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Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.

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Periode 4. Quellen.
wenn er die ächten Schriften hätte verbren-
nen lassen, denn seine Zeitgenossen studirten
nun die Quellen auch nicht einmahl mehr für
sich, was sie doch ohne Falsum thun durften.

§. 147.

In Zeit von einem Jahre war die Samm-
lung von Constitutionen fertig, das Werk,
welches der Kaiser des Nahmens Codex Ju-
stinianeus
würdig hielt, weil noch nie ein
Codex alles Brauchbare aus den Constitutio-
nen vereinigt, und doch nur das Brauchbare,
Nahmen und Datum allein waren eine Zu-
gabe, enthalten hätte. Der Kaiser mochte
sehen, daß eine solche Hercules-Arbeit im
Grunde leichter sey, als man glauben sollte,
znmahl da nie ein Schlosser ihm die Freu-
de verdarb; Er selbst kam auf die Idee,
oder Tribonian, der sich bey der ersten Ar-
beit ausgezeichnet haben muß, und der keine
Leidenschaft seines Herrn so gut benutzen konn-
te, als diese Juristische, brachte ihn darauf,
es sey gar nichts unmögliches, wenigstens
unter einer so augenscheinlich vom Himmel
gesegneten Regierung, auch die andern Ge-
setze in einen solchen vermehrten und verbes-
serten Auszug zu bringen. So sehr war die
Latinität und die Jurisprudenz gesunken, daß
man nun schon längst auch das ein Gesetz

nann-

Periode 4. Quellen.
wenn er die aͤchten Schriften haͤtte verbren-
nen laſſen, denn ſeine Zeitgenoſſen ſtudirten
nun die Quellen auch nicht einmahl mehr fuͤr
ſich, was ſie doch ohne Falſum thun durften.

§. 147.

In Zeit von einem Jahre war die Samm-
lung von Conſtitutionen fertig, das Werk,
welches der Kaiſer des Nahmens Codex Ju-
ſtinianeus
wuͤrdig hielt, weil noch nie ein
Codex alles Brauchbare aus den Conſtitutio-
nen vereinigt, und doch nur das Brauchbare,
Nahmen und Datum allein waren eine Zu-
gabe, enthalten haͤtte. Der Kaiſer mochte
ſehen, daß eine ſolche Hercules-Arbeit im
Grunde leichter ſey, als man glauben ſollte,
znmahl da nie ein Schloſſer ihm die Freu-
de verdarb; Er ſelbſt kam auf die Idee,
oder Tribonian, der ſich bey der erſten Ar-
beit ausgezeichnet haben muß, und der keine
Leidenſchaft ſeines Herrn ſo gut benutzen konn-
te, als dieſe Juriſtiſche, brachte ihn darauf,
es ſey gar nichts unmoͤgliches, wenigſtens
unter einer ſo augenſcheinlich vom Himmel
geſegneten Regierung, auch die andern Ge-
ſetze in einen ſolchen vermehrten und verbeſ-
ſerten Auszug zu bringen. So ſehr war die
Latinitaͤt und die Jurisprudenz geſunken, daß
man nun ſchon laͤngſt auch das ein Geſetz

nann-
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[171/0183] Periode 4. Quellen. wenn er die aͤchten Schriften haͤtte verbren- nen laſſen, denn ſeine Zeitgenoſſen ſtudirten nun die Quellen auch nicht einmahl mehr fuͤr ſich, was ſie doch ohne Falſum thun durften. §. 147. In Zeit von einem Jahre war die Samm- lung von Conſtitutionen fertig, das Werk, welches der Kaiſer des Nahmens Codex Ju- ſtinianeus wuͤrdig hielt, weil noch nie ein Codex alles Brauchbare aus den Conſtitutio- nen vereinigt, und doch nur das Brauchbare, Nahmen und Datum allein waren eine Zu- gabe, enthalten haͤtte. Der Kaiſer mochte ſehen, daß eine ſolche Hercules-Arbeit im Grunde leichter ſey, als man glauben ſollte, znmahl da nie ein Schloſſer ihm die Freu- de verdarb; Er ſelbſt kam auf die Idee, oder Tribonian, der ſich bey der erſten Ar- beit ausgezeichnet haben muß, und der keine Leidenſchaft ſeines Herrn ſo gut benutzen konn- te, als dieſe Juriſtiſche, brachte ihn darauf, es ſey gar nichts unmoͤgliches, wenigſtens unter einer ſo augenſcheinlich vom Himmel geſegneten Regierung, auch die andern Ge- ſetze in einen ſolchen vermehrten und verbeſ- ſerten Auszug zu bringen. So ſehr war die Latinitaͤt und die Jurisprudenz geſunken, daß man nun ſchon laͤngſt auch das ein Geſetz nann-

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Zitationshilfe: Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/183>, abgerufen am 29.04.2024.