Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

denz bei dem Anblick der Fürstin gefühlt,
und statt daß ich, ehe die Aebtissin jene
Worte sprach, mich hätte vor ihr niederwer¬
fen mögen in den Staub, wollte ich keck und
kühn vor sie hintreten und sprechen: warst
Du denn immer solch ein überirdisches Weib,
daß die Lust der Erde Dir nicht aufging? ...
Als Du meinen Vater sahst, verwahrtest
Du denn immer Dich so, daß der Gedanke der
Sünde nicht Raum fand? ... Ey sage doch,
ob selbst dann, als schon die Inful und der
Stab dich schmückten, in unbewachten Augen¬
blicken meines Vaters Bild, nicht Sehnsucht
nach irdischer Lust in Dir aufregte? ... Was
empfandest Du denn, Stolze! als Du den
Sohn des Geliebten an Dein Herz drücktest,
und den Namen des Verlorenen, war er
gleich ein frevelicher Sünder, so schmerzvoll
riefst? -- Hast Du jemals gekämpft mit der
dunklen Macht wie ich? -- Kannst Du Dich
eines wahren Sieges erfreuen, wenn kein
harter Kampf vorherging? -- Fühlst Du

denz bei dem Anblick der Fuͤrſtin gefuͤhlt,
und ſtatt daß ich, ehe die Aebtiſſin jene
Worte ſprach, mich haͤtte vor ihr niederwer¬
fen moͤgen in den Staub, wollte ich keck und
kuͤhn vor ſie hintreten und ſprechen: warſt
Du denn immer ſolch ein uͤberirdiſches Weib,
daß die Luſt der Erde Dir nicht aufging? ...
Als Du meinen Vater ſahſt, verwahrteſt
Du denn immer Dich ſo, daß der Gedanke der
Suͤnde nicht Raum fand? ... Ey ſage doch,
ob ſelbſt dann, als ſchon die Inful und der
Stab dich ſchmuͤckten, in unbewachten Augen¬
blicken meines Vaters Bild, nicht Sehnſucht
nach irdiſcher Luſt in Dir aufregte? ... Was
empfandeſt Du denn, Stolze! als Du den
Sohn des Geliebten an Dein Herz druͤckteſt,
und den Namen des Verlorenen, war er
gleich ein frevelicher Suͤnder, ſo ſchmerzvoll
riefſt? — Haſt Du jemals gekaͤmpft mit der
dunklen Macht wie ich? — Kannſt Du Dich
eines wahren Sieges erfreuen, wenn kein
harter Kampf vorherging? — Fuͤhlſt Du

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0350" n="342"/>
denz bei dem Anblick der Fu&#x0364;r&#x017F;tin gefu&#x0364;hlt,<lb/>
und &#x017F;tatt daß ich, ehe die Aebti&#x017F;&#x017F;in jene<lb/>
Worte &#x017F;prach, mich ha&#x0364;tte vor ihr niederwer¬<lb/>
fen mo&#x0364;gen in den Staub, wollte ich keck und<lb/>
ku&#x0364;hn vor &#x017F;ie hintreten und &#x017F;prechen: war&#x017F;t<lb/>
Du denn immer &#x017F;olch ein u&#x0364;berirdi&#x017F;ches Weib,<lb/>
daß die Lu&#x017F;t der Erde Dir nicht aufging? ...<lb/>
Als Du meinen Vater &#x017F;ah&#x017F;t, verwahrte&#x017F;t<lb/>
Du denn immer Dich &#x017F;o, daß der Gedanke der<lb/>
Su&#x0364;nde nicht Raum fand? ... Ey &#x017F;age doch,<lb/>
ob &#x017F;elb&#x017F;t dann, als &#x017F;chon die Inful und der<lb/>
Stab dich &#x017F;chmu&#x0364;ckten, in unbewachten Augen¬<lb/>
blicken meines Vaters Bild, nicht Sehn&#x017F;ucht<lb/>
nach irdi&#x017F;cher Lu&#x017F;t in Dir aufregte? ... Was<lb/>
empfande&#x017F;t Du denn, Stolze! als Du den<lb/>
Sohn des Geliebten an Dein Herz dru&#x0364;ckte&#x017F;t,<lb/>
und den Namen des Verlorenen, war er<lb/>
gleich ein frevelicher Su&#x0364;nder, &#x017F;o &#x017F;chmerzvoll<lb/>
rief&#x017F;t? &#x2014; Ha&#x017F;t Du jemals geka&#x0364;mpft mit der<lb/>
dunklen Macht wie ich? &#x2014; Kann&#x017F;t Du Dich<lb/>
eines wahren Sieges erfreuen, wenn kein<lb/>
harter Kampf vorherging? &#x2014; Fu&#x0364;hl&#x017F;t Du<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0350] denz bei dem Anblick der Fuͤrſtin gefuͤhlt, und ſtatt daß ich, ehe die Aebtiſſin jene Worte ſprach, mich haͤtte vor ihr niederwer¬ fen moͤgen in den Staub, wollte ich keck und kuͤhn vor ſie hintreten und ſprechen: warſt Du denn immer ſolch ein uͤberirdiſches Weib, daß die Luſt der Erde Dir nicht aufging? ... Als Du meinen Vater ſahſt, verwahrteſt Du denn immer Dich ſo, daß der Gedanke der Suͤnde nicht Raum fand? ... Ey ſage doch, ob ſelbſt dann, als ſchon die Inful und der Stab dich ſchmuͤckten, in unbewachten Augen¬ blicken meines Vaters Bild, nicht Sehnſucht nach irdiſcher Luſt in Dir aufregte? ... Was empfandeſt Du denn, Stolze! als Du den Sohn des Geliebten an Dein Herz druͤckteſt, und den Namen des Verlorenen, war er gleich ein frevelicher Suͤnder, ſo ſchmerzvoll riefſt? — Haſt Du jemals gekaͤmpft mit der dunklen Macht wie ich? — Kannſt Du Dich eines wahren Sieges erfreuen, wenn kein harter Kampf vorherging? — Fuͤhlſt Du

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/350
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/350>, abgerufen am 15.05.2024.