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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

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Vespucci in seiner dritten Reise erwähnt, der Canopo fosco. Die erste sichere Andeutung der Flecken finde ich in der 1ten Decade von Anghiera's Werke de rebus Oceanicis (Dec. I. lib. 9, ed. 1533 p. 20, b). "Interrogati a me nautae qui Vicentium Agnem Pinzonum fuerant comitati (1499), an antarcticum viderint polum: stellam se nullam huic arcticae similem, quae discerni circa punctum (polum?) possit, cognovisse inquiunt. Stellarum tamen aliam, ajunt, se prospexisse faciem densamque quandam ab horizonte vaporosam caliginem, quae oculos fere obtenebraret." Das Wort stella wird hier wie ein himmlisches Gebilde genommen; und die Erzählenden mögen sich freilich wohl nicht sehr deutlich über eine caligo, welche die Augen verfinstert, ausgedrückt haben. Befriedigender spricht Pater Joseph Acosta aus Medina del Campo über die Schwarzen Flecken und die Ursach dieser Erscheinung. Er vergleicht sie in seiner Historia natural de las Indias (lib. 1 cap. 2) in Hinsicht auf Farbe und Gestalt mit dem verfinsterten Theile der Mondscheibe. "So wie die Milchstraße", sagt er, "glänzender ist, weil sie aus dichterer Himmels-Materie besteht, und deshalb mehr Licht ausstrahlt; so sind die schwarzen Flecken, die man in Europa nicht sieht, ganz ohne Licht, weil sie eine Region des Himmels bilden, welche leer, d. h. aus sehr undichter und durchsichtiger Materie zusammengesetzt, ist." Wenn ein berühmter Astronom in dieser Beschreibung die Sonnenflecken erkannt hat92; so ist dies nicht minder sonderbar, als daß der Missionar Richaud (1689) Acosta's manchas negras für die Magellanischen Lichtwolken hält.93

Richaud spricht übrigens, wie die ältesten Piloten, von Kohlensäcken im Plural; er nennt deren zwei: den großen

Vespucci in seiner dritten Reise erwähnt, der Canopo fosco. Die erste sichere Andeutung der Flecken finde ich in der 1ten Decade von Anghiera's Werke de rebus Oceanicis (Dec. I. lib. 9, ed. 1533 p. 20, b). „Interrogati a me nautae qui Vicentium Agnem Pinzonum fuerant comitati (1499), an antarcticum viderint polum: stellam se nullam huic arcticae similem, quae discerni circa punctum (polum?) possit, cognovisse inquiunt. Stellarum tamen aliam, ajunt, se prospexisse faciem densamque quandam ab horizonte vaporosam caliginem, quae oculos fere obtenebraret.“ Das Wort stella wird hier wie ein himmlisches Gebilde genommen; und die Erzählenden mögen sich freilich wohl nicht sehr deutlich über eine caligo, welche die Augen verfinstert, ausgedrückt haben. Befriedigender spricht Pater Joseph Acosta aus Medina del Campo über die Schwarzen Flecken und die Ursach dieser Erscheinung. Er vergleicht sie in seiner Historia natural de las Indias (lib. 1 cap. 2) in Hinsicht auf Farbe und Gestalt mit dem verfinsterten Theile der Mondscheibe. „So wie die Milchstraße“, sagt er, „glänzender ist, weil sie aus dichterer Himmels-Materie besteht, und deshalb mehr Licht ausstrahlt; so sind die schwarzen Flecken, die man in Europa nicht sieht, ganz ohne Licht, weil sie eine Region des Himmels bilden, welche leer, d. h. aus sehr undichter und durchsichtiger Materie zusammengesetzt, ist.“ Wenn ein berühmter Astronom in dieser Beschreibung die Sonnenflecken erkannt hat92; so ist dies nicht minder sonderbar, als daß der Missionar Richaud (1689) Acosta's manchas negras für die Magellanischen Lichtwolken hält.93

Richaud spricht übrigens, wie die ältesten Piloten, von Kohlensäcken im Plural; er nennt deren zwei: den großen

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[350/0355] Vespucci in seiner dritten Reise erwähnt, der Canopo fosco. Die erste sichere Andeutung der Flecken finde ich in der 1ten Decade von Anghiera's Werke de rebus Oceanicis (Dec. I. lib. 9, ed. 1533 p. 20, b). „Interrogati a me nautae qui Vicentium Agnem Pinzonum fuerant comitati (1499), an antarcticum viderint polum: stellam se nullam huic arcticae similem, quae discerni circa punctum (polum?) possit, cognovisse inquiunt. Stellarum tamen aliam, ajunt, se prospexisse faciem densamque quandam ab horizonte vaporosam caliginem, quae oculos fere obtenebraret.“ Das Wort stella wird hier wie ein himmlisches Gebilde genommen; und die Erzählenden mögen sich freilich wohl nicht sehr deutlich über eine caligo, welche die Augen verfinstert, ausgedrückt haben. Befriedigender spricht Pater Joseph Acosta aus Medina del Campo über die Schwarzen Flecken und die Ursach dieser Erscheinung. Er vergleicht sie in seiner Historia natural de las Indias (lib. 1 cap. 2) in Hinsicht auf Farbe und Gestalt mit dem verfinsterten Theile der Mondscheibe. „So wie die Milchstraße“, sagt er, „glänzender ist, weil sie aus dichterer Himmels-Materie besteht, und deshalb mehr Licht ausstrahlt; so sind die schwarzen Flecken, die man in Europa nicht sieht, ganz ohne Licht, weil sie eine Region des Himmels bilden, welche leer, d. h. aus sehr undichter und durchsichtiger Materie zusammengesetzt, ist.“ Wenn ein berühmter Astronom in dieser Beschreibung die Sonnenflecken erkannt hat ⁹² ; so ist dies nicht minder sonderbar, als daß der Missionar Richaud (1689) Acosta's manchas negras für die Magellanischen Lichtwolken hält. ⁹³ Richaud spricht übrigens, wie die ältesten Piloten, von Kohlensäcken im Plural; er nennt deren zwei: den großen

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/355>, abgerufen am 20.05.2024.