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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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richtige Fortsetzung der seltsamsten Geschichte sey, in
die er verflochten.

Herr Peregrinus erklärte dem Meister Floh, daß
er ihn schon jetzt seiner seltenen Gaben halber ganz
ungemein verehre, und daß er um so begieriger sey,
mehr von ihm zu erfahren, als seine Stimme sehr
wohlklinge und eine gewisse Zartheit in der Rede sei¬
nen feinen, zierlichen Körperbau verrathe.

"Sehr," fuhr Meister Floh fort, "sehr danke
"ich Euch, bester Herr Tyß, für Eure gute Gesin¬
"nung und hoffe Euch bald zu überzeugen, daß Ihr
"Euch in mir nicht geirrt habt. -- Damit Ihr er¬
"fahrt, bester Mann! welchen Dienst Ihr mir er¬
"wiesen habt, ist es indessen nöthig, Euch meine
"vollständige Biographie mitzutheilen. -- Vernehmt
"also! -- Mein Vater war der berühmte -- doch!
"eben fällt mir ein, daß Lesern und Hörern die schöne
"Gabe der Geduld merklich ausgegangen ist, und daß
"ausführliche Lebensbeschreibungen, sonst am mehrsten
"geliebt, jetzt verabscheut werden. Ich will daher
"stets gründlich zu seyn nur flüchtig und episodisch
"dasjenige berühren, was auf meinen Aufenthalt bei
"Euch sich zunächst bezieht. Schon weil ich wirklich Mei¬
"ster Floh bin, müßt Ihr, theurer Herr Peregrinus
"in mir einen Mann von der umfangreichsten Erudi¬

richtige Fortſetzung der ſeltſamſten Geſchichte ſey, in
die er verflochten.

Herr Peregrinus erklärte dem Meiſter Floh, daß
er ihn ſchon jetzt ſeiner ſeltenen Gaben halber ganz
ungemein verehre, und daß er um ſo begieriger ſey,
mehr von ihm zu erfahren, als ſeine Stimme ſehr
wohlklinge und eine gewiſſe Zartheit in der Rede ſei¬
nen feinen, zierlichen Körperbau verrathe.

»Sehr,» fuhr Meiſter Floh fort, »ſehr danke
»ich Euch, beſter Herr Tyß, für Eure gute Geſin¬
»nung und hoffe Euch bald zu überzeugen, daß Ihr
»Euch in mir nicht geirrt habt. — Damit Ihr er¬
»fahrt, beſter Mann! welchen Dienſt Ihr mir er¬
»wieſen habt, iſt es indeſſen nöthig, Euch meine
»vollſtändige Biographie mitzutheilen. — Vernehmt
»alſo! — Mein Vater war der berühmte — doch!
»eben fällt mir ein, daß Leſern und Hörern die ſchöne
»Gabe der Geduld merklich ausgegangen iſt, und daß
»ausführliche Lebensbeſchreibungen, ſonſt am mehrſten
»geliebt, jetzt verabſcheut werden. Ich will daher
»ſtets gründlich zu ſeyn nur flüchtig und epiſodiſch
»dasjenige berühren, was auf meinen Aufenthalt bei
»Euch ſich zunächſt bezieht. Schon weil ich wirklich Mei¬
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[88/0093] richtige Fortſetzung der ſeltſamſten Geſchichte ſey, in die er verflochten. Herr Peregrinus erklärte dem Meiſter Floh, daß er ihn ſchon jetzt ſeiner ſeltenen Gaben halber ganz ungemein verehre, und daß er um ſo begieriger ſey, mehr von ihm zu erfahren, als ſeine Stimme ſehr wohlklinge und eine gewiſſe Zartheit in der Rede ſei¬ nen feinen, zierlichen Körperbau verrathe. »Sehr,» fuhr Meiſter Floh fort, »ſehr danke »ich Euch, beſter Herr Tyß, für Eure gute Geſin¬ »nung und hoffe Euch bald zu überzeugen, daß Ihr »Euch in mir nicht geirrt habt. — Damit Ihr er¬ »fahrt, beſter Mann! welchen Dienſt Ihr mir er¬ »wieſen habt, iſt es indeſſen nöthig, Euch meine »vollſtändige Biographie mitzutheilen. — Vernehmt »alſo! — Mein Vater war der berühmte — doch! »eben fällt mir ein, daß Leſern und Hörern die ſchöne »Gabe der Geduld merklich ausgegangen iſt, und daß »ausführliche Lebensbeſchreibungen, ſonſt am mehrſten »geliebt, jetzt verabſcheut werden. Ich will daher »ſtets gründlich zu ſeyn nur flüchtig und epiſodiſch »dasjenige berühren, was auf meinen Aufenthalt bei »Euch ſich zunächſt bezieht. Schon weil ich wirklich Mei¬ »ſter Floh bin, müßt Ihr, theurer Herr Peregrinus »in mir einen Mann von der umfangreichſten Erudi¬

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/93>, abgerufen am 28.04.2024.