Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Inselwelt so lebendig erkannt zu haben, daß er zuerst das australische Polynesien als einen fünften Erdtheil abzusondern vorschlug. Erst als die holländische Macht in den Molukken die herrschende wurde, fing Australien an aus dem Dunkel herauszutreten und sich für den Geographen zu gestalten.87 Es begann nun die große Epoche von Abel Tasman. Wir liefern hier nicht die Geschichte der einzelnen geographischen Entdeckungen; wir erinnern bloß an die Hauptereignisse, durch welche in kurzer Zeit und in enger Verkettung, folgend dem plötzlich erwachten Streben nach allem Weiten, Unbekannten und Fernen, zwei Dritttheile der Erdoberfläche erschlossen wurden.

Einer solchen erweiterten Kenntniß von Land- und Meeresräumen entsprach auch die erweiterte Einsicht in das Wesen und die Gesetze der Naturkräfte, in die Vertheilung der Wärme auf dem Erdkörper, in den Reichthum der Organismen und die Grenzen ihrer Verbreitung. Die Fortschritte, welche am Schlusse des, wissenschaftlich zu gering geachteten Mittelalters die einzelnen Disciplinen gemacht hatten, beschleunigten das Auffassen und die sinnige Vergleichung einer maaßlosen Fülle physischer Erscheinungen, die auf einmal der Beobachtung dargeboten wurden. Die Eindrücke waren um so tiefer, zur Ergründung von kosmischen Gesetzen um so anregender, als die westlichen Völker Europa's vor der Mitte des 16ten Jahrhunderts den Neuen Continent bereits in den verschiedensten Breitengraden beider Hemisphären, wenigstens den Küsten nahe, durchforscht hatten, als sie hier zuerst in der eigentlichen Aequatorial-Gegend festen Fuß gefaßt und als durch die dortige sonderbare Höhengestaltung der Erdoberfläche auf engen Räumen die

Inselwelt so lebendig erkannt zu haben, daß er zuerst das australische Polynesien als einen fünften Erdtheil abzusondern vorschlug. Erst als die holländische Macht in den Molukken die herrschende wurde, fing Australien an aus dem Dunkel herauszutreten und sich für den Geographen zu gestalten.87 Es begann nun die große Epoche von Abel Tasman. Wir liefern hier nicht die Geschichte der einzelnen geographischen Entdeckungen; wir erinnern bloß an die Hauptereignisse, durch welche in kurzer Zeit und in enger Verkettung, folgend dem plötzlich erwachten Streben nach allem Weiten, Unbekannten und Fernen, zwei Dritttheile der Erdoberfläche erschlossen wurden.

Einer solchen erweiterten Kenntniß von Land- und Meeresräumen entsprach auch die erweiterte Einsicht in das Wesen und die Gesetze der Naturkräfte, in die Vertheilung der Wärme auf dem Erdkörper, in den Reichthum der Organismen und die Grenzen ihrer Verbreitung. Die Fortschritte, welche am Schlusse des, wissenschaftlich zu gering geachteten Mittelalters die einzelnen Disciplinen gemacht hatten, beschleunigten das Auffassen und die sinnige Vergleichung einer maaßlosen Fülle physischer Erscheinungen, die auf einmal der Beobachtung dargeboten wurden. Die Eindrücke waren um so tiefer, zur Ergründung von kosmischen Gesetzen um so anregender, als die westlichen Völker Europa's vor der Mitte des 16ten Jahrhunderts den Neuen Continent bereits in den verschiedensten Breitengraden beider Hemisphären, wenigstens den Küsten nahe, durchforscht hatten, als sie hier zuerst in der eigentlichen Aequatorial-Gegend festen Fuß gefaßt und als durch die dortige sonderbare Höhengestaltung der Erdoberfläche auf engen Räumen die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0317" n="312"/>
Inselwelt so lebendig erkannt zu haben, daß er zuerst das australische Polynesien als einen fünften Erdtheil abzusondern vorschlug. Erst als die holländische Macht in den Molukken die herrschende wurde, fing Australien an aus dem Dunkel herauszutreten und sich für den Geographen zu gestalten.<note xml:id="ftn426" next="ftn426-text" place="end" n="87"/> Es begann nun die große Epoche von Abel Tasman. Wir liefern hier nicht die Geschichte der einzelnen geographischen Entdeckungen; wir erinnern bloß an die Hauptereignisse, durch welche in kurzer Zeit und in enger Verkettung, folgend dem plötzlich erwachten Streben nach allem Weiten, Unbekannten und Fernen, zwei Dritttheile der Erdoberfläche erschlossen wurden.</p>
              <p>Einer solchen erweiterten Kenntniß von Land- und Meeresräumen entsprach auch die erweiterte Einsicht in das Wesen und die Gesetze der Naturkräfte, in die Vertheilung der Wärme auf dem Erdkörper, in den Reichthum der Organismen und die Grenzen ihrer Verbreitung. Die Fortschritte, welche am Schlusse des, wissenschaftlich zu gering geachteten Mittelalters die einzelnen Disciplinen gemacht hatten, beschleunigten das Auffassen und die sinnige Vergleichung einer maaßlosen Fülle physischer Erscheinungen, die auf einmal der Beobachtung dargeboten wurden. Die Eindrücke waren um so tiefer, zur Ergründung von kosmischen Gesetzen um so anregender, als die westlichen Völker Europa's vor der Mitte des 16ten Jahrhunderts den Neuen Continent bereits in den verschiedensten Breitengraden beider Hemisphären, wenigstens den Küsten nahe, durchforscht hatten, als sie hier zuerst in der eigentlichen <hi rendition="#g">Aequatorial-Gegend</hi> festen Fuß gefaßt und als durch die dortige sonderbare Höhengestaltung der Erdoberfläche auf engen Räumen die
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[312/0317] Inselwelt so lebendig erkannt zu haben, daß er zuerst das australische Polynesien als einen fünften Erdtheil abzusondern vorschlug. Erst als die holländische Macht in den Molukken die herrschende wurde, fing Australien an aus dem Dunkel herauszutreten und sich für den Geographen zu gestalten. ⁸⁷ Es begann nun die große Epoche von Abel Tasman. Wir liefern hier nicht die Geschichte der einzelnen geographischen Entdeckungen; wir erinnern bloß an die Hauptereignisse, durch welche in kurzer Zeit und in enger Verkettung, folgend dem plötzlich erwachten Streben nach allem Weiten, Unbekannten und Fernen, zwei Dritttheile der Erdoberfläche erschlossen wurden. Einer solchen erweiterten Kenntniß von Land- und Meeresräumen entsprach auch die erweiterte Einsicht in das Wesen und die Gesetze der Naturkräfte, in die Vertheilung der Wärme auf dem Erdkörper, in den Reichthum der Organismen und die Grenzen ihrer Verbreitung. Die Fortschritte, welche am Schlusse des, wissenschaftlich zu gering geachteten Mittelalters die einzelnen Disciplinen gemacht hatten, beschleunigten das Auffassen und die sinnige Vergleichung einer maaßlosen Fülle physischer Erscheinungen, die auf einmal der Beobachtung dargeboten wurden. Die Eindrücke waren um so tiefer, zur Ergründung von kosmischen Gesetzen um so anregender, als die westlichen Völker Europa's vor der Mitte des 16ten Jahrhunderts den Neuen Continent bereits in den verschiedensten Breitengraden beider Hemisphären, wenigstens den Küsten nahe, durchforscht hatten, als sie hier zuerst in der eigentlichen Aequatorial-Gegend festen Fuß gefaßt und als durch die dortige sonderbare Höhengestaltung der Erdoberfläche auf engen Räumen die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/317
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/317>, abgerufen am 02.05.2024.