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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Verliebte Gedichte.
Hier ist Adonis grab und auch mein heiligthum.
Ein mensch mag bahr und grust mit göldnen ampeln zieren/
Jch göttin will um dich die stern als fackeln führen.
Und wie die leichen sonst schmückt eine schöne blum/
So soll das schöne blut in auämonen sincken/
Und bey dem rosen-lentz in purpur-kleidern blincken.
Was mehr? den leichgesang/ das bittre todten-lied
Stimmt Venus ewig an/ der himmel hilfft mir klagen/
Die lüfte seuftzen mit/ der westenwind soll sagen/
Wie tief ich traurig sey: Jch bin nicht groß bemüht/
Um das beliebte grab viel seulen aufzuführen/
Die liebe soll es mehr mit ihren wundern zieren.
Daß Artemisja dort des ehmanns asche tranck/
Jst viel und liebens werth; Jch opffre meine seele/
Die zwar nicht sichtbar ist/ der lieben grabes-höle;
Und saget nun iemand/ daß Venus bleich und kranck/
Der wisse/ da Adon mein trost und lieb erblichen/
Daß ich zugleich mit ihm bin aus der welt gewichen.
Die überschrifft wird sonst dem marmol einverleibt/
Jch will sie ins gemüth der späten nachwelt graben/
Dran soll der buler volck den schönsten spiegel haben/
Wo nicht der große schmertz die lieb ins elend treibt:
Hier ruht der schönheit schatz und Venus holde zierden/
Tritt nicht zu nah hinzu! der stein macht die begierden.


Abriß eines verliebten.
C. H. v. H.
ER ist ein krancker/ den ein sinnlich fieber plaget/
Ein jäger/ so allzeit auf einem hirsche jaget/
Ein wetterhan/ der stets nach einem winde steht/
Ein schif/ so ungehemmt nach Cypris hafen geht.
Ein märterer der brunst/ den freund und feind belachet/
Ein Morpheus/ der ihm selbst bey tage träume machet/
Ein
Verliebte Gedichte.
Hier iſt Adonis grab und auch mein heiligthum.
Ein menſch mag bahꝛ und gruſt mit goͤldnen ampeln zieren/
Jch goͤttin will um dich die ſtern als fackeln fuͤhren.
Und wie die leichen ſonſt ſchmuͤckt eine ſchoͤne blum/
So ſoll das ſchoͤne blut in auaͤmonen ſincken/
Und bey dem roſen-lentz in purpur-kleidern blincken.
Was mehr? den leichgeſang/ das bittre todten-lied
Stimmt Venus ewig an/ der himmel hilfft mir klagen/
Die luͤfte ſeuftzen mit/ der weſtenwind ſoll ſagen/
Wie tief ich traurig ſey: Jch bin nicht groß bemuͤht/
Um das beliebte grab viel ſeulen aufzufuͤhren/
Die liebe ſoll es mehr mit ihren wundern zieren.
Daß Artemisja dort des ehmanns aſche tranck/
Jſt viel und liebens werth; Jch opffre meine ſeele/
Die zwar nicht ſichtbar iſt/ der lieben grabes-hoͤle;
Und ſaget nun iemand/ daß Venus bleich und kranck/
Der wiſſe/ da Adon mein troſt und lieb erblichen/
Daß ich zugleich mit ihm bin aus der welt gewichen.
Die uͤberſchrifft wird ſonſt dem marmol einverleibt/
Jch will ſie ins gemuͤth der ſpaͤten nachwelt graben/
Dran ſoll der buler volck den ſchoͤnſten ſpiegel haben/
Wo nicht der große ſchmertz die lieb ins elend treibt:
Hier ruht der ſchoͤnheit ſchatz und Venus holde zierden/
Tritt nicht zu nah hinzu! der ſtein macht die begierden.


Abriß eines verliebten.
C. H. v. H.
ER iſt ein krancker/ den ein ſinnlich fieber plaget/
Ein jaͤger/ ſo allzeit auf einem hirſche jaget/
Ein wetterhan/ der ſtets nach einem winde ſteht/
Ein ſchif/ ſo ungehemmt nach Cypris hafen geht.
Ein maͤrterer der brunſt/ den freund und feind belachet/
Ein Morpheus/ der ihm ſelbſt bey tage traͤume machet/
Ein
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[70/0086] Verliebte Gedichte. Hier iſt Adonis grab und auch mein heiligthum. Ein menſch mag bahꝛ und gruſt mit goͤldnen ampeln zieren/ Jch goͤttin will um dich die ſtern als fackeln fuͤhren. Und wie die leichen ſonſt ſchmuͤckt eine ſchoͤne blum/ So ſoll das ſchoͤne blut in auaͤmonen ſincken/ Und bey dem roſen-lentz in purpur-kleidern blincken. Was mehr? den leichgeſang/ das bittre todten-lied Stimmt Venus ewig an/ der himmel hilfft mir klagen/ Die luͤfte ſeuftzen mit/ der weſtenwind ſoll ſagen/ Wie tief ich traurig ſey: Jch bin nicht groß bemuͤht/ Um das beliebte grab viel ſeulen aufzufuͤhren/ Die liebe ſoll es mehr mit ihren wundern zieren. Daß Artemisja dort des ehmanns aſche tranck/ Jſt viel und liebens werth; Jch opffre meine ſeele/ Die zwar nicht ſichtbar iſt/ der lieben grabes-hoͤle; Und ſaget nun iemand/ daß Venus bleich und kranck/ Der wiſſe/ da Adon mein troſt und lieb erblichen/ Daß ich zugleich mit ihm bin aus der welt gewichen. Die uͤberſchrifft wird ſonſt dem marmol einverleibt/ Jch will ſie ins gemuͤth der ſpaͤten nachwelt graben/ Dran ſoll der buler volck den ſchoͤnſten ſpiegel haben/ Wo nicht der große ſchmertz die lieb ins elend treibt: Hier ruht der ſchoͤnheit ſchatz und Venus holde zierden/ Tritt nicht zu nah hinzu! der ſtein macht die begierden. Abriß eines verliebten. C. H. v. H. ER iſt ein krancker/ den ein ſinnlich fieber plaget/ Ein jaͤger/ ſo allzeit auf einem hirſche jaget/ Ein wetterhan/ der ſtets nach einem winde ſteht/ Ein ſchif/ ſo ungehemmt nach Cypris hafen geht. Ein maͤrterer der brunſt/ den freund und feind belachet/ Ein Morpheus/ der ihm ſelbſt bey tage traͤume machet/ Ein

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/86>, abgerufen am 29.04.2024.