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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Monumenten und Inschriften.
[Spaltenumbruch] Mich hat vom städtischen Gedränge
Mein günstig Glück zu euch gebracht;
Wo ich, nach unruhvollen Stunden,
Die Ruhe, die dem Weisen lacht,
Im Schooße der Natur gefunden.


Die Anmuth prächtiger Natur
Vergnügt mich auf beblumter Flur,
Auf Hügeln und im dunkeln Haine.
Ich jauchz' an stiller Musen Brust
So fröhlich, als bey Cyperns Weine;
Ja, wenn ich Thoren einsam scheine,
Vertraut sich mir die reinste Lust.


Du hast mit Schönheit, die entzückt,
Das Antlitz der Natur geschmückt,
O! aller Schönheit reiche Quelle!
Dir geht kein Wesen vor!
Die reinste Liebe schwelle
Mein ganzes Herz zu dir empor!


Die gütige Natur verlangt nicht unsre
Plage.
O! ruhten wir an ihrer Brust,
Und ließen ihr die Wahl der bessern
Lust,
Wie heiter flössen unsre Tage!
Die Freude, welche sie mit milder Hand
bereitet,
[Spaltenumbruch] Reizt ungekauft, ermüdet nicht,
Ist ruhig, rein, sanft wie das Mor-
genlicht,
Das über frische Rosen gleitet.


O! wie beglückt ist der, den nie sein
Herz verdammt,
Und den kein leerer Stolz, kein Durst
nach Gold entflammt!
Der, wenn die ganze Welt in Lastern
um ihn brennet,
Sich kalt erhält, nach keinen Würden
rennet;
Und, fern vom Lärm der Falschheits-
vollen Stadt,
Frey unter Linden ruht, die er gepflanzet
hat!


Noch rinnt und rauscht die Wiesen-
quelle,
Noch ist die Laube kühl und grün;
Noch scheint der liebe Mond so
helle,
Wie er durch Adams Bäume schien --
O! wunderschön ist Gottes Erde,
Und werth, darauf vergnügt zu
seyn!
Drum will ich, bis ich Asche werde,
Mich dieser schönen Erde freun.
Schön
III Band. X
Monumenten und Inſchriften.
[Spaltenumbruch] Mich hat vom ſtaͤdtiſchen Gedraͤnge
Mein guͤnſtig Gluͤck zu euch gebracht;
Wo ich, nach unruhvollen Stunden,
Die Ruhe, die dem Weiſen lacht,
Im Schooße der Natur gefunden.


Die Anmuth praͤchtiger Natur
Vergnuͤgt mich auf beblumter Flur,
Auf Huͤgeln und im dunkeln Haine.
Ich jauchz’ an ſtiller Muſen Bruſt
So froͤhlich, als bey Cyperns Weine;
Ja, wenn ich Thoren einſam ſcheine,
Vertraut ſich mir die reinſte Luſt.


Du haſt mit Schoͤnheit, die entzuͤckt,
Das Antlitz der Natur geſchmuͤckt,
O! aller Schoͤnheit reiche Quelle!
Dir geht kein Weſen vor!
Die reinſte Liebe ſchwelle
Mein ganzes Herz zu dir empor!


Die guͤtige Natur verlangt nicht unſre
Plage.
O! ruhten wir an ihrer Bruſt,
Und ließen ihr die Wahl der beſſern
Luſt,
Wie heiter floͤſſen unſre Tage!
Die Freude, welche ſie mit milder Hand
bereitet,
[Spaltenumbruch] Reizt ungekauft, ermuͤdet nicht,
Iſt ruhig, rein, ſanft wie das Mor-
genlicht,
Das uͤber friſche Roſen gleitet.


O! wie begluͤckt iſt der, den nie ſein
Herz verdammt,
Und den kein leerer Stolz, kein Durſt
nach Gold entflammt!
Der, wenn die ganze Welt in Laſtern
um ihn brennet,
Sich kalt erhaͤlt, nach keinen Wuͤrden
rennet;
Und, fern vom Laͤrm der Falſchheits-
vollen Stadt,
Frey unter Linden ruht, die er gepflanzet
hat!


Noch rinnt und rauſcht die Wieſen-
quelle,
Noch iſt die Laube kuͤhl und gruͤn;
Noch ſcheint der liebe Mond ſo
helle,
Wie er durch Adams Baͤume ſchien —
O! wunderſchoͤn iſt Gottes Erde,
Und werth, darauf vergnuͤgt zu
ſeyn!
Drum will ich, bis ich Aſche werde,
Mich dieſer ſchoͤnen Erde freun.
Schoͤn
III Band. X
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[161/0171] Monumenten und Inſchriften. Mich hat vom ſtaͤdtiſchen Gedraͤnge Mein guͤnſtig Gluͤck zu euch gebracht; Wo ich, nach unruhvollen Stunden, Die Ruhe, die dem Weiſen lacht, Im Schooße der Natur gefunden. Die Anmuth praͤchtiger Natur Vergnuͤgt mich auf beblumter Flur, Auf Huͤgeln und im dunkeln Haine. Ich jauchz’ an ſtiller Muſen Bruſt So froͤhlich, als bey Cyperns Weine; Ja, wenn ich Thoren einſam ſcheine, Vertraut ſich mir die reinſte Luſt. Du haſt mit Schoͤnheit, die entzuͤckt, Das Antlitz der Natur geſchmuͤckt, O! aller Schoͤnheit reiche Quelle! Dir geht kein Weſen vor! Die reinſte Liebe ſchwelle Mein ganzes Herz zu dir empor! Die guͤtige Natur verlangt nicht unſre Plage. O! ruhten wir an ihrer Bruſt, Und ließen ihr die Wahl der beſſern Luſt, Wie heiter floͤſſen unſre Tage! Die Freude, welche ſie mit milder Hand bereitet, Reizt ungekauft, ermuͤdet nicht, Iſt ruhig, rein, ſanft wie das Mor- genlicht, Das uͤber friſche Roſen gleitet. O! wie begluͤckt iſt der, den nie ſein Herz verdammt, Und den kein leerer Stolz, kein Durſt nach Gold entflammt! Der, wenn die ganze Welt in Laſtern um ihn brennet, Sich kalt erhaͤlt, nach keinen Wuͤrden rennet; Und, fern vom Laͤrm der Falſchheits- vollen Stadt, Frey unter Linden ruht, die er gepflanzet hat! Noch rinnt und rauſcht die Wieſen- quelle, Noch iſt die Laube kuͤhl und gruͤn; Noch ſcheint der liebe Mond ſo helle, Wie er durch Adams Baͤume ſchien — O! wunderſchoͤn iſt Gottes Erde, Und werth, darauf vergnuͤgt zu ſeyn! Drum will ich, bis ich Aſche werde, Mich dieſer ſchoͤnen Erde freun. Schoͤn III Band. X

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/171>, abgerufen am 28.04.2024.