Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Sicherlich die bedeutsamste Errungenschaft jener neuen Anschauung der Dinge,
die auch das Leben und seine Entwickelung unter der Herrschaft der allgemeinen
Naturgesetze betrachtet, bildet die Reklamation des Menschen als unzertrennlichen
Bestandtheil der Natur und als Gegenstand der Forschung in seinen Beziehungen
zu derselben. Wie einst die Erde durch Copernikus aus dem geträumten Mittel¬
punkte der Welt hinausgeschleudert wurde, so fand sich nunmehr der Mensch selbst,
der bisher außerhalb und über der Natur zu stehen schien, mitten in
dieselbe hineingezogen, als ein Glied der großen Kette der Wesen anerkannt, und da¬
mit seiner Ausnahmsstellung mit einem Schlage enthoben. Aber wir dürfen behaup¬
ten, daß ihm mit dieser endlichen Anerkennung seiner Erdenbürgerschaft auch nicht
ein Titelchen seiner Würden, nicht der kleinste Strahl seines Glorienscheins geraubt
worden ist. Im Gegentheil, erst jetzt, nachdem er erkennen konnte, aus wie tiefen
Anfängen sich sein Geschlecht emporringen mußte, wird er seine Würde mit dem
vollen Bewußtsein, wirklich das oberste Glied und die Krone der Schöpfung
darzustellen, tragen.
 Carus Sterne.
Sicherlich die bedeutſamſte Errungenſchaft jener neuen Anſchauung der Dinge,
die auch das Leben und ſeine Entwickelung unter der Herrſchaft der allgemeinen
Naturgeſetze betrachtet, bildet die Reklamation des Menſchen als unzertrennlichen
Beſtandtheil der Natur und als Gegenſtand der Forſchung in ſeinen Beziehungen
zu derſelben. Wie einſt die Erde durch Copernikus aus dem geträumten Mittel¬
punkte der Welt hinausgeſchleudert wurde, ſo fand ſich nunmehr der Menſch ſelbſt,
der bisher außerhalb und über der Natur zu ſtehen ſchien, mitten in
dieſelbe hineingezogen, als ein Glied der großen Kette der Weſen anerkannt, und da¬
mit ſeiner Ausnahmsſtellung mit einem Schlage enthoben. Aber wir dürfen behaup¬
ten, daß ihm mit dieſer endlichen Anerkennung ſeiner Erdenbürgerſchaft auch nicht
ein Titelchen ſeiner Würden, nicht der kleinſte Strahl ſeines Glorienſcheins geraubt
worden iſt. Im Gegentheil, erſt jetzt, nachdem er erkennen konnte, aus wie tiefen
Anfängen ſich ſein Geſchlecht emporringen mußte, wird er ſeine Würde mit dem
vollen Bewußtſein, wirklich das oberſte Glied und die Krone der Schöpfung
darzuſtellen, tragen.
 Carus Sterne.
 
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0170"/>
        <cit>
          <quote>Sicherlich die bedeut&#x017F;am&#x017F;te Errungen&#x017F;chaft jener neuen An&#x017F;chauung der Dinge,<lb/>
die auch das Leben und &#x017F;eine Entwickelung unter der Herr&#x017F;chaft der allgemeinen<lb/>
Naturge&#x017F;etze betrachtet, bildet die Reklamation des Men&#x017F;chen als unzertrennlichen<lb/>
Be&#x017F;tandtheil der Natur und als Gegen&#x017F;tand der For&#x017F;chung in &#x017F;einen Beziehungen<lb/>
zu der&#x017F;elben. Wie ein&#x017F;t die Erde durch <hi rendition="#g">Copernikus</hi> aus dem geträumten Mittel¬<lb/>
punkte der Welt hinausge&#x017F;chleudert wurde, &#x017F;o fand &#x017F;ich nunmehr der Men&#x017F;ch &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
der bisher <hi rendition="#g">außerhalb</hi> und <hi rendition="#g">über</hi> der Natur zu &#x017F;tehen &#x017F;chien, mitten in<lb/>
die&#x017F;elbe hineingezogen, als ein Glied der großen Kette der We&#x017F;en anerkannt, und da¬<lb/>
mit &#x017F;einer Ausnahms&#x017F;tellung mit einem Schlage enthoben. Aber wir dürfen behaup¬<lb/>
ten, daß ihm mit die&#x017F;er endlichen Anerkennung &#x017F;einer Erdenbürger&#x017F;chaft auch nicht<lb/>
ein Titelchen &#x017F;einer Würden, nicht der klein&#x017F;te Strahl &#x017F;eines Glorien&#x017F;cheins geraubt<lb/>
worden i&#x017F;t. Im Gegentheil, er&#x017F;t jetzt, nachdem er erkennen konnte, aus wie tiefen<lb/>
Anfängen &#x017F;ich &#x017F;ein Ge&#x017F;chlecht emporringen mußte, wird er &#x017F;eine Würde mit dem<lb/>
vollen Bewußt&#x017F;ein, wirklich das ober&#x017F;te Glied und <hi rendition="#g">die Krone der Schöpfung</hi><lb/>
darzu&#x017F;tellen, tragen.<lb/></quote>
          <bibl rendition="#right"> <hi rendition="#b #g">Carus Sterne.</hi><lb/>
          </bibl>
        </cit>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0170] Sicherlich die bedeutſamſte Errungenſchaft jener neuen Anſchauung der Dinge, die auch das Leben und ſeine Entwickelung unter der Herrſchaft der allgemeinen Naturgeſetze betrachtet, bildet die Reklamation des Menſchen als unzertrennlichen Beſtandtheil der Natur und als Gegenſtand der Forſchung in ſeinen Beziehungen zu derſelben. Wie einſt die Erde durch Copernikus aus dem geträumten Mittel¬ punkte der Welt hinausgeſchleudert wurde, ſo fand ſich nunmehr der Menſch ſelbſt, der bisher außerhalb und über der Natur zu ſtehen ſchien, mitten in dieſelbe hineingezogen, als ein Glied der großen Kette der Weſen anerkannt, und da¬ mit ſeiner Ausnahmsſtellung mit einem Schlage enthoben. Aber wir dürfen behaup¬ ten, daß ihm mit dieſer endlichen Anerkennung ſeiner Erdenbürgerſchaft auch nicht ein Titelchen ſeiner Würden, nicht der kleinſte Strahl ſeines Glorienſcheins geraubt worden iſt. Im Gegentheil, erſt jetzt, nachdem er erkennen konnte, aus wie tiefen Anfängen ſich ſein Geſchlecht emporringen mußte, wird er ſeine Würde mit dem vollen Bewußtſein, wirklich das oberſte Glied und die Krone der Schöpfung darzuſtellen, tragen. Carus Sterne.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/170
Zitationshilfe: Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/170>, abgerufen am 29.04.2024.