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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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Georg Pepusch auf die sinnreichste Weise zu quälen.
Da nun aber jedes Ding nur bis zu einer gewissen
Spitze getrieben werden kann, so kam es denn auch
zuletzt bei Pepusch zum Ausbruch des lang verhalte¬
nen Ingrimms. Er sprach nämlich einmal gerade von
jener wunderbaren Zeit, da er als Distel Zeherit die
schöne Holländerin, die damals die Tochter des Kö¬
nigs Sekakis gewesen, so innig geliebt und gedachte
mit aller Begeisterung der innigsten Liebe, daß eben
jenes Verhältniß, der Kampf mit dem Egelkönig ihm
schon das unbestrittendste Recht auf Dörtjes Hand ge¬
geben. Dörtje Elverdink versicherte, wie sie sich jener
Zeit, jenes Verhältnisses gar wohl erinnere, und die
Ahnung davon zuerst wieder in ihre Seele gekommen,
als Pepusch sie mit dem Distelblick angeschaut. Die
Kleine wußte so anmuthig von diesen wunderbaren
Dingen zu reden, sie that so begeistert von der Liebe
zu der Distel Zeherit, die dazu bestimmt gewesen in
Jena zu studiren und dann in Berlin die Prinzessin
Gamaheh wieder zu finden, daß Herr Georg Pepusch
im Eldorado alles Entzückens zu seyn glaubte. -- Das
Liebespaar stand am Fenster und die Kleine litt es, daß der
verliebte George den Arm um sie schlug. In dieser ver¬
traulichen Stellung kosten sie mit einander, denn zum
Gekose wurde das träumerische Reden von den Wun¬

Georg Pepuſch auf die ſinnreichſte Weiſe zu quälen.
Da nun aber jedes Ding nur bis zu einer gewiſſen
Spitze getrieben werden kann, ſo kam es denn auch
zuletzt bei Pepuſch zum Ausbruch des lang verhalte¬
nen Ingrimms. Er ſprach nämlich einmal gerade von
jener wunderbaren Zeit, da er als Diſtel Zeherit die
ſchöne Holländerin, die damals die Tochter des Kö¬
nigs Sekakis geweſen, ſo innig geliebt und gedachte
mit aller Begeiſterung der innigſten Liebe, daß eben
jenes Verhältniß, der Kampf mit dem Egelkönig ihm
ſchon das unbeſtrittendſte Recht auf Dörtjes Hand ge¬
geben. Dörtje Elverdink verſicherte, wie ſie ſich jener
Zeit, jenes Verhältniſſes gar wohl erinnere, und die
Ahnung davon zuerſt wieder in ihre Seele gekommen,
als Pepuſch ſie mit dem Diſtelblick angeſchaut. Die
Kleine wußte ſo anmuthig von dieſen wunderbaren
Dingen zu reden, ſie that ſo begeiſtert von der Liebe
zu der Diſtel Zeherit, die dazu beſtimmt geweſen in
Jena zu ſtudiren und dann in Berlin die Prinzeſſin
Gamaheh wieder zu finden, daß Herr Georg Pepuſch
im Eldorado alles Entzückens zu ſeyn glaubte. — Das
Liebespaar ſtand am Fenſter und die Kleine litt es, daß der
verliebte George den Arm um ſie ſchlug. In dieſer ver¬
traulichen Stellung kosten ſie mit einander, denn zum
Gekoſe wurde das träumeriſche Reden von den Wun¬

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[77/0082] Georg Pepuſch auf die ſinnreichſte Weiſe zu quälen. Da nun aber jedes Ding nur bis zu einer gewiſſen Spitze getrieben werden kann, ſo kam es denn auch zuletzt bei Pepuſch zum Ausbruch des lang verhalte¬ nen Ingrimms. Er ſprach nämlich einmal gerade von jener wunderbaren Zeit, da er als Diſtel Zeherit die ſchöne Holländerin, die damals die Tochter des Kö¬ nigs Sekakis geweſen, ſo innig geliebt und gedachte mit aller Begeiſterung der innigſten Liebe, daß eben jenes Verhältniß, der Kampf mit dem Egelkönig ihm ſchon das unbeſtrittendſte Recht auf Dörtjes Hand ge¬ geben. Dörtje Elverdink verſicherte, wie ſie ſich jener Zeit, jenes Verhältniſſes gar wohl erinnere, und die Ahnung davon zuerſt wieder in ihre Seele gekommen, als Pepuſch ſie mit dem Diſtelblick angeſchaut. Die Kleine wußte ſo anmuthig von dieſen wunderbaren Dingen zu reden, ſie that ſo begeiſtert von der Liebe zu der Diſtel Zeherit, die dazu beſtimmt geweſen in Jena zu ſtudiren und dann in Berlin die Prinzeſſin Gamaheh wieder zu finden, daß Herr Georg Pepuſch im Eldorado alles Entzückens zu ſeyn glaubte. — Das Liebespaar ſtand am Fenſter und die Kleine litt es, daß der verliebte George den Arm um ſie ſchlug. In dieſer ver¬ traulichen Stellung kosten ſie mit einander, denn zum Gekoſe wurde das träumeriſche Reden von den Wun¬

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/82>, abgerufen am 27.04.2024.