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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

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der Mann willkommen, und ich stand nicht
an, ihn zu fragen, ob er sich getraue, meine
durch die lange Reise, und noch dazu durch
übles Verschneiden ganz in Verwirrung ge¬
rathene Haare in Ordnung zu bringen! Er
sah meinen Kopf mit kunstrichterlichen Augen
an, und sprach, indem er die rechte Hand,
graziös gekrümmt, mit ausgespreitzten Fin¬
gern auf die rechte Brust legte. "In Ord¬
nung bringen? -- O Gott! Pietro Belcampo,
Du, den die schnöden Neider schlechtweg Pe¬
ter Schönfeld nennen, wie den göttlichen
Regimentspfeifer und Hornisten Giacomo
Punto, Jakob Stich, Du wirst verkannt. Aber
stellst Du nicht selbst Dein Licht unter den
Scheffel, statt es leuchten zu lassen vor der
Welt? Sollte der Bau dieser Hand, sollte
der Funke des Genies, der aus diesem Auge
strahlt, und wie ein lieblich Morgenroth die
Nase färbt im Vorbeistreifen, sollte Dein gan¬
zes Wesen nicht dem ersten Blick des Ken¬
ners verrathen, daß der Geist Dir einwohnt,

der Mann willkommen, und ich ſtand nicht
an, ihn zu fragen, ob er ſich getraue, meine
durch die lange Reiſe, und noch dazu durch
uͤbles Verſchneiden ganz in Verwirrung ge¬
rathene Haare in Ordnung zu bringen! Er
ſah meinen Kopf mit kunſtrichterlichen Augen
an, und ſprach, indem er die rechte Hand,
grazioͤs gekruͤmmt, mit ausgeſpreitzten Fin¬
gern auf die rechte Bruſt legte. „In Ord¬
nung bringen? — O Gott! Pietro Belcampo,
Du, den die ſchnoͤden Neider ſchlechtweg Pe¬
ter Schoͤnfeld nennen, wie den goͤttlichen
Regimentspfeifer und Horniſten Giacomo
Punto, Jakob Stich, Du wirſt verkannt. Aber
ſtellſt Du nicht ſelbſt Dein Licht unter den
Scheffel, ſtatt es leuchten zu laſſen vor der
Welt? Sollte der Bau dieſer Hand, ſollte
der Funke des Genies, der aus dieſem Auge
ſtrahlt, und wie ein lieblich Morgenroth die
Naſe faͤrbt im Vorbeiſtreifen, ſollte Dein gan¬
zes Weſen nicht dem erſten Blick des Ken¬
ners verrathen, daß der Geiſt Dir einwohnt,

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[202/0218] der Mann willkommen, und ich ſtand nicht an, ihn zu fragen, ob er ſich getraue, meine durch die lange Reiſe, und noch dazu durch uͤbles Verſchneiden ganz in Verwirrung ge¬ rathene Haare in Ordnung zu bringen! Er ſah meinen Kopf mit kunſtrichterlichen Augen an, und ſprach, indem er die rechte Hand, grazioͤs gekruͤmmt, mit ausgeſpreitzten Fin¬ gern auf die rechte Bruſt legte. „In Ord¬ nung bringen? — O Gott! Pietro Belcampo, Du, den die ſchnoͤden Neider ſchlechtweg Pe¬ ter Schoͤnfeld nennen, wie den goͤttlichen Regimentspfeifer und Horniſten Giacomo Punto, Jakob Stich, Du wirſt verkannt. Aber ſtellſt Du nicht ſelbſt Dein Licht unter den Scheffel, ſtatt es leuchten zu laſſen vor der Welt? Sollte der Bau dieſer Hand, ſollte der Funke des Genies, der aus dieſem Auge ſtrahlt, und wie ein lieblich Morgenroth die Naſe faͤrbt im Vorbeiſtreifen, ſollte Dein gan¬ zes Weſen nicht dem erſten Blick des Ken¬ ners verrathen, daß der Geiſt Dir einwohnt,

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/218>, abgerufen am 27.04.2024.