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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Sinn-Gedichte.
Jtem.
JCh habe manches horn verthan und auch verkaufft/
Da dennoch in der welt es voller hörner laufft.
Jhr/ die ihr etwan auch mit solcher last beladen/
Klagt/ daß ich schon bin tod/ zu eurem grösten schaden.


Eines igels.
MEin leib war wol versehn mit vielen scharffen spitzen/
Daß meine feind' ich kont mit selben stech- und ritzen.
Des todes stachel hat mich endlich doch gefällt;
Diß tröstet mich: ich starb gewaffnet wie ein held.


Eines dachs-hundes.
KEin loch war mir zu tieff und keines auch zu klein/
Jch suchte fuchs und dachs/ dem jäger zu gefallen/
Jch büßte letzlich doch im loch mein leben ein/
Drumb trau den löchern nicht und wühle nicht in allen.


Eines würmchens/ das zwischen einer schö-
nen damen augen umkommen.
VOn einer sonnen hab ichs leben erst bekommen/
Zwey sonnen haben drauff mir wieder-es-genommen.
Wie solt ich ärmster wurm ertragen doppel-schein/
Da für zwey sonnen selbst die welt ist viel zu klein.


Eines flohes/ der auf einem schönen halß
gesessen.
WEil ich zu geitzig war zu kosten von der speise/
Die den verliebten offt so grossen hunger macht;
So hat die süsse kost mich um das leben bracht:
Drum wer da kosten will/ lern erst die rechte weise.
Eines
Sinn-Gedichte.
Jtem.
JCh habe manches horn verthan und auch verkaufft/
Da dennoch in der welt es voller hoͤrner laufft.
Jhr/ die ihr etwan auch mit ſolcher laſt beladen/
Klagt/ daß ich ſchon bin tod/ zu eurem groͤſten ſchaden.


Eines igels.
MEin leib war wol verſehn mit vielen ſcharffen ſpitzen/
Daß meine feind’ ich kont mit ſelben ſtech- und ritzen.
Des todes ſtachel hat mich endlich doch gefaͤllt;
Diß troͤſtet mich: ich ſtarb gewaffnet wie ein held.


Eines dachs-hundes.
KEin loch war mir zu tieff und keines auch zu klein/
Jch ſuchte fuchs und dachs/ dem jaͤger zu gefallen/
Jch buͤßte letzlich doch im loch mein leben ein/
Drumb trau den loͤchern nicht und wuͤhle nicht in allen.


Eines wuͤrmchens/ das zwiſchen einer ſchoͤ-
nen damen augen umkommen.
VOn einer ſonnen hab ichs leben erſt bekommen/
Zwey ſonnen haben drauff mir wieder-es-genommen.
Wie ſolt ich aͤrmſter wurm ertragen doppel-ſchein/
Da fuͤr zwey ſonnen ſelbſt die welt iſt viel zu klein.


Eines flohes/ der auf einem ſchoͤnen halß
geſeſſen.
WEil ich zu geitzig war zu koſten von der ſpeiſe/
Die den verliebten offt ſo groſſen hunger macht;
So hat die ſuͤſſe koſt mich um das leben bracht:
Drum wer da koſten will/ lern erſt die rechte weiſe.
Eines
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[136/0152] Sinn-Gedichte. Jtem. JCh habe manches horn verthan und auch verkaufft/ Da dennoch in der welt es voller hoͤrner laufft. Jhr/ die ihr etwan auch mit ſolcher laſt beladen/ Klagt/ daß ich ſchon bin tod/ zu eurem groͤſten ſchaden. Eines igels. MEin leib war wol verſehn mit vielen ſcharffen ſpitzen/ Daß meine feind’ ich kont mit ſelben ſtech- und ritzen. Des todes ſtachel hat mich endlich doch gefaͤllt; Diß troͤſtet mich: ich ſtarb gewaffnet wie ein held. Eines dachs-hundes. KEin loch war mir zu tieff und keines auch zu klein/ Jch ſuchte fuchs und dachs/ dem jaͤger zu gefallen/ Jch buͤßte letzlich doch im loch mein leben ein/ Drumb trau den loͤchern nicht und wuͤhle nicht in allen. Eines wuͤrmchens/ das zwiſchen einer ſchoͤ- nen damen augen umkommen. VOn einer ſonnen hab ichs leben erſt bekommen/ Zwey ſonnen haben drauff mir wieder-es-genommen. Wie ſolt ich aͤrmſter wurm ertragen doppel-ſchein/ Da fuͤr zwey ſonnen ſelbſt die welt iſt viel zu klein. Eines flohes/ der auf einem ſchoͤnen halß geſeſſen. WEil ich zu geitzig war zu koſten von der ſpeiſe/ Die den verliebten offt ſo groſſen hunger macht; So hat die ſuͤſſe koſt mich um das leben bracht: Drum wer da koſten will/ lern erſt die rechte weiſe. Eines

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/152>, abgerufen am 03.05.2024.