Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

laus von R., einem feurigen, hochbegabten Jüng¬
linge von zwanzig Jahren. So geschah es, daß
Hermenegilda und Stanislaus oft allein in ra¬
schen Discussionen die zur Sprache gebrachten Ge¬
genstände verhandelten, Vorschläge prüften -- an¬
nahmen -- verwarfen, andere aufstellten, und daß
die Resultate des Zweigesprächs zwischen dem Mäd¬
chen und dem Jünglinge oft selbst von den alten
staatsklugen Männern, die zu Rathe saßen, als
das Klügste und Beste, was zu beginnen, anerkannt
werden mußten. Was war natürlicher, als an die
Verbindung dieser beiden zu denken, in deren
wunderbaren Talenten das Heil des Vaterlandes em¬
porzukeimen schien. Außerdem war aber auch die
nähere Verzweigung beider Familien schon deshalb
in dem Augenblick politisch wichtig, weil man sie
von verschiedenem Interesse beseelt glaubte, wie der
Fall bey manchen andern Familien in Polen zutraf.
Hermenegilda, ganz durchdrungen von diesen An¬
sichten, nahm den ihr bestimmten Gatten als ein
Geschenk des Vaterlandes auf, und so wurden mit

laus von R., einem feurigen, hochbegabten Juͤng¬
linge von zwanzig Jahren. So geſchah es, daß
Hermenegilda und Stanislaus oft allein in ra¬
ſchen Diſcuſſionen die zur Sprache gebrachten Ge¬
genſtaͤnde verhandelten, Vorſchlaͤge pruͤften — an¬
nahmen — verwarfen, andere aufſtellten, und daß
die Reſultate des Zweigeſpraͤchs zwiſchen dem Maͤd¬
chen und dem Juͤnglinge oft ſelbſt von den alten
ſtaatsklugen Maͤnnern, die zu Rathe ſaßen, als
das Kluͤgſte und Beſte, was zu beginnen, anerkannt
werden mußten. Was war natuͤrlicher, als an die
Verbindung dieſer beiden zu denken, in deren
wunderbaren Talenten das Heil des Vaterlandes em¬
porzukeimen ſchien. Außerdem war aber auch die
naͤhere Verzweigung beider Familien ſchon deshalb
in dem Augenblick politiſch wichtig, weil man ſie
von verſchiedenem Intereſſe beſeelt glaubte, wie der
Fall bey manchen andern Familien in Polen zutraf.
Hermenegilda, ganz durchdrungen von dieſen An¬
ſichten, nahm den ihr beſtimmten Gatten als ein
Geſchenk des Vaterlandes auf, und ſo wurden mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0284" n="276"/>
laus von R., einem feurigen, hochbegabten Ju&#x0364;ng¬<lb/>
linge von zwanzig Jahren. So ge&#x017F;chah es, daß<lb/>
Hermenegilda und Stanislaus oft allein in ra¬<lb/>
&#x017F;chen Di&#x017F;cu&#x017F;&#x017F;ionen die zur Sprache gebrachten Ge¬<lb/>
gen&#x017F;ta&#x0364;nde verhandelten, Vor&#x017F;chla&#x0364;ge pru&#x0364;ften &#x2014; an¬<lb/>
nahmen &#x2014; verwarfen, andere auf&#x017F;tellten, und daß<lb/>
die Re&#x017F;ultate des Zweige&#x017F;pra&#x0364;chs zwi&#x017F;chen dem Ma&#x0364;<lb/>
chen und dem Ju&#x0364;nglinge oft &#x017F;elb&#x017F;t von den alten<lb/>
&#x017F;taatsklugen Ma&#x0364;nnern, die zu Rathe &#x017F;aßen, als<lb/>
das Klu&#x0364;g&#x017F;te und Be&#x017F;te, was zu beginnen, anerkannt<lb/>
werden mußten. Was war natu&#x0364;rlicher, als an die<lb/>
Verbindung die&#x017F;er beiden zu denken, in deren<lb/>
wunderbaren Talenten das Heil des Vaterlandes em¬<lb/>
porzukeimen &#x017F;chien. Außerdem war aber auch die<lb/>
na&#x0364;here Verzweigung beider Familien &#x017F;chon deshalb<lb/>
in dem Augenblick politi&#x017F;ch wichtig, weil man &#x017F;ie<lb/>
von ver&#x017F;chiedenem Intere&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;eelt glaubte, wie der<lb/>
Fall bey manchen andern Familien in Polen zutraf.<lb/>
Hermenegilda, ganz durchdrungen von die&#x017F;en An¬<lb/>
&#x017F;ichten, nahm den ihr be&#x017F;timmten Gatten als ein<lb/>
Ge&#x017F;chenk des Vaterlandes auf, und &#x017F;o wurden mit<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0284] laus von R., einem feurigen, hochbegabten Juͤng¬ linge von zwanzig Jahren. So geſchah es, daß Hermenegilda und Stanislaus oft allein in ra¬ ſchen Diſcuſſionen die zur Sprache gebrachten Ge¬ genſtaͤnde verhandelten, Vorſchlaͤge pruͤften — an¬ nahmen — verwarfen, andere aufſtellten, und daß die Reſultate des Zweigeſpraͤchs zwiſchen dem Maͤd¬ chen und dem Juͤnglinge oft ſelbſt von den alten ſtaatsklugen Maͤnnern, die zu Rathe ſaßen, als das Kluͤgſte und Beſte, was zu beginnen, anerkannt werden mußten. Was war natuͤrlicher, als an die Verbindung dieſer beiden zu denken, in deren wunderbaren Talenten das Heil des Vaterlandes em¬ porzukeimen ſchien. Außerdem war aber auch die naͤhere Verzweigung beider Familien ſchon deshalb in dem Augenblick politiſch wichtig, weil man ſie von verſchiedenem Intereſſe beſeelt glaubte, wie der Fall bey manchen andern Familien in Polen zutraf. Hermenegilda, ganz durchdrungen von dieſen An¬ ſichten, nahm den ihr beſtimmten Gatten als ein Geſchenk des Vaterlandes auf, und ſo wurden mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/284
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/284>, abgerufen am 24.05.2024.