sches Wesen. Hier scheint die ganze Existenz fast in unaufhörlicher Bewe- gung und Fortpflanzung zu bestehen, also in unaufhörlicher Selbstconsumtion, und an Nahrung und Restauration ist fast gar nicht zu denken, denn viele Schmetterlinge bringen in diesem Zu- stand gar keinen Mund mit auf die Welt. Bey einer solchen Verfeinerung der Or- ganisation, bey einer solchen Dispro- portion zwischen Einnahme und Aus- gabe ist keine Dauer möglich, und die Erfahrung bestätigt es, dass das Insect sehr bald stirbt. Hier stellt uns also das nehmliche Geschöpf den Zu- stand des vollkommensten und unvoll- kommensten Lebens und die damit ver- bundene längere oder kürzere Dauer sehr anschaulich dar.
Die Amphibien, diese kalten Zwit- tergeschöpfe, können ihr Leben ausser- ordentlich hoch bringen; ein Vorzug, den sie vorzüglich der Zähigkeit ihres Lebens, d. h. der sehr innigen und
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ſches Weſen. Hier ſcheint die ganze Exiſtenz faſt in unaufhörlicher Bewe- gung und Fortpflanzung zu beſtehen, alſo in unaufhörlicher Selbſtconſumtion, und an Nahrung und Reſtauration iſt faſt gar nicht zu denken, denn viele Schmetterlinge bringen in dieſem Zu- ſtand gar keinen Mund mit auf die Welt. Bey einer ſolchen Verfeinerung der Or- ganiſation, bey einer ſolchen Dispro- portion zwiſchen Einnahme und Aus- gabe iſt keine Dauer möglich, und die Erfahrung beſtätigt es, daſs das Inſect ſehr bald ſtirbt. Hier ſtellt uns alſo das nehmliche Geſchöpf den Zu- ſtand des vollkommenſten und unvoll- kommenſten Lebens und die damit ver- bundene längere oder kürzere Dauer ſehr anſchaulich dar.
Die Amphibien, dieſe kalten Zwit- tergeſchöpfe, können ihr Leben auſſer- ordentlich hoch bringen; ein Vorzug, den ſie vorzüglich der Zähigkeit ihres Lebens, d. h. der ſehr innigen und
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ſches Weſen. Hier ſcheint die ganze
Exiſtenz faſt in unaufhörlicher Bewe-
gung und Fortpflanzung zu beſtehen,
alſo in unaufhörlicher Selbſtconſumtion,
und an Nahrung und Reſtauration iſt
faſt gar nicht zu denken, denn viele
Schmetterlinge bringen in dieſem Zu-
ſtand gar keinen Mund mit auf die Welt.
Bey einer ſolchen Verfeinerung der Or-
ganiſation, bey einer ſolchen Dispro-
portion zwiſchen Einnahme und Aus-
gabe iſt keine Dauer möglich, und die
Erfahrung beſtätigt es, daſs das Inſect
ſehr bald ſtirbt. Hier ſtellt uns
alſo das nehmliche Geſchöpf den Zu-
ſtand des vollkommenſten und unvoll-
kommenſten Lebens und die damit ver-
bundene längere oder kürzere Dauer
ſehr anſchaulich dar.
Die Amphibien, dieſe kalten Zwit-
tergeſchöpfe, können ihr Leben auſſer-
ordentlich hoch bringen; ein Vorzug,
den ſie vorzüglich der Zähigkeit ihres
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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/143>, abgerufen am 02.05.2024.
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