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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

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Jahrhundert genügte, um die äußere Gestaltung der Ländermasse in der westlichen Halbkugel, d. h. die Hauptrichtung ihrer Küsten, zu bestimmen.

Wenn die Bekanntschaft der Völker Europa's mit dem westlichen Theile des Erdballes der Hauptgegenstand ist, welchem wir diesen Abschnitt widmen und um welchen sich als folgenreichste Begebenheit so viele Verhältnisse der richtigeren und großartigeren Weltansicht gruppiren, so muß die unbestreitbar erste Entdeckung von Amerika in seinen nördlichen Theilen durch die Normänner von der Wiederauffindung desselben Continents in seinen tropischen Theilen streng geschieden werden. Als noch das Chalifat in Bagdad unter den Abbassiden blühete, wie in Persien die der Poesie so günstige Herrschaft der Samaniden, wurde Amerika um das Jahr 1000 von Leif, dem Sohne Erik's des Rothen, vom Norden her bis zu 41° 1/2 nördlicher Breite entdeckt.22 Der erste, aber zufällige Anstoß zu dieser Begebenheit kam aus Norwegen. Naddod war in der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts, da er nach den schon früher von den Irländern besuchten Färöern hatte schiffen wollen, durch Sturm nach Island verschlagen. Die erste normännische Ansiedelung daselbst geschah (875) durch Ingolf. Grönland, die östliche Halbinsel einer Ländermasse, welche überall durch Meereswasser vom eigentlichen Amerika getrennt erscheint, wurde früh gesehen23, aber erst hundert Jahre nachher (983) von Island aus bevölkert. Die Colonisirung von Island, welches Naddod zuerst Schneeland, Snjoland, genannt hatte, führte nun über Grönland in südwestlicher Richtung nach dem Neuen Continent.

Die Färöer und Island muß man als Zwischen-

Jahrhundert genügte, um die äußere Gestaltung der Ländermasse in der westlichen Halbkugel, d. h. die Hauptrichtung ihrer Küsten, zu bestimmen.

Wenn die Bekanntschaft der Völker Europa's mit dem westlichen Theile des Erdballes der Hauptgegenstand ist, welchem wir diesen Abschnitt widmen und um welchen sich als folgenreichste Begebenheit so viele Verhältnisse der richtigeren und großartigeren Weltansicht gruppiren, so muß die unbestreitbar erste Entdeckung von Amerika in seinen nördlichen Theilen durch die Normänner von der Wiederauffindung desselben Continents in seinen tropischen Theilen streng geschieden werden. Als noch das Chalifat in Bagdad unter den Abbassiden blühete, wie in Persien die der Poesie so günstige Herrschaft der Samaniden, wurde Amerika um das Jahr 1000 von Leif, dem Sohne Erik's des Rothen, vom Norden her bis zu 41° ½ nördlicher Breite entdeckt.22 Der erste, aber zufällige Anstoß zu dieser Begebenheit kam aus Norwegen. Naddod war in der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts, da er nach den schon früher von den Irländern besuchten Färöern hatte schiffen wollen, durch Sturm nach Island verschlagen. Die erste normännische Ansiedelung daselbst geschah (875) durch Ingolf. Grönland, die östliche Halbinsel einer Ländermasse, welche überall durch Meereswasser vom eigentlichen Amerika getrennt erscheint, wurde früh gesehen23, aber erst hundert Jahre nachher (983) von Island aus bevölkert. Die Colonisirung von Island, welches Naddod zuerst Schneeland, Snjoland, genannt hatte, führte nun über Grönland in südwestlicher Richtung nach dem Neuen Continent.

Die Färöer und Island muß man als Zwischen-

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[269/0274] Jahrhundert genügte, um die äußere Gestaltung der Ländermasse in der westlichen Halbkugel, d. h. die Hauptrichtung ihrer Küsten, zu bestimmen. Wenn die Bekanntschaft der Völker Europa's mit dem westlichen Theile des Erdballes der Hauptgegenstand ist, welchem wir diesen Abschnitt widmen und um welchen sich als folgenreichste Begebenheit so viele Verhältnisse der richtigeren und großartigeren Weltansicht gruppiren, so muß die unbestreitbar erste Entdeckung von Amerika in seinen nördlichen Theilen durch die Normänner von der Wiederauffindung desselben Continents in seinen tropischen Theilen streng geschieden werden. Als noch das Chalifat in Bagdad unter den Abbassiden blühete, wie in Persien die der Poesie so günstige Herrschaft der Samaniden, wurde Amerika um das Jahr 1000 von Leif, dem Sohne Erik's des Rothen, vom Norden her bis zu 41° ½ nördlicher Breite entdeckt. ²² Der erste, aber zufällige Anstoß zu dieser Begebenheit kam aus Norwegen. Naddod war in der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts, da er nach den schon früher von den Irländern besuchten Färöern hatte schiffen wollen, durch Sturm nach Island verschlagen. Die erste normännische Ansiedelung daselbst geschah (875) durch Ingolf. Grönland, die östliche Halbinsel einer Ländermasse, welche überall durch Meereswasser vom eigentlichen Amerika getrennt erscheint, wurde früh gesehen ²³ , aber erst hundert Jahre nachher (983) von Island aus bevölkert. Die Colonisirung von Island, welches Naddod zuerst Schneeland, Snjoland, genannt hatte, führte nun über Grönland in südwestlicher Richtung nach dem Neuen Continent. Die Färöer und Island muß man als Zwischen-

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/274>, abgerufen am 29.04.2024.