Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorurtheile noch dabey herrschen, so
wundert es einen nicht mehr, dass in
Teutschland so wenig Verunglückte ge-
rettet werden, und ich beschwöre hier
alle Obrigkeiten, diesem wichtigsten
Theil der Rettungsanstalt mehr Vollkom-
menheit zu geben, wohin ich auch die
Ausrottung der Vorurtheile, *) der
Streitigkeiten über Jurisdiction, die Be-
lohnungen des Findens, und die Bestra-
fung jeder muthwilligen Verzögerung
rechne.

2. Man entkleide sogleich den Ver-
unglückten, und suche so geschwind

*) Dahin gehört die schändliche Furcht für dem
schimpflichen und unehrlichen, was das Behand-
len eines solchen Verunglückten mit sich führe,
der teuflische Aberglauben mancher Fischer,
man dürfe vor Sonnenuntergang einen Ertrunke-
nen nicht ausfischen, um dem Fischfang keinen
Schaden zu thun, oder, es müsse mancher Fluss
jährlich sein Opfer haben, und dergleichen Mey-
nungen mehr, die unter dem gemeinen Haufen
noch immer mehr, als man denkt, herrschen.
U u 2

Vorurtheile noch dabey herrſchen, ſo
wundert es einen nicht mehr, daſs in
Teutſchland ſo wenig Verunglückte ge-
rettet werden, und ich beſchwöre hier
alle Obrigkeiten, dieſem wichtigſten
Theil der Rettungsanſtalt mehr Vollkom-
menheit zu geben, wohin ich auch die
Ausrottung der Vorurtheile, *) der
Streitigkeiten über Jurisdiction, die Be-
lohnungen des Findens, und die Beſtra-
fung jeder muthwilligen Verzögerung
rechne.

2. Man entkleide ſogleich den Ver-
unglückten, und ſuche ſo geſchwind

*) Dahin gehört die ſchändliche Furcht für dem
ſchimpflichen und unehrlichen, was das Behand-
len eines ſolchen Verunglückten mit ſich führe,
der teufliſche Aberglauben mancher Fiſcher,
man dürfe vor Sonnenuntergang einen Ertrunke-
nen nicht ausfiſchen, um dem Fiſchfang keinen
Schaden zu thun, oder, es müſſe mancher Fluſs
jährlich ſein Opfer haben, und dergleichen Mey-
nungen mehr, die unter dem gemeinen Haufen
noch immer mehr, als man denkt, herrſchen.
U u 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0703" n="675"/>
Vorurtheile noch dabey herr&#x017F;chen, &#x017F;o<lb/>
wundert es einen nicht mehr, da&#x017F;s in<lb/>
Teut&#x017F;chland &#x017F;o wenig Verunglückte ge-<lb/>
rettet werden, und ich be&#x017F;chwöre hier<lb/>
alle Obrigkeiten, die&#x017F;em wichtig&#x017F;ten<lb/>
Theil der Rettungsan&#x017F;talt mehr Vollkom-<lb/>
menheit zu geben, wohin ich auch die<lb/>
Ausrottung der Vorurtheile, <note place="foot" n="*)">Dahin gehört die &#x017F;chändliche Furcht für dem<lb/>
&#x017F;chimpflichen und unehrlichen, was das Behand-<lb/>
len eines &#x017F;olchen Verunglückten mit &#x017F;ich führe,<lb/>
der teufli&#x017F;che Aberglauben mancher Fi&#x017F;cher,<lb/>
man dürfe vor Sonnenuntergang einen Ertrunke-<lb/>
nen nicht ausfi&#x017F;chen, um dem Fi&#x017F;chfang keinen<lb/>
Schaden zu thun, oder, es mü&#x017F;&#x017F;e mancher Flu&#x017F;s<lb/>
jährlich &#x017F;ein Opfer haben, und dergleichen Mey-<lb/>
nungen mehr, die unter dem gemeinen Haufen<lb/>
noch immer mehr, als man denkt, herr&#x017F;chen.</note> der<lb/>
Streitigkeiten über Jurisdiction, die Be-<lb/>
lohnungen des Findens, und die Be&#x017F;tra-<lb/>
fung jeder muthwilligen Verzögerung<lb/>
rechne.</p><lb/>
            <p>2. Man entkleide &#x017F;ogleich den Ver-<lb/>
unglückten, und &#x017F;uche &#x017F;o ge&#x017F;chwind<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U u 2</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[675/0703] Vorurtheile noch dabey herrſchen, ſo wundert es einen nicht mehr, daſs in Teutſchland ſo wenig Verunglückte ge- rettet werden, und ich beſchwöre hier alle Obrigkeiten, dieſem wichtigſten Theil der Rettungsanſtalt mehr Vollkom- menheit zu geben, wohin ich auch die Ausrottung der Vorurtheile, *) der Streitigkeiten über Jurisdiction, die Be- lohnungen des Findens, und die Beſtra- fung jeder muthwilligen Verzögerung rechne. 2. Man entkleide ſogleich den Ver- unglückten, und ſuche ſo geſchwind *) Dahin gehört die ſchändliche Furcht für dem ſchimpflichen und unehrlichen, was das Behand- len eines ſolchen Verunglückten mit ſich führe, der teufliſche Aberglauben mancher Fiſcher, man dürfe vor Sonnenuntergang einen Ertrunke- nen nicht ausfiſchen, um dem Fiſchfang keinen Schaden zu thun, oder, es müſſe mancher Fluſs jährlich ſein Opfer haben, und dergleichen Mey- nungen mehr, die unter dem gemeinen Haufen noch immer mehr, als man denkt, herrſchen. U u 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/703
Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 675. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/703>, abgerufen am 06.05.2024.