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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Vermischte Gedichte.
POETARUM SPLENDIDA
MISERIA,

Bey Hn. Christian Wilhelm Höl-
tichs/ beyder Rechten Licentiati/ ab-
zuge nach Bergen.

N. S.

DJe stoltze Poesie trägt warlich schlechten nutzen/
Weil mancher Maro sich/ doch kein Mecänas findt;
Weiß gleich ein volles blat mit seinem kram zu stutzen/
So schnappt der schreiber doch wie Tantalus nach wind:
Man mag sich Phöbi freund/ Minerven bruder schreiben/
Was hilffts? Miseria will dennoch mutter bleiben.
Der vortheil fleucht für euch/ ihr nagel-neuen dichter/
Jhr/ derer mißgeburt tag täglich betteln geht/
Die thaler fallen nicht durch grillenreiche trichter/
Darauff das K. G. P. mit groben littern steht.
Vergebens pralestu mit dem gekrönten Orden/
Kein Jrus ist dadurch ein schwerer Crösus worden.
Was nützt ein frischer crantz von dichten lorbeer-blättern/
Wenn ihn der Käyser selbst umb deine schläfe flicht?
Gesetzt/ er schütze dich bey schweren donner-wettern/
So füllt er doch/ mein freund/ den leeren magen nicht.
O schleuß bey zeiten zu den kunstgefüllten kasten/
Sonst mustu siebenmahl in einer wochen fasten.
Der/ welcher mit manier das leder weiß zu dehnen/
Und nach gelegenheit in alte sohlen beißt/
Gewinnt sein bißgen brodt bey abgenützten zähnen/
Jndem Hauß Sachse sich mit blosser hoffnung speißt:
Ach laß die nägel gantz/ und schmachte doch nicht länger/
Die feder ist zu leicht/ du dürrer meister-sänger.
Dein
Vermiſchte Gedichte.
POETARUM SPLENDIDA
MISERIA,

Bey Hn. Chriſtian Wilhelm Hoͤl-
tichs/ beyder Rechten Licentiati/ ab-
zuge nach Bergen.

N. S.

DJe ſtoltze Poeſie traͤgt warlich ſchlechten nutzen/
Weil mancher Maro ſich/ doch kein Mecaͤnas findt;
Weiß gleich ein volles blat mit ſeinem kram zu ſtutzen/
So ſchnappt der ſchreiber doch wie Tantalus nach wind:
Man mag ſich Phoͤbi freund/ Minerven bruder ſchreiben/
Was hilffts? Miſeria will dennoch mutter bleiben.
Der vortheil fleucht fuͤr euch/ ihr nagel-neuen dichter/
Jhr/ derer mißgeburt tag taͤglich betteln geht/
Die thaler fallen nicht durch grillenreiche trichter/
Darauff das K. G. P. mit groben littern ſteht.
Vergebens praleſtu mit dem gekroͤnten Orden/
Kein Jrus iſt dadurch ein ſchwerer Croͤſus worden.
Was nuͤtzt ein friſcher crantz von dichten lorbeer-blaͤttern/
Wenn ihn der Kaͤyſer ſelbſt umb deine ſchlaͤfe flicht?
Geſetzt/ er ſchuͤtze dich bey ſchweren donner-wettern/
So fuͤllt er doch/ mein freund/ den leeren magen nicht.
O ſchleuß bey zeiten zu den kunſtgefuͤllten kaſten/
Sonſt muſtu ſiebenmahl in einer wochen faſten.
Der/ welcher mit manier das leder weiß zu dehnen/
Und nach gelegenheit in alte ſohlen beißt/
Gewinnt ſein bißgen brodt bey abgenuͤtzten zaͤhnen/
Jndem Hauß Sachſe ſich mit bloſſer hoffnung ſpeißt:
Ach laß die naͤgel gantz/ und ſchmachte doch nicht laͤnger/
Die feder iſt zu leicht/ du duͤrrer meiſter-ſaͤnger.
Dein
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[318/0328] Vermiſchte Gedichte. POETARUM SPLENDIDA MISERIA, Bey Hn. Chriſtian Wilhelm Hoͤl- tichs/ beyder Rechten Licentiati/ ab- zuge nach Bergen. N. S. DJe ſtoltze Poeſie traͤgt warlich ſchlechten nutzen/ Weil mancher Maro ſich/ doch kein Mecaͤnas findt; Weiß gleich ein volles blat mit ſeinem kram zu ſtutzen/ So ſchnappt der ſchreiber doch wie Tantalus nach wind: Man mag ſich Phoͤbi freund/ Minerven bruder ſchreiben/ Was hilffts? Miſeria will dennoch mutter bleiben. Der vortheil fleucht fuͤr euch/ ihr nagel-neuen dichter/ Jhr/ derer mißgeburt tag taͤglich betteln geht/ Die thaler fallen nicht durch grillenreiche trichter/ Darauff das K. G. P. mit groben littern ſteht. Vergebens praleſtu mit dem gekroͤnten Orden/ Kein Jrus iſt dadurch ein ſchwerer Croͤſus worden. Was nuͤtzt ein friſcher crantz von dichten lorbeer-blaͤttern/ Wenn ihn der Kaͤyſer ſelbſt umb deine ſchlaͤfe flicht? Geſetzt/ er ſchuͤtze dich bey ſchweren donner-wettern/ So fuͤllt er doch/ mein freund/ den leeren magen nicht. O ſchleuß bey zeiten zu den kunſtgefuͤllten kaſten/ Sonſt muſtu ſiebenmahl in einer wochen faſten. Der/ welcher mit manier das leder weiß zu dehnen/ Und nach gelegenheit in alte ſohlen beißt/ Gewinnt ſein bißgen brodt bey abgenuͤtzten zaͤhnen/ Jndem Hauß Sachſe ſich mit bloſſer hoffnung ſpeißt: Ach laß die naͤgel gantz/ und ſchmachte doch nicht laͤnger/ Die feder iſt zu leicht/ du duͤrrer meiſter-ſaͤnger. Dein

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/328>, abgerufen am 29.04.2024.