Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

flachen Hand. "Werthester Gönner und
Mäzen, fing er an: ich habe mich nicht in
Ihnen betrogen, der Geist leitete meine Hand,
und im Adlerflug des Backenbarts sind Ihre
hohe Gesinnungen rein ausgesprochen. Ich
habe einen Freund, einen Damon, einen
Orest, der das am Körper vollendet, was ich
am Haupt begonnen, mit demselben tiefen
Sinn, mit demselben Genie. Sie merken,
mein Herr, daß es ein Kostumkünstler ist,
denn so nenne ich ihn, statt des gewöhnlichen
trivialen Ausdrucks Schneider. -- Er ver¬
liert sich gern in das Ideelle, und so hat er,
Formen und Gestalten in der Fantasie bil¬
dend, ein Magazin der verschiedensten Klei¬
dungsstücke angelegt. Sie erblicken den mo¬
dernen Elegant in allen möglichen Nüancen,
wie er, bald keck und kühn alles überleuch¬
tend, bald in sich versunken nichts beachtend,
bald naiv tändelnd, bald ironisch, witzig,
übellaunigt, schwermüthig, bizarr, ausgelas¬
sen, zierlich, burschikos erscheinen will. Der

flachen Hand. „Wertheſter Goͤnner und
Maͤzen, fing er an: ich habe mich nicht in
Ihnen betrogen, der Geiſt leitete meine Hand,
und im Adlerflug des Backenbarts ſind Ihre
hohe Geſinnungen rein ausgeſprochen. Ich
habe einen Freund, einen Damon, einen
Oreſt, der das am Koͤrper vollendet, was ich
am Haupt begonnen, mit demſelben tiefen
Sinn, mit demſelben Genie. Sie merken,
mein Herr, daß es ein Koſtumkuͤnſtler iſt,
denn ſo nenne ich ihn, ſtatt des gewoͤhnlichen
trivialen Ausdrucks Schneider. — Er ver¬
liert ſich gern in das Ideelle, und ſo hat er,
Formen und Geſtalten in der Fantaſie bil¬
dend, ein Magazin der verſchiedenſten Klei¬
dungsſtuͤcke angelegt. Sie erblicken den mo¬
dernen Elegant in allen moͤglichen Nuͤancen,
wie er, bald keck und kuͤhn alles uͤberleuch¬
tend, bald in ſich verſunken nichts beachtend,
bald naiv taͤndelnd, bald ironiſch, witzig,
uͤbellaunigt, ſchwermuͤthig, bizarr, ausgelaſ¬
ſen, zierlich, burſchikos erſcheinen will. Der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0228" n="212"/>
flachen Hand. &#x201E;Werthe&#x017F;ter Go&#x0364;nner und<lb/>
Ma&#x0364;zen, fing er an: ich habe mich nicht in<lb/>
Ihnen betrogen, der Gei&#x017F;t leitete meine Hand,<lb/>
und im Adlerflug des Backenbarts &#x017F;ind Ihre<lb/>
hohe Ge&#x017F;innungen rein ausge&#x017F;prochen. Ich<lb/>
habe einen Freund, einen Damon, einen<lb/>
Ore&#x017F;t, der das am Ko&#x0364;rper vollendet, was ich<lb/>
am Haupt begonnen, mit dem&#x017F;elben tiefen<lb/>
Sinn, mit dem&#x017F;elben Genie. Sie merken,<lb/>
mein Herr, daß es ein Ko&#x017F;tumku&#x0364;n&#x017F;tler i&#x017F;t,<lb/>
denn &#x017F;o nenne ich ihn, &#x017F;tatt des gewo&#x0364;hnlichen<lb/>
trivialen Ausdrucks <hi rendition="#g">Schneider</hi>. &#x2014; Er ver¬<lb/>
liert &#x017F;ich gern in das Ideelle, und &#x017F;o hat er,<lb/>
Formen und Ge&#x017F;talten in der Fanta&#x017F;ie bil¬<lb/>
dend, ein Magazin der ver&#x017F;chieden&#x017F;ten Klei¬<lb/>
dungs&#x017F;tu&#x0364;cke angelegt. Sie erblicken den mo¬<lb/>
dernen Elegant in allen mo&#x0364;glichen Nu&#x0364;ancen,<lb/>
wie er, bald keck und ku&#x0364;hn alles u&#x0364;berleuch¬<lb/>
tend, bald in &#x017F;ich ver&#x017F;unken nichts beachtend,<lb/>
bald naiv ta&#x0364;ndelnd, bald ironi&#x017F;ch, witzig,<lb/>
u&#x0364;bellaunigt, &#x017F;chwermu&#x0364;thig, bizarr, ausgela&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;en, zierlich, bur&#x017F;chikos er&#x017F;cheinen will. Der<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0228] flachen Hand. „Wertheſter Goͤnner und Maͤzen, fing er an: ich habe mich nicht in Ihnen betrogen, der Geiſt leitete meine Hand, und im Adlerflug des Backenbarts ſind Ihre hohe Geſinnungen rein ausgeſprochen. Ich habe einen Freund, einen Damon, einen Oreſt, der das am Koͤrper vollendet, was ich am Haupt begonnen, mit demſelben tiefen Sinn, mit demſelben Genie. Sie merken, mein Herr, daß es ein Koſtumkuͤnſtler iſt, denn ſo nenne ich ihn, ſtatt des gewoͤhnlichen trivialen Ausdrucks Schneider. — Er ver¬ liert ſich gern in das Ideelle, und ſo hat er, Formen und Geſtalten in der Fantaſie bil¬ dend, ein Magazin der verſchiedenſten Klei¬ dungsſtuͤcke angelegt. Sie erblicken den mo¬ dernen Elegant in allen moͤglichen Nuͤancen, wie er, bald keck und kuͤhn alles uͤberleuch¬ tend, bald in ſich verſunken nichts beachtend, bald naiv taͤndelnd, bald ironiſch, witzig, uͤbellaunigt, ſchwermuͤthig, bizarr, ausgelaſ¬ ſen, zierlich, burſchikos erſcheinen will. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/228
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/228>, abgerufen am 30.04.2024.