens vorzuͤglich angemeſſen. Keine Idee
kann wohl natuͤrlicher ſeyn, als dem groͤßten Idyllendichter der neuern Zeit, der uns
mit ſo vieler Einfalt und Naivitaͤt die Unſchuld und ſuͤßen Freuden des arkadiſchen
Weltalters empfinden lehrte, der die kunſtloſen Reize der Natur nicht blos in ſeinen
Gedichten, ſondern auch durch ſeine Radiernadel vor uns hinzuzaubern wußte, unſerm
Geßner, ein Monument zu weihen. Hier iſt ein Entwurf dazu, der eine Ausfuͤh-
rung erwartet. ****)

Das
*) Worte des Dichters.
**) S. ſeine Betrachtungen uͤber die Ma-
lerey. 8. 2 Th. Leipzig 1762. S. 5.
***) Siehe Tab. V.
****) Siehe Tab. VI.
T 3
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[149/0159] Monumenten und Inſchriften. Traurend legt ſich hier Herkules auf ſeine Urne, um welche dieſe Worte ſtehen: Ihr Winde, wehet ſanft! die heilge Aſche ruht. *) Ein kleiner Liebesgott bekraͤnzt ſeine Leyer. Das Denkmal ſteht unter duͤſter herab- hangenden Baͤumen, an einem etwas erhabenen Orte, wovon man die weite Land- ſchaft uͤberſieht. Nicht weniger erhebe ſich in unſern Gaͤrten ein Monument fuͤr Hagedorn, den Bruder des Dichters, den ſcharfſinnigen Kunſtgelehrten und den gluͤcklichen Kuͤnſtler, der die Schoͤnheit der Natur und der Landſchaftgemaͤlde ſo gruͤndlich zu entwickeln wuß- te. Er verſtand das große Geheimniß, die Kunſt in der Natur zu finden. Bald fuͤhlte er, **) von Horaz und Chaulieu begleitet, das unſchuldige Vergnuͤgen des Landlebens, bald betrachtete er mit mehrerer Ruͤckſicht auf den liebenswuͤrdigen Schoͤ- pfer, mit den angenehmen Beſchreibungen eines Thomſons und Sulzers, die Schoͤnheit der Natur, und fand ſie darauf zu Hauſe in den Gemaͤlden des Swane- velts und Thomans wieder. In ſeinen Betrachtungen durchwandert der Kenner mit Vergnuͤgen die Mannigfaltigkeit der Scenen, die uns in der Natur entzuͤcken, und der reizenden Nachbildungen, die uns die Landſchaftmaler davon darſtellten. Sein Denkmal ſteht hier vor einem duͤſtern Walde auf einem freyen Platze, wovon man eine große Landſchaft und in der Ferne Dresden erblickt. ***) Doch duͤrfen wir mit Monumenten fuͤr unſere verdienten Maͤnner nicht immer erſt warten, bis wir ſie beweinen; wir koͤnnen ſie ihnen, wenn ihr Ruhm entſchieden iſt, ſchon bey ihrem Leben widmen. Denkmaͤler fuͤr das noch lebende Verdienſt haben außerdem noch eine Heiterkeit, die den Trauermonumenten abgeht, und ſind dadurch den Bewegungen eines anmuthigen Gartens vorzuͤglich angemeſſen. Keine Idee kann wohl natuͤrlicher ſeyn, als dem groͤßten Idyllendichter der neuern Zeit, der uns mit ſo vieler Einfalt und Naivitaͤt die Unſchuld und ſuͤßen Freuden des arkadiſchen Weltalters empfinden lehrte, der die kunſtloſen Reize der Natur nicht blos in ſeinen Gedichten, ſondern auch durch ſeine Radiernadel vor uns hinzuzaubern wußte, unſerm Geßner, ein Monument zu weihen. Hier iſt ein Entwurf dazu, der eine Ausfuͤh- rung erwartet. ****) Das *) Worte des Dichters. **) S. ſeine Betrachtungen uͤber die Ma- lerey. 8. 2 Th. Leipzig 1762. S. 5. ***) Siehe Tab. V. ****) Siehe Tab. VI. T 3

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/159>, abgerufen am 27.04.2024.