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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Verliebte Gedichte.
2.
Die schöne gluth die aus den augen blitzet/
Woraus die lieb' ihr göldne faden spinnt/
Hat diese brust verwundet und zerritzet/
Daß noch mein hertz von jammer-thränen rinnt;
Die augen zwar sind schön und heitern sich/
Ach aber ach! sie sind nicht schön vor mich!
3.
Das reine feld der nie befleckten wangen/
Wo lilj' und schnee in schönheits-rosen liegt/
Kan doppelt schön mit milch und blüte prangen/
Dieweil ihr glantz der sonnen licht besiegt/
Die wangen sind sehr schön und färben sich/
Ach aber ach! sie sind nicht schön vor mich.
4.
Die lippen seyn die pforten von corallen/
Der tempel wo die seelen opfern gehn/
Ja das altar worauf die seuftzer fallen/
Wenn seel und seel in naher bindnüß stehn/
Der mund-rubin ist schön und röthet sich/
Ach aber ach! er ist nicht schön vor mich.
5.
Die arme sind als marmel anzuschauen/
Die sich aus schnee und Alabaster ziehn/
Der hände paar sind recht Nareissen-auen/
Worauf man sieht der adern Türckis blühn/
Die schönheit rührt in allen gliedern sich/
Ach aber ach! sie ist nicht schön vor mich.
6.
So martert man mit süssen grausamkeiten/
Wenn man was schön nicht sicher lieben darf/
So kan man uns in rosen-gärte leiten/
Der dornen heer ist aber viel zu scharf
Jch seuftz umsonst; du bist zwar schön vor dich/
Mein engel/ ach! nicht aber schön vor mich.
7. Die
Verliebte Gedichte.
2.
Die ſchoͤne gluth die aus den augen blitzet/
Woraus die lieb’ ihr goͤldne faden ſpinnt/
Hat dieſe bruſt verwundet und zerritzet/
Daß noch mein hertz von jammer-thraͤnen rinnt;
Die augen zwar ſind ſchoͤn und heitern ſich/
Ach aber ach! ſie ſind nicht ſchoͤn vor mich!
3.
Das reine feld der nie befleckten wangen/
Wo lilj’ und ſchnee in ſchoͤnheits-roſen liegt/
Kan doppelt ſchoͤn mit milch und bluͤte prangen/
Dieweil ihr glantz der ſonnen licht beſiegt/
Die wangen ſind ſehr ſchoͤn und faͤrben ſich/
Ach aber ach! ſie ſind nicht ſchoͤn vor mich.
4.
Die lippen ſeyn die pforten von corallen/
Der tempel wo die ſeelen opfern gehn/
Ja das altar worauf die ſeuftzer fallen/
Wenn ſeel und ſeel in naher bindnuͤß ſtehn/
Der mund-rubin iſt ſchoͤn und roͤthet ſich/
Ach aber ach! er iſt nicht ſchoͤn vor mich.
5.
Die arme ſind als marmel anzuſchauen/
Die ſich aus ſchnee und Alabaſter ziehn/
Der haͤnde paar ſind recht Nareiſſen-auen/
Worauf man ſieht der adern Tuͤrckis bluͤhn/
Die ſchoͤnheit ruͤhrt in allen gliedern ſich/
Ach aber ach! ſie iſt nicht ſchoͤn vor mich.
6.
So martert man mit ſuͤſſen grauſamkeiten/
Wenn man was ſchoͤn nicht ſicher lieben darf/
So kan man uns in roſen-gaͤrte leiten/
Der dornen heer iſt aber viel zu ſcharf
Jch ſeuftz umſonſt; du biſt zwar ſchoͤn vor dich/
Mein engel/ ach! nicht aber ſchoͤn vor mich.
7. Die
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[84/0094] Verliebte Gedichte. 2. Die ſchoͤne gluth die aus den augen blitzet/ Woraus die lieb’ ihr goͤldne faden ſpinnt/ Hat dieſe bruſt verwundet und zerritzet/ Daß noch mein hertz von jammer-thraͤnen rinnt; Die augen zwar ſind ſchoͤn und heitern ſich/ Ach aber ach! ſie ſind nicht ſchoͤn vor mich! 3. Das reine feld der nie befleckten wangen/ Wo lilj’ und ſchnee in ſchoͤnheits-roſen liegt/ Kan doppelt ſchoͤn mit milch und bluͤte prangen/ Dieweil ihr glantz der ſonnen licht beſiegt/ Die wangen ſind ſehr ſchoͤn und faͤrben ſich/ Ach aber ach! ſie ſind nicht ſchoͤn vor mich. 4. Die lippen ſeyn die pforten von corallen/ Der tempel wo die ſeelen opfern gehn/ Ja das altar worauf die ſeuftzer fallen/ Wenn ſeel und ſeel in naher bindnuͤß ſtehn/ Der mund-rubin iſt ſchoͤn und roͤthet ſich/ Ach aber ach! er iſt nicht ſchoͤn vor mich. 5. Die arme ſind als marmel anzuſchauen/ Die ſich aus ſchnee und Alabaſter ziehn/ Der haͤnde paar ſind recht Nareiſſen-auen/ Worauf man ſieht der adern Tuͤrckis bluͤhn/ Die ſchoͤnheit ruͤhrt in allen gliedern ſich/ Ach aber ach! ſie iſt nicht ſchoͤn vor mich. 6. So martert man mit ſuͤſſen grauſamkeiten/ Wenn man was ſchoͤn nicht ſicher lieben darf/ So kan man uns in roſen-gaͤrte leiten/ Der dornen heer iſt aber viel zu ſcharf Jch ſeuftz umſonſt; du biſt zwar ſchoͤn vor dich/ Mein engel/ ach! nicht aber ſchoͤn vor mich. 7. Die

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/94>, abgerufen am 02.05.2024.