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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

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42 (S. 23.) Brewster, Life of Sir Isaac Newton p. 303-305.
43 (S. 23.) Die Erklärung not to take gravity for an essential property of bodies, welche Newton im Second Advertisement giebt, contrastirt mit den Attractions- und Repulsions-Kräften, welche er allen Massentheilchen (molecules) zuschreibt, um nach der Emissions-Theorie die Phänomene der Brechung und Zurückwerfung der Lichtstrahlen von spiegelnden Flächen "vor der wirklichen Berührung" zu erklären. (Newton, Opticks Book II Prop. 8 p. 241 und Brewster a. a. O. p. 301.) Nach Kant (s. die Metaphysischen Anfangsgründe der Naturwissenschaft 1800 S. 28) kann die Existenz der Materie nicht gedacht werden ohne diese Kräfte der Anziehung und Abstoßung. Alle physischen Erscheinungen sind deshalb nach ihm wie nach dem früheren Goodwin Knight (Philos. Transact. 1748 p. 264) auf den Conflict der zwei Grundkräfte zurückzuführen. In den atomistischen Systemen, die Kant's dynamischen Ansichten diametral entgegengesetzt sind, wurde nach einer Annahme, welche besonders durch Lavoisier sich weit verbreitete, die Anziehungskraft den discreten starren Grundkörperchen (molecules), aus denen alle Körper bestehen sollen; die Abstoßungskraft aber den Wärmestoff-Atmosphären, welche die Grundkörperchen umgeben, zugeschrieben. In dieser Hypothese, welche den sogenannten Wärmestoff als eine stetig ausgedehnte Materie betrachtet, werden demnach zweierlei Materien, d. i. zweierlei Elementarstoffe, wie in der Mythe von zwei Aether-Arten (Newton, Opt. Query 28 p. 339), angenommen. Man fragt dann, was wiederum jene Wärme-Materie ausdehnt? Betrachtungen über die Dichtigkeit der molecules in Vergleich mit der Dichtigkeit ihrer Aggregate (der ganzen Körper) leiten nach atomistischen Hypothesen zu dem Resultate: daß der Abstand der Grundkörperchen von einander weit größer als ihr Durchmesser ist.
44 (S. 25.) Kosmos Bd. I. S. 98-102.
45 (S. 25.) A. a. O. Bd. I. S. 39 und 50-56.
46 (S. 25.) Wilhelm von Humboldt, gesammelte Werke Bd. I. S. 23.


42 (S. 23.) Brewster, Life of Sir Isaac Newton p. 303–305.
43 (S. 23.) Die Erklärung not to take gravity for an essential property of bodies, welche Newton im Second Advertisement giebt, contrastirt mit den Attractions- und Repulsions-Kräften, welche er allen Massentheilchen (molécules) zuschreibt, um nach der Emissions-Theorie die Phänomene der Brechung und Zurückwerfung der Lichtstrahlen von spiegelnden Flächen „vor der wirklichen Berührung“ zu erklären. (Newton, Opticks Book II Prop. 8 p. 241 und Brewster a. a. O. p. 301.) Nach Kant (s. die Metaphysischen Anfangsgründe der Naturwissenschaft 1800 S. 28) kann die Existenz der Materie nicht gedacht werden ohne diese Kräfte der Anziehung und Abstoßung. Alle physischen Erscheinungen sind deshalb nach ihm wie nach dem früheren Goodwin Knight (Philos. Transact. 1748 p. 264) auf den Conflict der zwei Grundkräfte zurückzuführen. In den atomistischen Systemen, die Kant's dynamischen Ansichten diametral entgegengesetzt sind, wurde nach einer Annahme, welche besonders durch Lavoisier sich weit verbreitete, die Anziehungskraft den discreten starren Grundkörperchen (molécules), aus denen alle Körper bestehen sollen; die Abstoßungskraft aber den Wärmestoff-Atmosphären, welche die Grundkörperchen umgeben, zugeschrieben. In dieser Hypothese, welche den sogenannten Wärmestoff als eine stetig ausgedehnte Materie betrachtet, werden demnach zweierlei Materien, d. i. zweierlei Elementarstoffe, wie in der Mythe von zwei Aether-Arten (Newton, Opt. Query 28 p. 339), angenommen. Man fragt dann, was wiederum jene Wärme-Materie ausdehnt? Betrachtungen über die Dichtigkeit der molécules in Vergleich mit der Dichtigkeit ihrer Aggregate (der ganzen Körper) leiten nach atomistischen Hypothesen zu dem Resultate: daß der Abstand der Grundkörperchen von einander weit größer als ihr Durchmesser ist.
44 (S. 25.) Kosmos Bd. I. S. 98–102.
45 (S. 25.) A. a. O. Bd. I. S. 39 und 50–56.
46 (S. 25.) Wilhelm von Humboldt, gesammelte Werke Bd. I. S. 23.


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[34/0039] ⁴² (S. 23.) Brewster, Life of Sir Isaac Newton p. 303–305. ⁴³ (S. 23.) Die Erklärung not to take gravity for an essential property of bodies, welche Newton im Second Advertisement giebt, contrastirt mit den Attractions- und Repulsions-Kräften, welche er allen Massentheilchen (molécules) zuschreibt, um nach der Emissions-Theorie die Phänomene der Brechung und Zurückwerfung der Lichtstrahlen von spiegelnden Flächen „vor der wirklichen Berührung“ zu erklären. (Newton, Opticks Book II Prop. 8 p. 241 und Brewster a. a. O. p. 301.) Nach Kant (s. die Metaphysischen Anfangsgründe der Naturwissenschaft 1800 S. 28) kann die Existenz der Materie nicht gedacht werden ohne diese Kräfte der Anziehung und Abstoßung. Alle physischen Erscheinungen sind deshalb nach ihm wie nach dem früheren Goodwin Knight (Philos. Transact. 1748 p. 264) auf den Conflict der zwei Grundkräfte zurückzuführen. In den atomistischen Systemen, die Kant's dynamischen Ansichten diametral entgegengesetzt sind, wurde nach einer Annahme, welche besonders durch Lavoisier sich weit verbreitete, die Anziehungskraft den discreten starren Grundkörperchen (molécules), aus denen alle Körper bestehen sollen; die Abstoßungskraft aber den Wärmestoff-Atmosphären, welche die Grundkörperchen umgeben, zugeschrieben. In dieser Hypothese, welche den sogenannten Wärmestoff als eine stetig ausgedehnte Materie betrachtet, werden demnach zweierlei Materien, d. i. zweierlei Elementarstoffe, wie in der Mythe von zwei Aether-Arten (Newton, Opt. Query 28 p. 339), angenommen. Man fragt dann, was wiederum jene Wärme-Materie ausdehnt? Betrachtungen über die Dichtigkeit der molécules in Vergleich mit der Dichtigkeit ihrer Aggregate (der ganzen Körper) leiten nach atomistischen Hypothesen zu dem Resultate: daß der Abstand der Grundkörperchen von einander weit größer als ihr Durchmesser ist. ⁴⁴ (S. 25.) Kosmos Bd. I. S. 98–102. ⁴⁵ (S. 25.) A. a. O. Bd. I. S. 39 und 50–56. ⁴⁶ (S. 25.) Wilhelm von Humboldt, gesammelte Werke Bd. I. S. 23.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/39>, abgerufen am 27.04.2024.