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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Verliebte Gedichte.
O falsche lust! O unbeständigkeit!
Diß ist alsdenn des geistes jammer-klage:
Wo soll ich hin? die falsch gemachte freud
Verdoppelt mir die unerhörte plage;
Drum fleuch mich doch nur einen augenblick/
du rauhes glück.
Ein kranckes hertz entgeht noch wohl dem todt/
Wenns nur getrost dem artzte wil bekennen/
Was ihm gebricht; ach aber meine noth/
Die darff ich nicht für frembden ohren nennen;
So kan mir dann auch nicht geholffen seyn.
O stille pein!
Der starcke tranck/ den du mir hast gereicht/
O Venus/ ist durch marck und bein gedrungen/
Sieh/ wie mein haupt sich schon zur erden neigt/
Der liebes-gifft hat alle krafft bezwungen;
Jch bin schon hin/ nur daß der geist noch schreyt:
O grausamkeit!


1.
WEhrtster engel/ laß dich lieben/
Weil ichs doch nicht ändren kan.
Schafft das lieben gleich betrüben/
Trifft es doch nicht iedermann
Trauren bringt offt freuden zähren/
Gifft muß uns offt artzney seyn/
Unlust muß uns lust gebähren/
Wolcken bringen sonnenschein.
2.
Schönste schmiedin meiner ketten/
Schau mein hertz in bänden an/
Kan mich deine hand nicht retten
So die freyheit binden kan?
Schau ich falle dir zu füssen/
Nimm die matten seufftzer hin/
Laß
Verliebte Gedichte.
O falſche luſt! O unbeſtaͤndigkeit!
Diß iſt alsdenn des geiſtes jammer-klage:
Wo ſoll ich hin? die falſch gemachte freud
Verdoppelt mir die unerhoͤrte plage;
Drum fleuch mich doch nur einen augenblick/
du rauhes gluͤck.
Ein kranckes hertz entgeht noch wohl dem todt/
Wenns nur getroſt dem artzte wil bekennen/
Was ihm gebricht; ach aber meine noth/
Die darff ich nicht fuͤr frembden ohren nennen;
So kan mir dann auch nicht geholffen ſeyn.
O ſtille pein!
Der ſtarcke tranck/ den du mir haſt gereicht/
O Venus/ iſt durch marck und bein gedrungen/
Sieh/ wie mein haupt ſich ſchon zur erden neigt/
Der liebes-gifft hat alle krafft bezwungen;
Jch bin ſchon hin/ nur daß der geiſt noch ſchreyt:
O grauſamkeit!


1.
WEhrtſter engel/ laß dich lieben/
Weil ichs doch nicht aͤndren kan.
Schafft das lieben gleich betruͤben/
Trifft es doch nicht iedermann
Trauren bringt offt freuden zaͤhren/
Gifft muß uns offt artzney ſeyn/
Unluſt muß uns luſt gebaͤhren/
Wolcken bringen ſonnenſchein.
2.
Schoͤnſte ſchmiedin meiner ketten/
Schau mein hertz in baͤnden an/
Kan mich deine hand nicht retten
So die freyheit binden kan?
Schau ich falle dir zu fuͤſſen/
Nimm die matten ſeufftzer hin/
Laß
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[104/0114] Verliebte Gedichte. O falſche luſt! O unbeſtaͤndigkeit! Diß iſt alsdenn des geiſtes jammer-klage: Wo ſoll ich hin? die falſch gemachte freud Verdoppelt mir die unerhoͤrte plage; Drum fleuch mich doch nur einen augenblick/ du rauhes gluͤck. Ein kranckes hertz entgeht noch wohl dem todt/ Wenns nur getroſt dem artzte wil bekennen/ Was ihm gebricht; ach aber meine noth/ Die darff ich nicht fuͤr frembden ohren nennen; So kan mir dann auch nicht geholffen ſeyn. O ſtille pein! Der ſtarcke tranck/ den du mir haſt gereicht/ O Venus/ iſt durch marck und bein gedrungen/ Sieh/ wie mein haupt ſich ſchon zur erden neigt/ Der liebes-gifft hat alle krafft bezwungen; Jch bin ſchon hin/ nur daß der geiſt noch ſchreyt: O grauſamkeit! 1. WEhrtſter engel/ laß dich lieben/ Weil ichs doch nicht aͤndren kan. Schafft das lieben gleich betruͤben/ Trifft es doch nicht iedermann Trauren bringt offt freuden zaͤhren/ Gifft muß uns offt artzney ſeyn/ Unluſt muß uns luſt gebaͤhren/ Wolcken bringen ſonnenſchein. 2. Schoͤnſte ſchmiedin meiner ketten/ Schau mein hertz in baͤnden an/ Kan mich deine hand nicht retten So die freyheit binden kan? Schau ich falle dir zu fuͤſſen/ Nimm die matten ſeufftzer hin/ Laß

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/114>, abgerufen am 29.04.2024.