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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

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des ewigen Schnees an den beiden Abfällen des Himalaya und der Alpen-Kette Hindukusch. "Bei der letzteren Kette", sagt er, "liegt das Tafelland in Süden, und deshalb ist die Schneehöhe am südlichen Abhange größer; umgekehrt als am Himalaya, der von warmen Ebenen in Süden, wie der Hindukusch in Norden, begrenzt ist." So viel auch noch im Einzelnen die hier behandelten hypsometrischen Angaben kritischer Berichtigungen bedürfen, so steht doch die Thatsache fest, daß die wunderbare Gestaltung eines Theils der Erdoberfläche in Inner-Asien dem Menschengeschlechte verleihet: Möglichkeit der Verbreitung, Nahrung, Brennstoffe, und Ansiedelung in einer Höhe über der Meeresfläche, die in fast allen anderen Theilen beider Continente (doch nicht in dem dürren, schneearmen Bolivia, wo Pentland die Schneegrenze unter 16°-17°3/4 südlicher Breite im Jahr 1838 in einer Mittelhöhe von 2450 T. fand) ewig mit Eis bedeckt ist. Die mir wahrscheinlichen Unterschiede der nördlichen und südlichen Abhänge der Himalaya-Kette in Hinsicht auf den ewigen Schnee sind auch durch die Barometer-Messungen von Victor Jacquemont, welcher so früh ein unglückliches Opfer seiner edeln und rastlosen Thätigkeit wurde, vollkommen bestätigt worden (s. dessen Correspondance pendant son Voyage dans l'Inde 1833 T. I. p. 291, und Voyage dans l'Inde pendant les annees 1828 a 1832, Livr. 23. p. 290, 296, 299). "Les neiges perpetuelles", sagt Jacquemont, "descendent plus bas sur la pente meridionale de l'Himalaya, que sur les pentes septentrionales, et leur limite s'eleve constamment a mesure que l'on s'eloigne vers le nord de la chaeine qui borde l'Inde. Sur le Col de Kioubrong a 5581 metres (2863 t.) de hauteur selon le Capitaine Gerard, je me trouvai encore bien au-dessous de la limite des neiges perpetuelles que dans cette partie de l'Himalaya je croirais (wohl viel zu hoch geschätzt!) de 6000 metres ou 3078 t." Zu welcher Höhe, sagt der benannte Reisende, man sich auf dem südlichen Abfall erhebe, immer behält das Klima denselben Charakter, dieselbe Abtheilung der Jahreszeiten, wie in den indischen Ebenen. "Das Sommer-Solstitium führt dort dieselben Regengüsse herbei, welche ohne Unterbrechung bis zum Herbst-Aequinoctium dauern. Erst von Kaschmir an, das ich 5350 engl. Fuß (837 T., also fast wie die Städte Merida und Popayan) gefunden, beginnt ein neues, ganz verschiedenartiges
des ewigen Schnees an den beiden Abfällen des Himalaya und der Alpen-Kette Hindukusch. „Bei der letzteren Kette“, sagt er, „liegt das Tafelland in Süden, und deshalb ist die Schneehöhe am südlichen Abhange größer; umgekehrt als am Himalaya, der von warmen Ebenen in Süden, wie der Hindukusch in Norden, begrenzt ist.“ So viel auch noch im Einzelnen die hier behandelten hypsometrischen Angaben kritischer Berichtigungen bedürfen, so steht doch die Thatsache fest, daß die wunderbare Gestaltung eines Theils der Erdoberfläche in Inner-Asien dem Menschengeschlechte verleihet: Möglichkeit der Verbreitung, Nahrung, Brennstoffe, und Ansiedelung in einer Höhe über der Meeresfläche, die in fast allen anderen Theilen beider Continente (doch nicht in dem dürren, schneearmen Bolivia, wo Pentland die Schneegrenze unter 16°–17°¾ südlicher Breite im Jahr 1838 in einer Mittelhöhe von 2450 T. fand) ewig mit Eis bedeckt ist. Die mir wahrscheinlichen Unterschiede der nördlichen und südlichen Abhänge der Himalaya-Kette in Hinsicht auf den ewigen Schnee sind auch durch die Barometer-Messungen von Victor Jacquemont, welcher so früh ein unglückliches Opfer seiner edeln und rastlosen Thätigkeit wurde, vollkommen bestätigt worden (s. dessen Correspondance pendant son Voyage dans l'Inde 1833 T. I. p. 291, und Voyage dans l'Inde pendant les années 1828 à 1832, Livr. 23. p. 290, 296, 299). »Les neiges perpétuelles«, sagt Jacquemont, »descendent plus bas sur la pente méridionale de l'Himalaya, que sur les pentes septentrionales, et leur limite s'élève constamment à mesure que l'on s'éloigne vers le nord de la chaîne qui borde l'Inde. Sur le Col de Kioubrong à 5581 mètres (2863 t.) de hauteur selon le Capitaine Gerard, je me trouvai encore bien au-dessous de la limite des neiges perpétuelles que dans cette partie de l'Himalaya je croirais (wohl viel zu hoch geschätzt!) de 6000 mètres ou 3078 t.« Zu welcher Höhe, sagt der benannte Reisende, man sich auf dem südlichen Abfall erhebe, immer behält das Klima denselben Charakter, dieselbe Abtheilung der Jahreszeiten, wie in den indischen Ebenen. „Das Sommer-Solstitium führt dort dieselben Regengüsse herbei, welche ohne Unterbrechung bis zum Herbst-Aequinoctium dauern. Erst von Kaschmir an, das ich 5350 engl. Fuß (837 T., also fast wie die Städte Merida und Popayan) gefunden, beginnt ein neues, ganz verschiedenartiges
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[46/0065] ⁵ des ewigen Schnees an den beiden Abfällen des Himalaya und der Alpen-Kette Hindukusch. „Bei der letzteren Kette“, sagt er, „liegt das Tafelland in Süden, und deshalb ist die Schneehöhe am südlichen Abhange größer; umgekehrt als am Himalaya, der von warmen Ebenen in Süden, wie der Hindukusch in Norden, begrenzt ist.“ So viel auch noch im Einzelnen die hier behandelten hypsometrischen Angaben kritischer Berichtigungen bedürfen, so steht doch die Thatsache fest, daß die wunderbare Gestaltung eines Theils der Erdoberfläche in Inner-Asien dem Menschengeschlechte verleihet: Möglichkeit der Verbreitung, Nahrung, Brennstoffe, und Ansiedelung in einer Höhe über der Meeresfläche, die in fast allen anderen Theilen beider Continente (doch nicht in dem dürren, schneearmen Bolivia, wo Pentland die Schneegrenze unter 16°–17°¾ südlicher Breite im Jahr 1838 in einer Mittelhöhe von 2450 T. fand) ewig mit Eis bedeckt ist. Die mir wahrscheinlichen Unterschiede der nördlichen und südlichen Abhänge der Himalaya-Kette in Hinsicht auf den ewigen Schnee sind auch durch die Barometer-Messungen von Victor Jacquemont, welcher so früh ein unglückliches Opfer seiner edeln und rastlosen Thätigkeit wurde, vollkommen bestätigt worden (s. dessen Correspondance pendant son Voyage dans l'Inde 1833 T. I. p. 291, und Voyage dans l'Inde pendant les années 1828 à 1832, Livr. 23. p. 290, 296, 299). »Les neiges perpétuelles«, sagt Jacquemont, »descendent plus bas sur la pente méridionale de l'Himalaya, que sur les pentes septentrionales, et leur limite s'élève constamment à mesure que l'on s'éloigne vers le nord de la chaîne qui borde l'Inde. Sur le Col de Kioubrong à 5581 mètres (2863 t.) de hauteur selon le Capitaine Gerard, je me trouvai encore bien au-dessous de la limite des neiges perpétuelles que dans cette partie de l'Himalaya je croirais (wohl viel zu hoch geschätzt!) de 6000 mètres ou 3078 t.« Zu welcher Höhe, sagt der benannte Reisende, man sich auf dem südlichen Abfall erhebe, immer behält das Klima denselben Charakter, dieselbe Abtheilung der Jahreszeiten, wie in den indischen Ebenen. „Das Sommer-Solstitium führt dort dieselben Regengüsse herbei, welche ohne Unterbrechung bis zum Herbst-Aequinoctium dauern. Erst von Kaschmir an, das ich 5350 engl. Fuß (837 T., also fast wie die Städte Merida und Popayan) gefunden, beginnt ein neues, ganz verschiedenartiges

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/65>, abgerufen am 27.04.2024.