Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

ultra der äussersten Verfeinerung und
Vollendung darzustellen.

Welche Zartheit und Feinheit des
Blüthenbaues, welche Pracht und wel-
cher Glanz von Farben überrascht uns
da oft bey dem unansehnlichsten Ge-
wächs, dem wir eine solche Entwick-
lung nie zugetraut hätten? Es ist gleich-
sam das Feyerkleid, womit die Pflanze
ihr höchstes Fest feyert, aber womit sie
auch oft ihren ganzen Vorrath von Le-
benskraft, entweder auf immer, oder
doch auf eine lange Zeit erschöpft.

Alle Gewächse ohne Ausnahme, ver-
lieren sogleich nach dieser Catastrophe
die Lebhaftigkeit ihrer Vegetation, fan-
gen an still zu stehen, abzunehmen, und
sie ist der Anfang ihres Absterbens.
Bey allen einjährigen Gewächsen folgt
das völlige Absterben nach, bey den
grössern und den Bäumen wenigstens
ein temporeller Tod, ein halbjähriger
Stillstand, bis sie vermöge ihrer grossen

G 2

ultra der äuſſerſten Verfeinerung und
Vollendung darzuſtellen.

Welche Zartheit und Feinheit des
Blüthenbaues, welche Pracht und wel-
cher Glanz von Farben überraſcht uns
da oft bey dem unanſehnlichſten Ge-
wächs, dem wir eine ſolche Entwick-
lung nie zugetraut hätten? Es iſt gleich-
ſam das Feyerkleid, womit die Pflanze
ihr höchſtes Feſt feyert, aber womit ſie
auch oft ihren ganzen Vorrath von Le-
benskraft, entweder auf immer, oder
doch auf eine lange Zeit erſchöpft.

Alle Gewächſe ohne Ausnahme, ver-
lieren ſogleich nach dieſer Cataſtrophe
die Lebhaftigkeit ihrer Vegetation, fan-
gen an ſtill zu ſtehen, abzunehmen, und
ſie iſt der Anfang ihres Abſterbens.
Bey allen einjährigen Gewächſen folgt
das völlige Abſterben nach, bey den
gröſsern und den Bäumen wenigſtens
ein temporeller Tod, ein halbjähriger
Stillſtand, bis ſie vermöge ihrer groſsen

G 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#i"><pb facs="#f0127" n="99"/>
ultra</hi> der äu&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Verfeinerung und<lb/>
Vollendung darzu&#x017F;tellen.</p><lb/>
          <p>Welche Zartheit und Feinheit des<lb/>
Blüthenbaues, welche Pracht und wel-<lb/>
cher Glanz von Farben überra&#x017F;cht uns<lb/>
da oft bey dem unan&#x017F;ehnlich&#x017F;ten Ge-<lb/>
wächs, dem wir eine &#x017F;olche Entwick-<lb/>
lung nie zugetraut hätten? Es i&#x017F;t gleich-<lb/>
&#x017F;am das Feyerkleid, womit die Pflanze<lb/>
ihr höch&#x017F;tes Fe&#x017F;t feyert, aber womit &#x017F;ie<lb/>
auch oft ihren ganzen Vorrath von Le-<lb/>
benskraft, entweder auf immer, oder<lb/>
doch auf eine lange Zeit er&#x017F;chöpft.</p><lb/>
          <p>Alle Gewäch&#x017F;e ohne Ausnahme, ver-<lb/>
lieren &#x017F;ogleich nach die&#x017F;er Cata&#x017F;trophe<lb/>
die Lebhaftigkeit ihrer Vegetation, fan-<lb/>
gen an &#x017F;till zu &#x017F;tehen, abzunehmen, und<lb/>
&#x017F;ie i&#x017F;t der Anfang ihres Ab&#x017F;terbens.<lb/>
Bey allen einjährigen Gewäch&#x017F;en folgt<lb/>
das völlige Ab&#x017F;terben nach, bey den<lb/>
grö&#x017F;sern und den Bäumen wenig&#x017F;tens<lb/>
ein temporeller Tod, ein halbjähriger<lb/>
Still&#x017F;tand, bis &#x017F;ie vermöge ihrer gro&#x017F;sen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G 2</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0127] ultra der äuſſerſten Verfeinerung und Vollendung darzuſtellen. Welche Zartheit und Feinheit des Blüthenbaues, welche Pracht und wel- cher Glanz von Farben überraſcht uns da oft bey dem unanſehnlichſten Ge- wächs, dem wir eine ſolche Entwick- lung nie zugetraut hätten? Es iſt gleich- ſam das Feyerkleid, womit die Pflanze ihr höchſtes Feſt feyert, aber womit ſie auch oft ihren ganzen Vorrath von Le- benskraft, entweder auf immer, oder doch auf eine lange Zeit erſchöpft. Alle Gewächſe ohne Ausnahme, ver- lieren ſogleich nach dieſer Cataſtrophe die Lebhaftigkeit ihrer Vegetation, fan- gen an ſtill zu ſtehen, abzunehmen, und ſie iſt der Anfang ihres Abſterbens. Bey allen einjährigen Gewächſen folgt das völlige Abſterben nach, bey den gröſsern und den Bäumen wenigſtens ein temporeller Tod, ein halbjähriger Stillſtand, bis ſie vermöge ihrer groſsen G 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/127
Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/127>, abgerufen am 02.05.2024.