So wälzt von deiner Brust sie Stein um Stein, Sie schnitzt sich Pfeile und sie weiß, sie trifft, Und immer tiefer tropft sie dir ihr Gift Durchs offne Ohr ins offne Herz hinein.
Du aber stehst und brütest vor dich hin Und fühlst, wie dir das Blut zu Eis gefriert, Und ehe noch der Hahn kräht, triumphirt Die dreimal zischelnde Versucherin.
Vergessen hast du nun den alten Schwur, Den deine Jugend einst zum Himmel that, Durch deine Adern wühlt der Selbstverrath Und dir im Herzen thront die Unnatur.
Todt ist es, todt! Dein Bauch ist dein Idol Und dein Gewissen wie dein Goldgelb rund, Du liegst im Staub und wedelst wie ein Hund Und Lüge, Lüge lacht dein Weltsymbol.
Du streichst dein Kinn und zupfst an deinem Bart Und siehst im Spiegel lächelnd dein Gesicht Und räusperst dich und merkst es selber nicht, Daß jeder Zoll an dir zum Schurken ward.
So wälzt von deiner Bruſt ſie Stein um Stein, Sie ſchnitzt ſich Pfeile und ſie weiß, ſie trifft, Und immer tiefer tropft ſie dir ihr Gift Durchs offne Ohr ins offne Herz hinein.
Du aber ſtehſt und brüteſt vor dich hin Und fühlſt, wie dir das Blut zu Eis gefriert, Und ehe noch der Hahn kräht, triumphirt Die dreimal ziſchelnde Verſucherin.
Vergeſſen haſt du nun den alten Schwur, Den deine Jugend einſt zum Himmel that, Durch deine Adern wühlt der Selbſtverrath Und dir im Herzen thront die Unnatur.
Todt iſt es, todt! Dein Bauch iſt dein Idol Und dein Gewiſſen wie dein Goldgelb rund, Du liegſt im Staub und wedelſt wie ein Hund Und Lüge, Lüge lacht dein Weltſymbol.
Du ſtreichſt dein Kinn und zupfſt an deinem Bart Und ſiehſt im Spiegel lächelnd dein Geſicht Und räusperſt dich und merkſt es ſelber nicht, Daß jeder Zoll an dir zum Schurken ward.
<TEI><text><body><divn="1"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0449"n="427"/><lgn="19"><l>So wälzt von deiner Bruſt ſie Stein um Stein,</l><lb/><l>Sie ſchnitzt ſich Pfeile und ſie weiß, ſie trifft,</l><lb/><l>Und immer tiefer tropft ſie dir ihr Gift</l><lb/><l>Durchs offne Ohr ins offne Herz hinein.</l><lb/></lg><lgn="20"><l>Du aber ſtehſt und brüteſt vor dich hin</l><lb/><l>Und fühlſt, wie dir das Blut zu Eis gefriert,</l><lb/><l>Und ehe noch der Hahn kräht, triumphirt</l><lb/><l>Die dreimal ziſchelnde Verſucherin.</l><lb/></lg><lgn="21"><l>Vergeſſen haſt du nun den alten Schwur,</l><lb/><l>Den deine Jugend einſt zum Himmel that,</l><lb/><l>Durch deine Adern wühlt der Selbſtverrath</l><lb/><l>Und dir im Herzen thront die Unnatur.</l><lb/></lg><lgn="22"><l>Todt iſt es, todt! Dein Bauch iſt dein Idol</l><lb/><l>Und dein Gewiſſen wie dein Goldgelb rund,</l><lb/><l>Du liegſt im Staub und wedelſt wie ein Hund</l><lb/><l>Und Lüge, Lüge lacht dein Weltſymbol.</l><lb/></lg><lgn="23"><l>Du ſtreichſt dein Kinn und zupfſt an deinem Bart</l><lb/><l>Und ſiehſt im Spiegel lächelnd dein Geſicht</l><lb/><l>Und räusperſt dich und merkſt es ſelber nicht,</l><lb/><l>Daß jeder Zoll an dir zum Schurken ward.</l><lb/></lg></lg></div></body></text></TEI>
[427/0449]
So wälzt von deiner Bruſt ſie Stein um Stein,
Sie ſchnitzt ſich Pfeile und ſie weiß, ſie trifft,
Und immer tiefer tropft ſie dir ihr Gift
Durchs offne Ohr ins offne Herz hinein.
Du aber ſtehſt und brüteſt vor dich hin
Und fühlſt, wie dir das Blut zu Eis gefriert,
Und ehe noch der Hahn kräht, triumphirt
Die dreimal ziſchelnde Verſucherin.
Vergeſſen haſt du nun den alten Schwur,
Den deine Jugend einſt zum Himmel that,
Durch deine Adern wühlt der Selbſtverrath
Und dir im Herzen thront die Unnatur.
Todt iſt es, todt! Dein Bauch iſt dein Idol
Und dein Gewiſſen wie dein Goldgelb rund,
Du liegſt im Staub und wedelſt wie ein Hund
Und Lüge, Lüge lacht dein Weltſymbol.
Du ſtreichſt dein Kinn und zupfſt an deinem Bart
Und ſiehſt im Spiegel lächelnd dein Geſicht
Und räusperſt dich und merkſt es ſelber nicht,
Daß jeder Zoll an dir zum Schurken ward.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/449>, abgerufen am 16.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.