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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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ehrlichen Züge zum häßlichen widerwärtigen Teu¬
felsbilde verzogen zu haben. Er sah dem Coppe¬
lius
ähnlich. Dieser schwang die gluthrothe
Zange und holte damit hellblinkende Massen aus
dem dicken Qualm, die er dann ämsig hämmerte.
Mir war es als würden Menschengesichter rings¬
umher sichtbar, aber ohne Augen -- scheußliche,
tiefe schwarze Höhlen statt ihrer. "Augen her,
Augen her!" rief Coppelius mit dumpfer dröh¬
nender Stimme. Ich kreischte auf von wildem
Entsetzen gewaltig erfaßt und stürzte aus meinem
Versteck heraus auf den Boden. Da ergriff mich
Coppelius, kleine Bestie! -- kleine Bestie!
meckerte er zähnfletschend! -- riß mich auf und
warf mich auf den Heerd, daß die Flamme mein
Haar zu sengen begann: "Nun haben wir Au¬
gen -- Augen -- ein schön Paar Kinderaugen."
So flüsterte Coppelius, und griff mit den Fäu¬
sten gluthrothe Körner aus der Flamme, die er
mir in die Augen streuen wollte. Da hob mein
Vater flehend die Hände empor und rief: Meister!
Meister! laß meinem Nathanael die Augen --

ehrlichen Zuͤge zum haͤßlichen widerwaͤrtigen Teu¬
felsbilde verzogen zu haben. Er ſah dem Coppe¬
lius
aͤhnlich. Dieſer ſchwang die gluthrothe
Zange und holte damit hellblinkende Maſſen aus
dem dicken Qualm, die er dann aͤmſig haͤmmerte.
Mir war es als wuͤrden Menſchengeſichter rings¬
umher ſichtbar, aber ohne Augen — ſcheußliche,
tiefe ſchwarze Hoͤhlen ſtatt ihrer. „Augen her,
Augen her!“ rief Coppelius mit dumpfer droͤh¬
nender Stimme. Ich kreiſchte auf von wildem
Entſetzen gewaltig erfaßt und ſtuͤrzte aus meinem
Verſteck heraus auf den Boden. Da ergriff mich
Coppelius, kleine Beſtie! — kleine Beſtie!
meckerte er zaͤhnfletſchend! — riß mich auf und
warf mich auf den Heerd, daß die Flamme mein
Haar zu ſengen begann: „Nun haben wir Au¬
gen — Augen — ein ſchoͤn Paar Kinderaugen.“
So fluͤſterte Coppelius, und griff mit den Faͤu¬
ſten gluthrothe Koͤrner aus der Flamme, die er
mir in die Augen ſtreuen wollte. Da hob mein
Vater flehend die Haͤnde empor und rief: Meiſter!
Meiſter! laß meinem Nathanael die Augen —

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[14/0022] ehrlichen Zuͤge zum haͤßlichen widerwaͤrtigen Teu¬ felsbilde verzogen zu haben. Er ſah dem Coppe¬ lius aͤhnlich. Dieſer ſchwang die gluthrothe Zange und holte damit hellblinkende Maſſen aus dem dicken Qualm, die er dann aͤmſig haͤmmerte. Mir war es als wuͤrden Menſchengeſichter rings¬ umher ſichtbar, aber ohne Augen — ſcheußliche, tiefe ſchwarze Hoͤhlen ſtatt ihrer. „Augen her, Augen her!“ rief Coppelius mit dumpfer droͤh¬ nender Stimme. Ich kreiſchte auf von wildem Entſetzen gewaltig erfaßt und ſtuͤrzte aus meinem Verſteck heraus auf den Boden. Da ergriff mich Coppelius, kleine Beſtie! — kleine Beſtie! meckerte er zaͤhnfletſchend! — riß mich auf und warf mich auf den Heerd, daß die Flamme mein Haar zu ſengen begann: „Nun haben wir Au¬ gen — Augen — ein ſchoͤn Paar Kinderaugen.“ So fluͤſterte Coppelius, und griff mit den Faͤu¬ ſten gluthrothe Koͤrner aus der Flamme, die er mir in die Augen ſtreuen wollte. Da hob mein Vater flehend die Haͤnde empor und rief: Meiſter! Meiſter! laß meinem Nathanael die Augen —

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/22>, abgerufen am 26.04.2024.