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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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dem Peregrinus entgegen. Er wünsche nicht, sprach
Herr Swammer, seinen lieben Herrn Wirth in ir¬
gend einem Geschäft zu stören; seine Pflicht als Mie¬
ther erfordere es aber, gleich am Morgen dem Haus¬
wirth anzuzeigen, daß er in der Nacht genöthigt wor¬
den, ein hülfloses Frauenzimmer bei sich aufzuneh¬
men, das sich der Tiranney eines bösen Oheims ent¬
ziehen wolle und daher wohl einige Zeit in dem Hause
zubringen werde, wozu es indessen der Erlaubniß des
gütigen Wirths bedürfe, um die er hiemit ansuche.

Unwillkührlich fragte Peregrinus, wer denn das
hülflose Frauenzimmer sey, ohne daran zu denken,
daß dieß in der That die zweckmäßigste Frage war, die
er thun konnte um die Spur des seltsamen Geheim¬
nisses zu verfolgen.

"Es ist," erwiederte Herr Swammer, "es ist
recht und billig, daß der Hauswirth wisse, wen er
in seinem Hause beherbergt. Erfahren Sie also, ver¬
ehrter Herr Tyß! daß das Mädchen das sich zu mir
geflüchtet, niemand anders ist, als die hübsche Hol¬
länderin Dörtje Elverdink, Nichte des berühmten Leu¬
wenhöck, der, wie Sie wissen, hier die wunderbaren
mikroskopischen Kunststücke zeigt. Leuwenhöck ist sonst
mein Intimus, aber ich muß bekennen, daß er ein
harter Mann ist und die arme Dörtje, die noch dazu

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dem Peregrinus entgegen. Er wünſche nicht, ſprach
Herr Swammer, ſeinen lieben Herrn Wirth in ir¬
gend einem Geſchäft zu ſtören; ſeine Pflicht als Mie¬
ther erfordere es aber, gleich am Morgen dem Haus¬
wirth anzuzeigen, daß er in der Nacht genöthigt wor¬
den, ein hülfloſes Frauenzimmer bei ſich aufzuneh¬
men, das ſich der Tiranney eines böſen Oheims ent¬
ziehen wolle und daher wohl einige Zeit in dem Hauſe
zubringen werde, wozu es indeſſen der Erlaubniß des
gütigen Wirths bedürfe, um die er hiemit anſuche.

Unwillkührlich fragte Peregrinus, wer denn das
hülfloſe Frauenzimmer ſey, ohne daran zu denken,
daß dieß in der That die zweckmäßigſte Frage war, die
er thun konnte um die Spur des ſeltſamen Geheim¬
niſſes zu verfolgen.

»Es iſt,» erwiederte Herr Swammer, »es iſt
recht und billig, daß der Hauswirth wiſſe, wen er
in ſeinem Hauſe beherbergt. Erfahren Sie alſo, ver¬
ehrter Herr Tyß! daß das Mädchen das ſich zu mir
geflüchtet, niemand anders iſt, als die hübſche Hol¬
länderin Dörtje Elverdink, Nichte des berühmten Leu¬
wenhöck, der, wie Sie wiſſen, hier die wunderbaren
mikroskopiſchen Kunſtſtücke zeigt. Leuwenhöck iſt ſonſt
mein Intimus, aber ich muß bekennen, daß er ein
harter Mann iſt und die arme Dörtje, die noch dazu

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[115/0120] dem Peregrinus entgegen. Er wünſche nicht, ſprach Herr Swammer, ſeinen lieben Herrn Wirth in ir¬ gend einem Geſchäft zu ſtören; ſeine Pflicht als Mie¬ ther erfordere es aber, gleich am Morgen dem Haus¬ wirth anzuzeigen, daß er in der Nacht genöthigt wor¬ den, ein hülfloſes Frauenzimmer bei ſich aufzuneh¬ men, das ſich der Tiranney eines böſen Oheims ent¬ ziehen wolle und daher wohl einige Zeit in dem Hauſe zubringen werde, wozu es indeſſen der Erlaubniß des gütigen Wirths bedürfe, um die er hiemit anſuche. Unwillkührlich fragte Peregrinus, wer denn das hülfloſe Frauenzimmer ſey, ohne daran zu denken, daß dieß in der That die zweckmäßigſte Frage war, die er thun konnte um die Spur des ſeltſamen Geheim¬ niſſes zu verfolgen. »Es iſt,» erwiederte Herr Swammer, »es iſt recht und billig, daß der Hauswirth wiſſe, wen er in ſeinem Hauſe beherbergt. Erfahren Sie alſo, ver¬ ehrter Herr Tyß! daß das Mädchen das ſich zu mir geflüchtet, niemand anders iſt, als die hübſche Hol¬ länderin Dörtje Elverdink, Nichte des berühmten Leu¬ wenhöck, der, wie Sie wiſſen, hier die wunderbaren mikroskopiſchen Kunſtſtücke zeigt. Leuwenhöck iſt ſonſt mein Intimus, aber ich muß bekennen, daß er ein harter Mann iſt und die arme Dörtje, die noch dazu 8 *

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/120>, abgerufen am 12.05.2024.