Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

"täuscht sahen, erst murrten und dann ausbrachen in
"lichterlohen Zorn. Sie beschuldigten mich des schnö¬
"desten Betruges, und wollten mir, da sie sich im¬
"mer mehr erhitzten und keine Entschuldigung mehr
"hörten, zu Leibe, um selbst Rache zu nehmen.
"Was konnt' ich, um einer Tracht Schläge zu ent¬
"gehen, besseres thun, als sogleich das große Mi¬
"kroskop in Bewegung setzen und die Leute ganz ein¬
"hüllen in Creaturen, vor denen sie sich entsetzten,
"wie das dem Pöbel eigen." --

"Aber," fragte Pepusch, "aber sagt mir nur
"Leuwenhöck, wie es geschehen konnte, daß Euch Eure
"wohlexerzirte Mannschaft, die so viel Treue bewie¬
"sen, plötzlich auf und davon gehen konnte, ohne
"daß Ihr es sogleich gewahr wurdet?"

"O," jammerte der Flohbändiger, "o Pepusch!
"er hat mich verlassen, er, durch den allein ich
"Herrscher war und er ist es, dessen bösem Verrath
"ich meine Blindheit, all mein Unglück zuschreibe!"

"Hab' ich," erwiederte Pepusch, "hab' ich Euch
"nicht schon längst gewarnt, Eure Sache nicht auf
"Künsteleien zu stellen, die Ihr, ich weiß es, ohne
"den Besitz des Meisters nicht vollbringen könnet und
"wie dieser Besitz aller Mühe unerachtet doch auf dem
"Spiele steht, habt Ihr eben jetzt erfahren." --

»täuſcht ſahen, erſt murrten und dann ausbrachen in
»lichterlohen Zorn. Sie beſchuldigten mich des ſchnö¬
»deſten Betruges, und wollten mir, da ſie ſich im¬
»mer mehr erhitzten und keine Entſchuldigung mehr
»hörten, zu Leibe, um ſelbſt Rache zu nehmen.
»Was konnt' ich, um einer Tracht Schläge zu ent¬
»gehen, beſſeres thun, als ſogleich das große Mi¬
»kroskop in Bewegung ſetzen und die Leute ganz ein¬
»hüllen in Creaturen, vor denen ſie ſich entſetzten,
»wie das dem Pöbel eigen.» —

»Aber,» fragte Pepuſch, »aber ſagt mir nur
»Leuwenhöck, wie es geſchehen konnte, daß Euch Eure
»wohlexerzirte Mannſchaft, die ſo viel Treue bewie¬
»ſen, plötzlich auf und davon gehen konnte, ohne
»daß Ihr es ſogleich gewahr wurdet?»

»O,» jammerte der Flohbändiger, »o Pepuſch!
»er hat mich verlaſſen, er, durch den allein ich
»Herrſcher war und er iſt es, deſſen böſem Verrath
»ich meine Blindheit, all mein Unglück zuſchreibe!»

»Hab' ich,» erwiederte Pepuſch, »hab' ich Euch
»nicht ſchon längſt gewarnt, Eure Sache nicht auf
»Künſteleien zu ſtellen, die Ihr, ich weiß es, ohne
»den Beſitz des Meiſters nicht vollbringen könnet und
»wie dieſer Beſitz aller Mühe unerachtet doch auf dem
»Spiele ſteht, habt Ihr eben jetzt erfahren.» —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0057" n="52"/>
»täu&#x017F;cht &#x017F;ahen, er&#x017F;t murrten und dann ausbrachen in<lb/>
»lichterlohen Zorn. Sie be&#x017F;chuldigten mich des &#x017F;chnö¬<lb/>
»de&#x017F;ten Betruges, und wollten mir, da &#x017F;ie &#x017F;ich im¬<lb/>
»mer mehr erhitzten und keine Ent&#x017F;chuldigung mehr<lb/>
»hörten, zu Leibe, um &#x017F;elb&#x017F;t Rache zu nehmen.<lb/>
»Was konnt' ich, um einer Tracht Schläge zu ent¬<lb/>
»gehen, be&#x017F;&#x017F;eres thun, als &#x017F;ogleich das große Mi¬<lb/>
»kroskop in Bewegung &#x017F;etzen und die Leute ganz ein¬<lb/>
»hüllen in Creaturen, vor denen &#x017F;ie &#x017F;ich ent&#x017F;etzten,<lb/>
»wie das dem Pöbel eigen.» &#x2014;</p><lb/>
          <p>»Aber,» fragte Pepu&#x017F;ch, »aber &#x017F;agt mir nur<lb/>
»Leuwenhöck, wie es ge&#x017F;chehen konnte, daß Euch Eure<lb/>
»wohlexerzirte Mann&#x017F;chaft, die &#x017F;o viel Treue bewie¬<lb/>
»&#x017F;en, plötzlich auf und davon gehen konnte, ohne<lb/>
»daß Ihr es &#x017F;ogleich gewahr wurdet?»</p><lb/>
          <p>»O,» jammerte der Flohbändiger, »o Pepu&#x017F;ch!<lb/>
»<hi rendition="#g">er</hi> hat mich verla&#x017F;&#x017F;en, <hi rendition="#g">er</hi>, durch den allein ich<lb/>
»Herr&#x017F;cher war und <hi rendition="#g">er</hi> i&#x017F;t es, de&#x017F;&#x017F;en bö&#x017F;em Verrath<lb/>
»ich meine Blindheit, all mein Unglück zu&#x017F;chreibe!»</p><lb/>
          <p>»Hab' ich,» erwiederte Pepu&#x017F;ch, »hab' ich Euch<lb/>
»nicht &#x017F;chon läng&#x017F;t gewarnt, Eure Sache nicht auf<lb/>
»Kün&#x017F;teleien zu &#x017F;tellen, die Ihr, ich weiß es, ohne<lb/>
»den Be&#x017F;itz des Mei&#x017F;ters nicht vollbringen könnet und<lb/>
»wie die&#x017F;er Be&#x017F;itz aller Mühe unerachtet doch auf dem<lb/>
»Spiele &#x017F;teht, habt Ihr eben jetzt erfahren.» &#x2014;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0057] »täuſcht ſahen, erſt murrten und dann ausbrachen in »lichterlohen Zorn. Sie beſchuldigten mich des ſchnö¬ »deſten Betruges, und wollten mir, da ſie ſich im¬ »mer mehr erhitzten und keine Entſchuldigung mehr »hörten, zu Leibe, um ſelbſt Rache zu nehmen. »Was konnt' ich, um einer Tracht Schläge zu ent¬ »gehen, beſſeres thun, als ſogleich das große Mi¬ »kroskop in Bewegung ſetzen und die Leute ganz ein¬ »hüllen in Creaturen, vor denen ſie ſich entſetzten, »wie das dem Pöbel eigen.» — »Aber,» fragte Pepuſch, »aber ſagt mir nur »Leuwenhöck, wie es geſchehen konnte, daß Euch Eure »wohlexerzirte Mannſchaft, die ſo viel Treue bewie¬ »ſen, plötzlich auf und davon gehen konnte, ohne »daß Ihr es ſogleich gewahr wurdet?» »O,» jammerte der Flohbändiger, »o Pepuſch! »er hat mich verlaſſen, er, durch den allein ich »Herrſcher war und er iſt es, deſſen böſem Verrath »ich meine Blindheit, all mein Unglück zuſchreibe!» »Hab' ich,» erwiederte Pepuſch, »hab' ich Euch »nicht ſchon längſt gewarnt, Eure Sache nicht auf »Künſteleien zu ſtellen, die Ihr, ich weiß es, ohne »den Beſitz des Meiſters nicht vollbringen könnet und »wie dieſer Beſitz aller Mühe unerachtet doch auf dem »Spiele ſteht, habt Ihr eben jetzt erfahren.» —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/57
Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/57>, abgerufen am 28.04.2024.