Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Van't Hoff, Jakobus Heinrich: Gedächtnisrede auf Hans Heinrich Landolt. Berlin, 1911.

Bild:
<< vorherige Seite

4 VAN'T HOFF:


Mit neunzehn Jahren bezog Landolt die Universität in seiner Vater-
stadt zum Studium der Chemie und Physik, erstere unter Löwig; und in
demselben Jahre erschien noch seine Erstlingsarbeit über "Stibmethyl" in
den "Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich". Bei Löwig
alsbald Assistent geworden, folgte er demselben dann 1853 nach Breslau,
um damit ständig die Schweiz zu verlassen. Hierzu möge beigetragen
haben, daß Landolt früh elternlos geworden war: aber er hielt die Bande
mit seiner Vaterstadt durch alljährlichen Besuch und Pflege der vielen
persönlichen Beziehungen aufrecht.


Breslau, Berlin und Heidelberg (1853--1856).


Eingeleitet durch die Übersiedlung nach Breslau, folgen nun Landolts
Wanderjahre, die ihn über Berlin und Heidelberg für kurze Zeit wieder
nach Breslau zurückführten.
Zunächst erhielt er noch 1853 in Breslau unter seinem damaligen
Chef Löwig auf Grund einer Inauguraldissertation "Über die Arsenäthyle"
den philosophischen Doktorgrad. Diese sich der Erstlingsarbeit anschlie-
ßende Leistung wurde bekanntlich für die Valenzlehre von großer Bedeutung.
Dann wurde die Reise nach Berlin angetreten, besonders veranlaßt durch
die dortige Anwesenheit von Mitscherlich, Rose, Johannes Müller
und Dubois, deren Vorlesungen er hörte. Nur die Gelegenheit zu ex-
perimentellen Arbeiten in einem chemischen Laboratorium war hier damals
kaum vorhanden; und so wurde alsbald Berlin mit Heidelberg vertauscht,
wo eben Bunsen in einem neuen Institut zu wirken angefangen hatte,
dessen Persönlickeit Landolt wohl schon in Breslau gefesselt hatte.
Die Heidelberger Zeit, besonders Bunsens Einfluß, ist wohl für
Landolts Ausbildung maßgebend gewesen, und gern und oft verweilte
er noch in den späteren Jahren bei derselben und bei Bunsens Eigenart,
die der seinigen wohl in vieler Hinsicht nahe stand. Aber auch der
sonstige Verkehr bot überaus viel, wie es mir von noch überlebenden
Freunden, Quincke und Roscoe, mitgeteilt wird:
"Mit von Pebal hatte er zusammen in der Meierei neben dem alten
chemischen Laboratorium in der Hauptstraße seine Wohnung. Am gemein-
samen Mittagstisch im Bayrischen Hof beteiligten sich alsdann unter andern
noch Lothar Meyer, August Kekule, Beilstein, Dr. Bahr (später


4 VAN'T HOFF:


Mit neunzehn Jahren bezog Landolt die Universität in seiner Vater-
stadt zum Studium der Chemie und Physik, erstere unter Löwig; und in
demselben Jahre erschien noch seine Erstlingsarbeit über »Stibmethyl« in
den »Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich«. Bei Löwig
alsbald Assistent geworden, folgte er demselben dann 1853 nach Breslau,
um damit ständig die Schweiz zu verlassen. Hierzu möge beigetragen
haben, daß Landolt früh elternlos geworden war: aber er hielt die Bande
mit seiner Vaterstadt durch alljährlichen Besuch und Pflege der vielen
persönlichen Beziehungen aufrecht.


Breslau, Berlin und Heidelberg (1853—1856).


Eingeleitet durch die Übersiedlung nach Breslau, folgen nun Landolts
Wanderjahre, die ihn über Berlin und Heidelberg für kurze Zeit wieder
nach Breslau zurückführten.
Zunächst erhielt er noch 1853 in Breslau unter seinem damaligen
Chef Löwig auf Grund einer Inauguraldissertation »Über die Arsenäthyle«
den philosophischen Doktorgrad. Diese sich der Erstlingsarbeit anschlie-
ßende Leistung wurde bekanntlich für die Valenzlehre von großer Bedeutung.
Dann wurde die Reise nach Berlin angetreten, besonders veranlaßt durch
die dortige Anwesenheit von Mitscherlich, Rose, Johannes Müller
und Dubois, deren Vorlesungen er hörte. Nur die Gelegenheit zu ex-
perimentellen Arbeiten in einem chemischen Laboratorium war hier damals
kaum vorhanden; und so wurde alsbald Berlin mit Heidelberg vertauscht,
wo eben Bunsen in einem neuen Institut zu wirken angefangen hatte,
dessen Persönlickeit Landolt wohl schon in Breslau gefesselt hatte.
Die Heidelberger Zeit, besonders Bunsens Einfluß, ist wohl für
Landolts Ausbildung maßgebend gewesen, und gern und oft verweilte
er noch in den späteren Jahren bei derselben und bei Bunsens Eigenart,
die der seinigen wohl in vieler Hinsicht nahe stand. Aber auch der
sonstige Verkehr bot überaus viel, wie es mir von noch überlebenden
Freunden, Quincke und Roscoe, mitgeteilt wird:
»Mit von Pebal hatte er zusammen in der Meierei neben dem alten
chemischen Laboratorium in der Hauptstraße seine Wohnung. Am gemein-
samen Mittagstisch im Bayrischen Hof beteiligten sich alsdann unter andern
noch Lothar Meyer, August Kekulé, Beilstein, Dr. Bahr (später

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0006" n="6"/>
        <fw type="header" place="top"><lb/>
4 VAN'T HOFF:</fw>
        <p><lb/>
Mit neunzehn Jahren bezog Landolt die Universität in seiner Vater-<lb/>
stadt zum Studium der Chemie und Physik, erstere unter Löwig; und in<lb/>
demselben Jahre erschien noch seine Erstlingsarbeit über »Stibmethyl« in<lb/>
den »Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich«. Bei Löwig<lb/>
alsbald Assistent geworden, folgte er demselben dann 1853 nach Breslau,<lb/>
um damit ständig die Schweiz zu verlassen. Hierzu möge beigetragen<lb/>
haben, daß Landolt früh elternlos geworden war: aber er hielt die Bande<lb/>
mit seiner Vaterstadt durch alljährlichen Besuch und Pflege der vielen<lb/>
persönlichen Beziehungen aufrecht.</p>
      </div>
      <div>
        <head><lb/>
Breslau, Berlin und Heidelberg (1853&#x2014;1856).</head>
        <p><lb/>
Eingeleitet durch die Übersiedlung nach Breslau, folgen nun Landolts<lb/>
Wanderjahre, die ihn über Berlin und Heidelberg für kurze Zeit wieder<lb/>
nach Breslau zurückführten.<lb/>
Zunächst erhielt er noch 1853 in Breslau unter seinem damaligen<lb/>
Chef Löwig auf Grund einer Inauguraldissertation »Über die Arsenäthyle«<lb/>
den philosophischen Doktorgrad. Diese sich der Erstlingsarbeit anschlie-<lb/>
ßende Leistung wurde bekanntlich für die Valenzlehre von großer Bedeutung.<lb/>
Dann wurde die Reise nach Berlin angetreten, besonders veranlaßt durch<lb/>
die dortige Anwesenheit von Mitscherlich, Rose, Johannes Müller<lb/>
und Dubois, deren Vorlesungen er hörte. Nur die Gelegenheit zu ex-<lb/>
perimentellen Arbeiten in einem chemischen Laboratorium war hier damals<lb/>
kaum vorhanden; und so wurde alsbald Berlin mit Heidelberg vertauscht,<lb/>
wo eben Bunsen in einem neuen Institut zu wirken angefangen hatte,<lb/>
dessen Persönlickeit Landolt wohl schon in Breslau gefesselt hatte.<lb/>
Die Heidelberger Zeit, besonders Bunsens Einfluß, ist wohl für<lb/>
Landolts Ausbildung maßgebend gewesen, und gern und oft verweilte<lb/>
er noch in den späteren Jahren bei derselben und bei Bunsens Eigenart,<lb/>
die der seinigen wohl in vieler Hinsicht nahe stand. Aber auch der<lb/>
sonstige Verkehr bot überaus viel, wie es mir von noch überlebenden<lb/>
Freunden, Quincke und Roscoe, mitgeteilt wird:<lb/>
»Mit von Pebal hatte er zusammen in der Meierei neben dem alten<lb/>
chemischen Laboratorium in der Hauptstraße seine Wohnung. Am gemein-<lb/>
samen Mittagstisch im Bayrischen Hof beteiligten sich alsdann unter andern<lb/>
noch Lothar Meyer, August Kekulé, Beilstein, Dr. Bahr (später</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0006] 4 VAN'T HOFF: Mit neunzehn Jahren bezog Landolt die Universität in seiner Vater- stadt zum Studium der Chemie und Physik, erstere unter Löwig; und in demselben Jahre erschien noch seine Erstlingsarbeit über »Stibmethyl« in den »Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich«. Bei Löwig alsbald Assistent geworden, folgte er demselben dann 1853 nach Breslau, um damit ständig die Schweiz zu verlassen. Hierzu möge beigetragen haben, daß Landolt früh elternlos geworden war: aber er hielt die Bande mit seiner Vaterstadt durch alljährlichen Besuch und Pflege der vielen persönlichen Beziehungen aufrecht. Breslau, Berlin und Heidelberg (1853—1856). Eingeleitet durch die Übersiedlung nach Breslau, folgen nun Landolts Wanderjahre, die ihn über Berlin und Heidelberg für kurze Zeit wieder nach Breslau zurückführten. Zunächst erhielt er noch 1853 in Breslau unter seinem damaligen Chef Löwig auf Grund einer Inauguraldissertation »Über die Arsenäthyle« den philosophischen Doktorgrad. Diese sich der Erstlingsarbeit anschlie- ßende Leistung wurde bekanntlich für die Valenzlehre von großer Bedeutung. Dann wurde die Reise nach Berlin angetreten, besonders veranlaßt durch die dortige Anwesenheit von Mitscherlich, Rose, Johannes Müller und Dubois, deren Vorlesungen er hörte. Nur die Gelegenheit zu ex- perimentellen Arbeiten in einem chemischen Laboratorium war hier damals kaum vorhanden; und so wurde alsbald Berlin mit Heidelberg vertauscht, wo eben Bunsen in einem neuen Institut zu wirken angefangen hatte, dessen Persönlickeit Landolt wohl schon in Breslau gefesselt hatte. Die Heidelberger Zeit, besonders Bunsens Einfluß, ist wohl für Landolts Ausbildung maßgebend gewesen, und gern und oft verweilte er noch in den späteren Jahren bei derselben und bei Bunsens Eigenart, die der seinigen wohl in vieler Hinsicht nahe stand. Aber auch der sonstige Verkehr bot überaus viel, wie es mir von noch überlebenden Freunden, Quincke und Roscoe, mitgeteilt wird: »Mit von Pebal hatte er zusammen in der Meierei neben dem alten chemischen Laboratorium in der Hauptstraße seine Wohnung. Am gemein- samen Mittagstisch im Bayrischen Hof beteiligten sich alsdann unter andern noch Lothar Meyer, August Kekulé, Beilstein, Dr. Bahr (später

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Akademiebibliothek: Bereitstellung der Digitalisate und OCR. (2020-03-03T12:13:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, OCR-D: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-03-04T12:13:05Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: ignoriert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;
  • I/J in Fraktur: wie Vorlage;
  • i/j in Fraktur: wie Vorlage;
  • Kolumnentitel: nicht übernommen;
  • Kustoden: nicht übernommen;
  • langes s (ſ): wie Vorlage;
  • Normalisierungen: keine;
  • rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: wie Vorlage;
  • u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
  • Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: ja;



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoff_landolt_1911
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoff_landolt_1911/6
Zitationshilfe: Van't Hoff, Jakobus Heinrich: Gedächtnisrede auf Hans Heinrich Landolt. Berlin, 1911, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoff_landolt_1911/6>, abgerufen am 27.04.2024.