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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Socrates.
diesen Punct noch einmal erklären/ und soltestu auch
darüber erliegen/ damit wir nur dieser Sache/ so
weit es die menschliche Schwachheit zuläst/ recht ge-
wachsen werden. Und ob wir gleich in einem so tief-
fen Ocean nicht alles nach Wunsch erfahren kön-
nen/ so sollen wir doch/ so viel immer möglich/ uns
der Gewißheit dessen befleissen.

Wo Pferd und Wagen nicht kan gehn/
Da sucht man Seegel/ Schiff und Nachen/
Die nassen Puckeln schlecht zu machen/
So auf des Meeres Rücken stehn.
So befestige uns dann/ so viel als immer mög-
lich/ in dieser Meinung/ daß es nicht etwan einen
oder den andern mit der Zeit bereuen möge/ eine so
gute Gelegenheit/ als richtige Erklärung dessen zu
hören/ aus den Händen gelassen zu haben. Jch
muß nur bekennen/ daß sich bey mir und dem Cebes
allerhand Schwerigkeit ereignet. Und vielleicht
nicht umsonst/ sagte Socrates; Darum entdecket
mir es/ in was euch dann noch nicht gäntzlich genug
geschehen. Jn diesem Punct/ sprach Simias/ wo
du von dem/ was unsichtbar/ Göttlich und schön ist/
welches dann/ wie es scheinet/ eben so wol von dem
Gethöne einer wolgestimmten und geschlagenen
Laute kan gesagt werden/ geredet hast. Denn es
wird niemand in Abrede seyn können/ daß der
Schall dieser vollkommenen Stimmung/ nicht et-
was Göttliches/ reines und unsterbliches ist/ und
daß das Holtz zu sampt den Seiten cörperliche Zu-
sam-
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Socrates.
dieſen Punct noch einmal erklaͤren/ und ſolteſtu auch
daruͤber erliegen/ damit wir nur dieſer Sache/ ſo
weit es die menſchliche Schwachheit zulaͤſt/ recht ge-
wachſen werden. Und ob wir gleich in einem ſo tief-
fen Ocean nicht alles nach Wunſch erfahren koͤn-
nen/ ſo ſollen wir doch/ ſo viel immer moͤglich/ uns
der Gewißheit deſſen befleiſſen.

Wo Pferd und Wagen nicht kan gehn/
Da ſucht man Seegel/ Schiff und Nachen/
Die naſſen Puckeln ſchlecht zu machen/
So auf des Meeres Ruͤcken ſtehn.
So befeſtige uns dann/ ſo viel als immer moͤg-
lich/ in dieſer Meinung/ daß es nicht etwan einen
oder den andern mit der Zeit bereuen moͤge/ eine ſo
gute Gelegenheit/ als richtige Erklaͤrung deſſen zu
hoͤren/ aus den Haͤnden gelaſſen zu haben. Jch
muß nur bekennen/ daß ſich bey mir und dem Cebes
allerhand Schwerigkeit ereignet. Und vielleicht
nicht umſonſt/ ſagte Socrates; Darum entdecket
mir es/ in was euch dann noch nicht gaͤntzlich genug
geſchehen. Jn dieſem Punct/ ſprach Simias/ wo
du von dem/ was unſichtbar/ Goͤttlich und ſchoͤn iſt/
welches dann/ wie es ſcheinet/ eben ſo wol von dem
Gethoͤne einer wolgeſtimmten und geſchlagenen
Laute kan geſagt werden/ geredet haſt. Denn es
wird niemand in Abrede ſeyn koͤnnen/ daß der
Schall dieſer vollkommenen Stimmung/ nicht et-
was Goͤttliches/ reines und unſterbliches iſt/ und
daß das Holtz zu ſampt den Seiten coͤrperliche Zu-
ſam-
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[63/0321] Socrates. dieſen Punct noch einmal erklaͤren/ und ſolteſtu auch daruͤber erliegen/ damit wir nur dieſer Sache/ ſo weit es die menſchliche Schwachheit zulaͤſt/ recht ge- wachſen werden. Und ob wir gleich in einem ſo tief- fen Ocean nicht alles nach Wunſch erfahren koͤn- nen/ ſo ſollen wir doch/ ſo viel immer moͤglich/ uns der Gewißheit deſſen befleiſſen. Wo Pferd und Wagen nicht kan gehn/ Da ſucht man Seegel/ Schiff und Nachen/ Die naſſen Puckeln ſchlecht zu machen/ So auf des Meeres Ruͤcken ſtehn. So befeſtige uns dann/ ſo viel als immer moͤg- lich/ in dieſer Meinung/ daß es nicht etwan einen oder den andern mit der Zeit bereuen moͤge/ eine ſo gute Gelegenheit/ als richtige Erklaͤrung deſſen zu hoͤren/ aus den Haͤnden gelaſſen zu haben. Jch muß nur bekennen/ daß ſich bey mir und dem Cebes allerhand Schwerigkeit ereignet. Und vielleicht nicht umſonſt/ ſagte Socrates; Darum entdecket mir es/ in was euch dann noch nicht gaͤntzlich genug geſchehen. Jn dieſem Punct/ ſprach Simias/ wo du von dem/ was unſichtbar/ Goͤttlich und ſchoͤn iſt/ welches dann/ wie es ſcheinet/ eben ſo wol von dem Gethoͤne einer wolgeſtimmten und geſchlagenen Laute kan geſagt werden/ geredet haſt. Denn es wird niemand in Abrede ſeyn koͤnnen/ daß der Schall dieſer vollkommenen Stimmung/ nicht et- was Goͤttliches/ reines und unſterbliches iſt/ und daß das Holtz zu ſampt den Seiten coͤrperliche Zu- ſam- E 3

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/321>, abgerufen am 16.05.2024.