Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Drei große Regenten, die ersten drei Ptolemäer, deren Regierung ein ganzes Jahrhundert ausfüllt, haben, durch ihre Liebe für die Wissenschaften, durch die glänzendsten Anstalten zur Beförderung geistiger Bildung und durch ununterbrochenes Streben nach Erweiterung des Seehandels, der Natur- und Länderkenntniß einen Zuwachs verschafft, wie derselbe bis dahin noch von keinem Volke errungen worden war. Dieser Schatz ächt wissenschaftlicher Cultur ging von den in Aegypten angesiedelten Hellenen zu den Römern über. Schon unter Ptolemäus Philadelphus, kaum ein halbes Jahrhundert nach dem Tode Alexanders (selbst eher als der erste punische Krieg den aristocratischen Freistaat der Carthager erschütterte), war Alexandria der größte Handelsplatz der Welt. Ueber Alexandria ging der nächste und bequemste Weg von dem Becken des Mittelmeers nach dem südöstlichen Afrika, nach Arabien und Indien. Die Lagiden haben die Straße des Weltverkehrs, welche die Natur durch die Richtung des arabischen Meerbusens gleichsam vorgezeichnet18, mit beispiellosem Erfolge benutzt: eine Straße, die ihr Recht in vollem Maaße erst dann wird wieder gelten lassen, wenn die Verwilderung des morgenländischen Lebens und die störende Eifersucht der abendländischen Mächte gleichzeitig abnehmen. Selbst als Aegypten eine römische Provinz wurde, blieb es der Sitz eines unermeßlichen Reichthums, da der wachsende Luxus von Rom unter den Cäsaren auf das Nilland zurückwirkte und die Mittel seiner Befriedigung hauptsächlich in dem Weltverkehr von Alexandria fand.

Die wichtige Erweiterung der Natur- und Länderkenntniß unter den Lagiden war gegründet auf den Caravanenhandel in dem Inneren von Afrika über Cyrene und

Drei große Regenten, die ersten drei Ptolemäer, deren Regierung ein ganzes Jahrhundert ausfüllt, haben, durch ihre Liebe für die Wissenschaften, durch die glänzendsten Anstalten zur Beförderung geistiger Bildung und durch ununterbrochenes Streben nach Erweiterung des Seehandels, der Natur- und Länderkenntniß einen Zuwachs verschafft, wie derselbe bis dahin noch von keinem Volke errungen worden war. Dieser Schatz ächt wissenschaftlicher Cultur ging von den in Aegypten angesiedelten Hellenen zu den Römern über. Schon unter Ptolemäus Philadelphus, kaum ein halbes Jahrhundert nach dem Tode Alexanders (selbst eher als der erste punische Krieg den aristocratischen Freistaat der Carthager erschütterte), war Alexandria der größte Handelsplatz der Welt. Ueber Alexandria ging der nächste und bequemste Weg von dem Becken des Mittelmeers nach dem südöstlichen Afrika, nach Arabien und Indien. Die Lagiden haben die Straße des Weltverkehrs, welche die Natur durch die Richtung des arabischen Meerbusens gleichsam vorgezeichnet18, mit beispiellosem Erfolge benutzt: eine Straße, die ihr Recht in vollem Maaße erst dann wird wieder gelten lassen, wenn die Verwilderung des morgenländischen Lebens und die störende Eifersucht der abendländischen Mächte gleichzeitig abnehmen. Selbst als Aegypten eine römische Provinz wurde, blieb es der Sitz eines unermeßlichen Reichthums, da der wachsende Luxus von Rom unter den Cäsaren auf das Nilland zurückwirkte und die Mittel seiner Befriedigung hauptsächlich in dem Weltverkehr von Alexandria fand.

Die wichtige Erweiterung der Natur- und Länderkenntniß unter den Lagiden war gegründet auf den Caravanenhandel in dem Inneren von Afrika über Cyrene und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0207" n="202"/>
              <p>Drei große Regenten, die ersten drei Ptolemäer, deren Regierung ein ganzes Jahrhundert ausfüllt, haben, durch ihre Liebe für die Wissenschaften, durch die glänzendsten Anstalten zur Beförderung geistiger Bildung und durch ununterbrochenes Streben nach Erweiterung des Seehandels, der Natur- und Länderkenntniß einen Zuwachs verschafft, wie derselbe bis dahin noch von keinem Volke errungen worden war. Dieser Schatz ächt wissenschaftlicher Cultur ging von den in Aegypten angesiedelten Hellenen zu den Römern über. Schon unter Ptolemäus Philadelphus, kaum ein halbes Jahrhundert nach dem Tode Alexanders (selbst eher als der erste punische Krieg den aristocratischen Freistaat der Carthager erschütterte), war Alexandria der größte Handelsplatz der Welt. Ueber Alexandria ging der nächste und bequemste Weg von dem Becken des Mittelmeers nach dem südöstlichen Afrika, nach Arabien und Indien. Die Lagiden haben die Straße des Weltverkehrs, welche die Natur durch die Richtung des arabischen Meerbusens gleichsam vorgezeichnet<note xml:id="ftn257" next="ftn257-text" place="end" n="18"/>, mit beispiellosem Erfolge benutzt: eine Straße, die ihr Recht in vollem Maaße erst dann wird wieder gelten lassen, wenn die Verwilderung des morgenländischen Lebens und die störende Eifersucht der abendländischen Mächte gleichzeitig abnehmen. Selbst als Aegypten eine römische Provinz wurde, blieb es der Sitz eines unermeßlichen Reichthums, da der wachsende Luxus von Rom unter den Cäsaren auf das Nilland zurückwirkte und die Mittel seiner Befriedigung hauptsächlich in dem Weltverkehr von Alexandria fand.</p>
              <p>Die wichtige Erweiterung der Natur- und Länderkenntniß unter den Lagiden war gegründet auf den Caravanenhandel in dem Inneren von Afrika über Cyrene und
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0207] Drei große Regenten, die ersten drei Ptolemäer, deren Regierung ein ganzes Jahrhundert ausfüllt, haben, durch ihre Liebe für die Wissenschaften, durch die glänzendsten Anstalten zur Beförderung geistiger Bildung und durch ununterbrochenes Streben nach Erweiterung des Seehandels, der Natur- und Länderkenntniß einen Zuwachs verschafft, wie derselbe bis dahin noch von keinem Volke errungen worden war. Dieser Schatz ächt wissenschaftlicher Cultur ging von den in Aegypten angesiedelten Hellenen zu den Römern über. Schon unter Ptolemäus Philadelphus, kaum ein halbes Jahrhundert nach dem Tode Alexanders (selbst eher als der erste punische Krieg den aristocratischen Freistaat der Carthager erschütterte), war Alexandria der größte Handelsplatz der Welt. Ueber Alexandria ging der nächste und bequemste Weg von dem Becken des Mittelmeers nach dem südöstlichen Afrika, nach Arabien und Indien. Die Lagiden haben die Straße des Weltverkehrs, welche die Natur durch die Richtung des arabischen Meerbusens gleichsam vorgezeichnet ¹⁸ , mit beispiellosem Erfolge benutzt: eine Straße, die ihr Recht in vollem Maaße erst dann wird wieder gelten lassen, wenn die Verwilderung des morgenländischen Lebens und die störende Eifersucht der abendländischen Mächte gleichzeitig abnehmen. Selbst als Aegypten eine römische Provinz wurde, blieb es der Sitz eines unermeßlichen Reichthums, da der wachsende Luxus von Rom unter den Cäsaren auf das Nilland zurückwirkte und die Mittel seiner Befriedigung hauptsächlich in dem Weltverkehr von Alexandria fand. Die wichtige Erweiterung der Natur- und Länderkenntniß unter den Lagiden war gegründet auf den Caravanenhandel in dem Inneren von Afrika über Cyrene und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/207
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/207>, abgerufen am 26.04.2024.