Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.Vermischte Gedichte. Wie süsse bist du seelger todt/ So offt du wohl bereit Die müde seele schickst zu GOtt Aus allem kampff und streit/ Den leib mit ruh in seine kammer Führst zu verschlaffen leid und jammer! Herr über leben und den todt/ Der du den todt gekost/ Damit wir auch auf dein gebot Zum sterben haben lust/ Gib daß für mich in deinen wunden Auch werd' im todte trost gefunden. Kunst gehet über kleider-pracht. S. D. 1. MEin kind/ dich müssen leute lieben/Vor welchen ich ein schatten bin; Drum wundert mich es/ daß dein sinn Zu meiner einfalt wird getrieben: Es pfleget ietzt ja zu geschehn/ Daß alle nur auff hochzeit sehn. 2. Jch weiß mich so nicht auszuputzen/Wie itzt die geile jugend thut/ Und die ihr väterliches gut Jm halben jahr offt gantz verstutzen; Was hoch und über stands-gebühr/ Da eckelt meiner seelen für. 3. Wie schlecht ich auch herein mag gehen/So schämest du dennoch/ mein licht/ Dich
Vermiſchte Gedichte. Wie ſuͤſſe biſt du ſeelger todt/ So offt du wohl bereit Die muͤde ſeele ſchickſt zu GOtt Aus allem kampff und ſtreit/ Den leib mit ruh in ſeine kammer Fuͤhrſt zu verſchlaffen leid und jammer! Herr uͤber leben und den todt/ Der du den todt gekoſt/ Damit wir auch auf dein gebot Zum ſterben haben luſt/ Gib daß fuͤr mich in deinen wunden Auch werd’ im todte troſt gefunden. Kunſt gehet uͤber kleider-pracht. S. D. 1. MEin kind/ dich muͤſſen leute lieben/Vor welchen ich ein ſchatten bin; Drum wundert mich es/ daß dein ſinn Zu meiner einfalt wird getrieben: Es pfleget ietzt ja zu geſchehn/ Daß alle nur auff hochzeit ſehn. 2. Jch weiß mich ſo nicht auszuputzen/Wie itzt die geile jugend thut/ Und die ihr vaͤterliches gut Jm halben jahr offt gantz verſtutzen; Was hoch und uͤber ſtands-gebuͤhr/ Da eckelt meiner ſeelen fuͤr. 3. Wie ſchlecht ich auch herein mag gehen/So ſchaͤmeſt du dennoch/ mein licht/ Dich
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Vermiſchte Gedichte.
Wie ſuͤſſe biſt du ſeelger todt/
So offt du wohl bereit
Die muͤde ſeele ſchickſt zu GOtt
Aus allem kampff und ſtreit/
Den leib mit ruh in ſeine kammer
Fuͤhrſt zu verſchlaffen leid und jammer!
Herr uͤber leben und den todt/
Der du den todt gekoſt/
Damit wir auch auf dein gebot
Zum ſterben haben luſt/
Gib daß fuͤr mich in deinen wunden
Auch werd’ im todte troſt gefunden.
Kunſt gehet uͤber kleider-pracht.
S. D.
1.
MEin kind/ dich muͤſſen leute lieben/
Vor welchen ich ein ſchatten bin;
Drum wundert mich es/ daß dein ſinn
Zu meiner einfalt wird getrieben:
Es pfleget ietzt ja zu geſchehn/
Daß alle nur auff hochzeit ſehn.
2.
Jch weiß mich ſo nicht auszuputzen/
Wie itzt die geile jugend thut/
Und die ihr vaͤterliches gut
Jm halben jahr offt gantz verſtutzen;
Was hoch und uͤber ſtands-gebuͤhr/
Da eckelt meiner ſeelen fuͤr.
3.
Wie ſchlecht ich auch herein mag gehen/
So ſchaͤmeſt du dennoch/ mein licht/
Dich
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Zitationshilfe: | Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/303>, abgerufen am 16.06.2024. |