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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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"Prinzessin in ein solches herrliches Roth, wie es
"kein Maler auf Erden herauszubringen vermag. --
"Ihr wißt, Pepusch! daß die schönsten dunkelrothen
"Nelken, Amaryllen und Cheiranthen eben aus jenem
"Cypressenwäldchen, wo der Egelprinz die schöne Ga¬
"maheh todtküßte, herstammen. Der Genius Thetel
"wollte forteilen, da er noch vor Einbruch der Nacht
"in Samarkand viel zu thun hatte, noch einen Blick
"warf er aber auf die Prinzessin, blieb fest gezaubert
"stehen und betrachtete sie mit der innigsten Wehmuth.
"Da kam ihm plötzlich ein Gedanke. Statt weiter
"zu gehen, nahm er die Prinzessin in die Arme und
"schwang sich mit ihr hoch auf in die Lüfte. -- Zu
"derselben Zeit beobachteten zwei weise Männer, von
"denen einer, nicht verschwiegen sey es, ich selbst
"war, auf der Gallerie eines hohen Thurmes, den
"Lauf der Gestirne. Diese gewahrten hoch über sich
"den Genius Thetel mit der Prinzessin Gamaheh und
"in demselben Augenblick fiel auch dem einen -- doch!
"das gehört für jetzt nicht zur Sache! -- Beide Ma¬
"gier hatten zwar den Genius Thetel erkannt, nicht
"aber die Prinzessin, und erschöpften sich in allerlei
"Vermuthungen, was die Erscheinung wohl zu be¬
"deuten, ohne irgend etwas gewisses oder auch nur
"wahrscheinliches ergrübeln zu können. Bald darauf

»Prinzeſſin in ein ſolches herrliches Roth, wie es
»kein Maler auf Erden herauszubringen vermag. —
»Ihr wißt, Pepuſch! daß die ſchönſten dunkelrothen
»Nelken, Amaryllen und Cheiranthen eben aus jenem
»Cypreſſenwäldchen, wo der Egelprinz die ſchöne Ga¬
»maheh todtküßte, herſtammen. Der Genius Thetel
»wollte forteilen, da er noch vor Einbruch der Nacht
»in Samarkand viel zu thun hatte, noch einen Blick
»warf er aber auf die Prinzeſſin, blieb feſt gezaubert
»ſtehen und betrachtete ſie mit der innigſten Wehmuth.
»Da kam ihm plötzlich ein Gedanke. Statt weiter
»zu gehen, nahm er die Prinzeſſin in die Arme und
»ſchwang ſich mit ihr hoch auf in die Lüfte. — Zu
»derſelben Zeit beobachteten zwei weiſe Männer, von
»denen einer, nicht verſchwiegen ſey es, ich ſelbſt
»war, auf der Gallerie eines hohen Thurmes, den
»Lauf der Geſtirne. Dieſe gewahrten hoch über ſich
»den Genius Thetel mit der Prinzeſſin Gamaheh und
»in demſelben Augenblick fiel auch dem einen — doch!
»das gehört für jetzt nicht zur Sache! — Beide Ma¬
»gier hatten zwar den Genius Thetel erkannt, nicht
»aber die Prinzeſſin, und erſchöpften ſich in allerlei
»Vermuthungen, was die Erſcheinung wohl zu be¬
»deuten, ohne irgend etwas gewiſſes oder auch nur
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[58/0063] »Prinzeſſin in ein ſolches herrliches Roth, wie es »kein Maler auf Erden herauszubringen vermag. — »Ihr wißt, Pepuſch! daß die ſchönſten dunkelrothen »Nelken, Amaryllen und Cheiranthen eben aus jenem »Cypreſſenwäldchen, wo der Egelprinz die ſchöne Ga¬ »maheh todtküßte, herſtammen. Der Genius Thetel »wollte forteilen, da er noch vor Einbruch der Nacht »in Samarkand viel zu thun hatte, noch einen Blick »warf er aber auf die Prinzeſſin, blieb feſt gezaubert »ſtehen und betrachtete ſie mit der innigſten Wehmuth. »Da kam ihm plötzlich ein Gedanke. Statt weiter »zu gehen, nahm er die Prinzeſſin in die Arme und »ſchwang ſich mit ihr hoch auf in die Lüfte. — Zu »derſelben Zeit beobachteten zwei weiſe Männer, von »denen einer, nicht verſchwiegen ſey es, ich ſelbſt »war, auf der Gallerie eines hohen Thurmes, den »Lauf der Geſtirne. Dieſe gewahrten hoch über ſich »den Genius Thetel mit der Prinzeſſin Gamaheh und »in demſelben Augenblick fiel auch dem einen — doch! »das gehört für jetzt nicht zur Sache! — Beide Ma¬ »gier hatten zwar den Genius Thetel erkannt, nicht »aber die Prinzeſſin, und erſchöpften ſich in allerlei »Vermuthungen, was die Erſcheinung wohl zu be¬ »deuten, ohne irgend etwas gewiſſes oder auch nur »wahrſcheinliches ergrübeln zu können. Bald darauf

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/63>, abgerufen am 27.04.2024.