gebirgsarten, die sie ablösen, verkünden die Nähe des Urgebirges. Wir sahen ansehnliche Berge aufgebaut aus altem Sandstein, den die Mineralogen der Freiberger Schule als Grauwacke und Grauwackenschiefer aufführen. Ich weiß nicht, ob diese Formation, die im südlichen Europa nicht häufig vorkommt, auch in anderen Strichen Spaniens aufgefunden worden ist. Eckige Bruchstücke von lydischem Stein, die in den Thälern am Boden liegen, schienen uns darauf zu deuten, daß die Grauwacke dem Uebergangsschiefer aufgelagert ist. Bei Corunda selbst erheben sich Granitgipfel, die bis zum Kap Ortegal fortstreichen. Diese Granite, welche einst mit denen in Bre- tagne und Wales in Zusammenhang gestanden haben mögen, sind vielleicht die Trümmer einer von den Fluten zertrümmerten und verschlungenen Bergkette. Schöne große Feldspatkristalle sind für dieses Gestein charakteristisch, Zinnstein ist darin ein- gesprengt, und von den Galiciern wird darauf ein mühsamer, wenig ergiebiger Bergbau betrieben.
In Corunda angelangt, fanden wir den Hafen von zwei englischen Fregatten und einem Linienschiff blockiert. Diese Fahrzeuge sollten den Verkehr zwischen dem Mutterlande und den Kolonieen in Amerika unterbrechen; denn von Corunda, nicht von Cadiz lief damals jeden Monat ein Paketboot (Correo maritimo) nach der Havana aus, und alle zwei Monate ein anderes nach Buenos Ayres oder der Mündung des La Plata. Ich werde später den Zustand der Posten auf dem neuen Kontinent genau beschreiben; hier nur so viel, daß seit dem Ministerium des Grafen Florida Blanca der Dienst der "Landkuriere" so gut eingerichtet ist, daß einer in Paraguay oder in der Provinz Jaen de Bracamoros nur durch sie ziemlich regelmäßig mit einem in Neumexiko oder an der Küste von Neukalifornien korrespondiern kann, also so weit, als es von Paris nach Siam oder von Wien an das Kap der guten Hoffnung ist. Ebenso gelangt ein Brief, den man in einer kleinen Stadt in Aragonien zur Post gibt, nach Chile oder in die Missionen am Orinoko, wenn nur der Name des Corregimiento oder Bezirkes, in dem das betreffende india- nische Dorf liegt, genau angegeben ist. Mit Vergnügen verweilt der Gedanke bei Einrichtungen, die für eine der größten Wohlthaten der Kultur der neueren Zeit gelten können. Die Einrichtung der Kuriere zur See und im inneren Lande hat das Band zwischen den Kolonieen unter sich und mit dem Mutterlande enger geknüpft. Der Gedankenaustausch wurde
gebirgsarten, die ſie ablöſen, verkünden die Nähe des Urgebirges. Wir ſahen anſehnliche Berge aufgebaut aus altem Sandſtein, den die Mineralogen der Freiberger Schule als Grauwacke und Grauwackenſchiefer aufführen. Ich weiß nicht, ob dieſe Formation, die im ſüdlichen Europa nicht häufig vorkommt, auch in anderen Strichen Spaniens aufgefunden worden iſt. Eckige Bruchſtücke von lydiſchem Stein, die in den Thälern am Boden liegen, ſchienen uns darauf zu deuten, daß die Grauwacke dem Uebergangsſchiefer aufgelagert iſt. Bei Coruña ſelbſt erheben ſich Granitgipfel, die bis zum Kap Ortegal fortſtreichen. Dieſe Granite, welche einſt mit denen in Bre- tagne und Wales in Zuſammenhang geſtanden haben mögen, ſind vielleicht die Trümmer einer von den Fluten zertrümmerten und verſchlungenen Bergkette. Schöne große Feldſpatkriſtalle ſind für dieſes Geſtein charakteriſtiſch, Zinnſtein iſt darin ein- geſprengt, und von den Galiciern wird darauf ein mühſamer, wenig ergiebiger Bergbau betrieben.
In Coruña angelangt, fanden wir den Hafen von zwei engliſchen Fregatten und einem Linienſchiff blockiert. Dieſe Fahrzeuge ſollten den Verkehr zwiſchen dem Mutterlande und den Kolonieen in Amerika unterbrechen; denn von Coruña, nicht von Cadiz lief damals jeden Monat ein Paketboot (Correo maritimo) nach der Havana aus, und alle zwei Monate ein anderes nach Buenos Ayres oder der Mündung des La Plata. Ich werde ſpäter den Zuſtand der Poſten auf dem neuen Kontinent genau beſchreiben; hier nur ſo viel, daß ſeit dem Miniſterium des Grafen Florida Blanca der Dienſt der „Landkuriere“ ſo gut eingerichtet iſt, daß einer in Paraguay oder in der Provinz Jaen de Bracamoros nur durch ſie ziemlich regelmäßig mit einem in Neumexiko oder an der Küſte von Neukalifornien korreſpondiern kann, alſo ſo weit, als es von Paris nach Siam oder von Wien an das Kap der guten Hoffnung iſt. Ebenſo gelangt ein Brief, den man in einer kleinen Stadt in Aragonien zur Poſt gibt, nach Chile oder in die Miſſionen am Orinoko, wenn nur der Name des Corregimiento oder Bezirkes, in dem das betreffende india- niſche Dorf liegt, genau angegeben iſt. Mit Vergnügen verweilt der Gedanke bei Einrichtungen, die für eine der größten Wohlthaten der Kultur der neueren Zeit gelten können. Die Einrichtung der Kuriere zur See und im inneren Lande hat das Band zwiſchen den Kolonieen unter ſich und mit dem Mutterlande enger geknüpft. Der Gedankenaustauſch wurde
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[14/0030]
gebirgsarten, die ſie ablöſen, verkünden die Nähe des Urgebirges.
Wir ſahen anſehnliche Berge aufgebaut aus altem Sandſtein,
den die Mineralogen der Freiberger Schule als Grauwacke
und Grauwackenſchiefer aufführen. Ich weiß nicht, ob dieſe
Formation, die im ſüdlichen Europa nicht häufig vorkommt,
auch in anderen Strichen Spaniens aufgefunden worden iſt.
Eckige Bruchſtücke von lydiſchem Stein, die in den Thälern
am Boden liegen, ſchienen uns darauf zu deuten, daß die
Grauwacke dem Uebergangsſchiefer aufgelagert iſt. Bei Coruña
ſelbſt erheben ſich Granitgipfel, die bis zum Kap Ortegal
fortſtreichen. Dieſe Granite, welche einſt mit denen in Bre-
tagne und Wales in Zuſammenhang geſtanden haben mögen,
ſind vielleicht die Trümmer einer von den Fluten zertrümmerten
und verſchlungenen Bergkette. Schöne große Feldſpatkriſtalle
ſind für dieſes Geſtein charakteriſtiſch, Zinnſtein iſt darin ein-
geſprengt, und von den Galiciern wird darauf ein mühſamer,
wenig ergiebiger Bergbau betrieben.
In Coruña angelangt, fanden wir den Hafen von zwei
engliſchen Fregatten und einem Linienſchiff blockiert. Dieſe
Fahrzeuge ſollten den Verkehr zwiſchen dem Mutterlande und
den Kolonieen in Amerika unterbrechen; denn von Coruña,
nicht von Cadiz lief damals jeden Monat ein Paketboot
(Correo maritimo) nach der Havana aus, und alle zwei
Monate ein anderes nach Buenos Ayres oder der Mündung
des La Plata. Ich werde ſpäter den Zuſtand der Poſten
auf dem neuen Kontinent genau beſchreiben; hier nur ſo viel,
daß ſeit dem Miniſterium des Grafen Florida Blanca der
Dienſt der „Landkuriere“ ſo gut eingerichtet iſt, daß einer
in Paraguay oder in der Provinz Jaen de Bracamoros nur
durch ſie ziemlich regelmäßig mit einem in Neumexiko oder
an der Küſte von Neukalifornien korreſpondiern kann, alſo
ſo weit, als es von Paris nach Siam oder von Wien an das
Kap der guten Hoffnung iſt. Ebenſo gelangt ein Brief, den
man in einer kleinen Stadt in Aragonien zur Poſt gibt, nach
Chile oder in die Miſſionen am Orinoko, wenn nur der Name
des Corregimiento oder Bezirkes, in dem das betreffende india-
niſche Dorf liegt, genau angegeben iſt. Mit Vergnügen verweilt
der Gedanke bei Einrichtungen, die für eine der größten
Wohlthaten der Kultur der neueren Zeit gelten können. Die
Einrichtung der Kuriere zur See und im inneren Lande hat
das Band zwiſchen den Kolonieen unter ſich und mit dem
Mutterlande enger geknüpft. Der Gedankenaustauſch wurde
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/30>, abgerufen am 09.08.2022.
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