Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

kann in der Geschichte der Weltanschauung nicht als eine isolirte Begebenheit betrachtet werden. Ihr Einfluß auf die Erweiterung des physischen Wissens und auf die Bereicherung der Ideenwelt im allgemeinen wird nur dann richtig aufgefaßt, wenn man einen flüchtigen Blick auf diejenigen Jahrhunderte wirft, welche das Zeitalter der großen nautischen Unternehmungen von dem der Blüthe wissenschaftlicher Cultur unter den Arabern trennen. Was der Aera des Columbus ihren eigenthümlichen Charakter gab, den eines ununterbrochenen und gelingenden Strebens nach Entdeckungen im Raume, nach erweiterter Erdkenntniß, wurde langsam und auf vielfachen Wegen vorbereitet. Es wurde es durch eine kleine Zahl kühner Männer, welche früher auftraten und gleichzeitig zu allgemeiner Freiheit des Selbstdenkens wie zum Erforschen einzelner Naturerscheinungen anregten; durch den Einfluß, welchen auf die tiefsten Quellen des geistigen Lebens ausübte die in Italien erneuerte Bekanntschaft mit den Werken der griechischen Litteratur und die Erfindung einer Kunst, die dem Gedanken Flügel und lange Dauer verlieh; durch die erweiterte Kenntniß des östlichen Asiens, welche Mönchsgesandtschaften an die Mongolenfürsten und reisende Kaufleute unter die weltverkehrenden Nationen des südwestlichen Europa's verbreiteten, unter solche, denen ein kürzerer Weg nach den Gewürzländern ein Gegenstand der eifrigsten Wünsche war. Zu den hier genannten Anregungsmitteln gesellten sich noch, was die Befriedigung jener Wünsche gegen das Ende des funfzehnten Jahrhunderts am meisten erleichterte, die Fortschritte der Schifffahrtskunde, die allmälige Vervollkommung der nautischen Instrumente, der magnetischen wie der astronomisch messenden, endlich die

kann in der Geschichte der Weltanschauung nicht als eine isolirte Begebenheit betrachtet werden. Ihr Einfluß auf die Erweiterung des physischen Wissens und auf die Bereicherung der Ideenwelt im allgemeinen wird nur dann richtig aufgefaßt, wenn man einen flüchtigen Blick auf diejenigen Jahrhunderte wirft, welche das Zeitalter der großen nautischen Unternehmungen von dem der Blüthe wissenschaftlicher Cultur unter den Arabern trennen. Was der Aera des Columbus ihren eigenthümlichen Charakter gab, den eines ununterbrochenen und gelingenden Strebens nach Entdeckungen im Raume, nach erweiterter Erdkenntniß, wurde langsam und auf vielfachen Wegen vorbereitet. Es wurde es durch eine kleine Zahl kühner Männer, welche früher auftraten und gleichzeitig zu allgemeiner Freiheit des Selbstdenkens wie zum Erforschen einzelner Naturerscheinungen anregten; durch den Einfluß, welchen auf die tiefsten Quellen des geistigen Lebens ausübte die in Italien erneuerte Bekanntschaft mit den Werken der griechischen Litteratur und die Erfindung einer Kunst, die dem Gedanken Flügel und lange Dauer verlieh; durch die erweiterte Kenntniß des östlichen Asiens, welche Mönchsgesandtschaften an die Mongolenfürsten und reisende Kaufleute unter die weltverkehrenden Nationen des südwestlichen Europa's verbreiteten, unter solche, denen ein kürzerer Weg nach den Gewürzländern ein Gegenstand der eifrigsten Wünsche war. Zu den hier genannten Anregungsmitteln gesellten sich noch, was die Befriedigung jener Wünsche gegen das Ende des funfzehnten Jahrhunderts am meisten erleichterte, die Fortschritte der Schifffahrtskunde, die allmälige Vervollkommung der nautischen Instrumente, der magnetischen wie der astronomisch messenden, endlich die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0284" n="279"/>
kann in der Geschichte der Weltanschauung nicht als eine isolirte Begebenheit betrachtet werden. Ihr Einfluß auf die Erweiterung des physischen Wissens und auf die Bereicherung der Ideenwelt im allgemeinen wird nur dann richtig aufgefaßt, wenn man einen flüchtigen Blick auf diejenigen Jahrhunderte wirft, welche das Zeitalter der großen nautischen Unternehmungen von dem der Blüthe wissenschaftlicher Cultur unter den Arabern trennen. Was der Aera des Columbus ihren eigenthümlichen Charakter gab, den eines ununterbrochenen und gelingenden Strebens nach Entdeckungen im Raume, nach erweiterter Erdkenntniß, wurde langsam und auf vielfachen Wegen vorbereitet. Es wurde es durch eine kleine Zahl kühner Männer, welche früher auftraten und gleichzeitig zu allgemeiner Freiheit des Selbstdenkens wie zum Erforschen einzelner Naturerscheinungen anregten; durch den Einfluß, welchen auf die tiefsten Quellen des geistigen Lebens ausübte die in Italien erneuerte Bekanntschaft mit den Werken der griechischen Litteratur und die Erfindung einer Kunst, die dem Gedanken Flügel und lange Dauer verlieh; durch die erweiterte Kenntniß des östlichen Asiens, welche Mönchsgesandtschaften an die Mongolenfürsten und reisende Kaufleute unter die weltverkehrenden Nationen des südwestlichen Europa's verbreiteten, unter solche, denen ein kürzerer Weg nach den Gewürzländern ein Gegenstand der eifrigsten Wünsche war. Zu den hier genannten Anregungsmitteln gesellten sich noch, was die Befriedigung jener Wünsche gegen das Ende des funfzehnten Jahrhunderts am meisten erleichterte, die Fortschritte der Schifffahrtskunde, die allmälige Vervollkommung der nautischen Instrumente, der magnetischen wie der astronomisch messenden, endlich die
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0284] kann in der Geschichte der Weltanschauung nicht als eine isolirte Begebenheit betrachtet werden. Ihr Einfluß auf die Erweiterung des physischen Wissens und auf die Bereicherung der Ideenwelt im allgemeinen wird nur dann richtig aufgefaßt, wenn man einen flüchtigen Blick auf diejenigen Jahrhunderte wirft, welche das Zeitalter der großen nautischen Unternehmungen von dem der Blüthe wissenschaftlicher Cultur unter den Arabern trennen. Was der Aera des Columbus ihren eigenthümlichen Charakter gab, den eines ununterbrochenen und gelingenden Strebens nach Entdeckungen im Raume, nach erweiterter Erdkenntniß, wurde langsam und auf vielfachen Wegen vorbereitet. Es wurde es durch eine kleine Zahl kühner Männer, welche früher auftraten und gleichzeitig zu allgemeiner Freiheit des Selbstdenkens wie zum Erforschen einzelner Naturerscheinungen anregten; durch den Einfluß, welchen auf die tiefsten Quellen des geistigen Lebens ausübte die in Italien erneuerte Bekanntschaft mit den Werken der griechischen Litteratur und die Erfindung einer Kunst, die dem Gedanken Flügel und lange Dauer verlieh; durch die erweiterte Kenntniß des östlichen Asiens, welche Mönchsgesandtschaften an die Mongolenfürsten und reisende Kaufleute unter die weltverkehrenden Nationen des südwestlichen Europa's verbreiteten, unter solche, denen ein kürzerer Weg nach den Gewürzländern ein Gegenstand der eifrigsten Wünsche war. Zu den hier genannten Anregungsmitteln gesellten sich noch, was die Befriedigung jener Wünsche gegen das Ende des funfzehnten Jahrhunderts am meisten erleichterte, die Fortschritte der Schifffahrtskunde, die allmälige Vervollkommung der nautischen Instrumente, der magnetischen wie der astronomisch messenden, endlich die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/284
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/284>, abgerufen am 30.04.2024.