Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

laut schreit sie auf: Er ist ein Märtirer, ein
Heiliger -- seht hier das Zeichen des Herrn,
das er am Halse trägt, -- da wirft sich Al¬
les auf die Knie. -- Glücklich, der den Kör¬
per des Heiligen berühren, der nur sein
Gewand erfassen kann! -- schnell ist eine
Bahre gebracht, der Körper hinaufgelegt,
mit Blumen bekränzt, und im Triumphzuge
unter lautem Gesang und Gebet tragen ihn
Jünglinge nach St. Peter! -- So arbeitete
meine Fantasie ein Gemälde aus, das meine
Verherrlichung hienieden mit lebendigen Far¬
ben darstellte, und nicht gedenkend, nicht ah¬
nend, wie der böse Geist des sündlichen Stol¬
zes mich auf neue Weise zu verlocken trach¬
te, beschloß ich, nach meiner völligen Gene¬
sung in Rom zu bleiben, meine bisherige
Lebensweise fortzusetzen, und so entweder
glorreich zu sterben oder, durch den Papst
meinen Feinden entrissen, emporzusteigen zu
hohen Würde der Kirche. -- Meine starke
lebenskräftige Natur ließ mich endlich den

laut ſchreit ſie auf: Er iſt ein Maͤrtirer, ein
Heiliger — ſeht hier das Zeichen des Herrn,
das er am Halſe traͤgt, — da wirft ſich Al¬
les auf die Knie. — Gluͤcklich, der den Koͤr¬
per des Heiligen beruͤhren, der nur ſein
Gewand erfaſſen kann! — ſchnell iſt eine
Bahre gebracht, der Koͤrper hinaufgelegt,
mit Blumen bekraͤnzt, und im Triumphzuge
unter lautem Geſang und Gebet tragen ihn
Juͤnglinge nach St. Peter! — So arbeitete
meine Fantaſie ein Gemaͤlde aus, das meine
Verherrlichung hienieden mit lebendigen Far¬
ben darſtellte, und nicht gedenkend, nicht ah¬
nend, wie der boͤſe Geiſt des ſuͤndlichen Stol¬
zes mich auf neue Weiſe zu verlocken trach¬
te, beſchloß ich, nach meiner voͤlligen Gene¬
ſung in Rom zu bleiben, meine bisherige
Lebensweiſe fortzuſetzen, und ſo entweder
glorreich zu ſterben oder, durch den Papſt
meinen Feinden entriſſen, emporzuſteigen zu
hohen Wuͤrde der Kirche. — Meine ſtarke
lebenskraͤftige Natur ließ mich endlich den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0295" n="287"/>
laut &#x017F;chreit &#x017F;ie auf: Er i&#x017F;t ein Ma&#x0364;rtirer, ein<lb/>
Heiliger &#x2014; &#x017F;eht hier das Zeichen des Herrn,<lb/>
das er am Hal&#x017F;e tra&#x0364;gt, &#x2014; da wirft &#x017F;ich Al¬<lb/>
les auf die Knie. &#x2014; Glu&#x0364;cklich, der den Ko&#x0364;<lb/>
per des Heiligen beru&#x0364;hren, der nur &#x017F;ein<lb/>
Gewand erfa&#x017F;&#x017F;en kann! &#x2014; &#x017F;chnell i&#x017F;t eine<lb/>
Bahre gebracht, der Ko&#x0364;rper hinaufgelegt,<lb/>
mit Blumen bekra&#x0364;nzt, und im Triumphzuge<lb/>
unter lautem Ge&#x017F;ang und Gebet tragen ihn<lb/>
Ju&#x0364;nglinge nach St. Peter! &#x2014; So arbeitete<lb/>
meine <choice><sic>Fan:a&#x017F;ie</sic><corr>Fanta&#x017F;ie</corr></choice> ein Gema&#x0364;lde aus, das meine<lb/>
Verherrlichung hienieden mit lebendigen Far¬<lb/>
ben dar&#x017F;tellte, und nicht gedenkend, nicht ah¬<lb/>
nend, wie der bo&#x0364;&#x017F;e Gei&#x017F;t des &#x017F;u&#x0364;ndlichen Stol¬<lb/>
zes mich auf neue Wei&#x017F;e zu verlocken trach¬<lb/>
te, be&#x017F;chloß ich, nach meiner vo&#x0364;lligen Gene¬<lb/>
&#x017F;ung in Rom zu bleiben, meine bisherige<lb/>
Lebenswei&#x017F;e fortzu&#x017F;etzen, und &#x017F;o entweder<lb/>
glorreich zu &#x017F;terben oder, durch den Pap&#x017F;t<lb/>
meinen Feinden entri&#x017F;&#x017F;en, emporzu&#x017F;teigen zu<lb/>
hohen Wu&#x0364;rde der Kirche. &#x2014; Meine &#x017F;tarke<lb/>
lebenskra&#x0364;ftige Natur ließ mich endlich den<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[287/0295] laut ſchreit ſie auf: Er iſt ein Maͤrtirer, ein Heiliger — ſeht hier das Zeichen des Herrn, das er am Halſe traͤgt, — da wirft ſich Al¬ les auf die Knie. — Gluͤcklich, der den Koͤr¬ per des Heiligen beruͤhren, der nur ſein Gewand erfaſſen kann! — ſchnell iſt eine Bahre gebracht, der Koͤrper hinaufgelegt, mit Blumen bekraͤnzt, und im Triumphzuge unter lautem Geſang und Gebet tragen ihn Juͤnglinge nach St. Peter! — So arbeitete meine Fantaſie ein Gemaͤlde aus, das meine Verherrlichung hienieden mit lebendigen Far¬ ben darſtellte, und nicht gedenkend, nicht ah¬ nend, wie der boͤſe Geiſt des ſuͤndlichen Stol¬ zes mich auf neue Weiſe zu verlocken trach¬ te, beſchloß ich, nach meiner voͤlligen Gene¬ ſung in Rom zu bleiben, meine bisherige Lebensweiſe fortzuſetzen, und ſo entweder glorreich zu ſterben oder, durch den Papſt meinen Feinden entriſſen, emporzuſteigen zu hohen Wuͤrde der Kirche. — Meine ſtarke lebenskraͤftige Natur ließ mich endlich den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/295
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/295>, abgerufen am 14.05.2024.